DER DRACHE
zur Übersicht über den ganzen Zyklus
HIER

Anderer Meinung?

Dieses Buch für Bibliotheka Phantastika rezensieren:
Mitarbeiter gesucht

Berwertungsschlüssel:

5 Sterne = spitze
4 Sterne = gut
3 Sterne = geht so
2 Sterne = unbefriedigend
1 Stern = übel
Wertung: 4 1/2 von 5
1 Rezension
-Smahil hob mich in den Sattel und hülte mich fürsorglich in seinen Umhang.-
Das Bett in der Südmetropole
Zyklus/Band Atlantis-Zyklus (2)
Autor Jane Gaskell
Original The Dragon
Erscheinungsjahr 1985 (ursp. 1963); dt. 1976
Verlag Bertelsmann (Heyne)
ISBN bei Heyne: 3-453-30382-2
Subgenre High Fantasy
Seitenzahl 210
Probekapitel -
Worum's geht:
Für Cija haben sich die Dinge drastisch gewandelt: Einst war sie als Tochter der Königin eine Göttin, dann war sie eine ehrenvolle Geisel des Feldherren Zerd mit dem dramatischen und patriotischen Auftrag, diesen zu töten. Doch sie konnte es nicht und danach hat sich die ganze Angelegenheit als Farce herausgestellt. Nach langem Leidensweg ist sie die Geliebte Smahils geworden, der ihren Körper liebt und ihre Seele verachtet. Allerdings kann diese Situation nicht lange gut gehen, zumal die Verbündeten Südländer mit den eigenen Nordländern immer häufiger aneinander geraten. Schließlich muß Cija wieder einmal fort und es scheint sie habe endlich einmal Glück, denn der Hohepriester Kaselm führt sie als Göttin am Hof des Gottkaisers der Südländer ein...

Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Das Geschehen ist im prähistorischen Südamerika angesiedelt, aber dieses ist dem Leser so fremd, das es genauso gut eine Sekundärwelt sein könnte. Die Nordländer und die Südländer hassen sich, da beides starke chauvinistische Reiche sind - zu dumm, daß die Nordländer mit einer schwachen Armee von unerfahrenen Soldaten mitten unter ihren 'Verbündeten' im Südreich stehen. Der Leser erhält Einblick in das Leben am Hofe des Gottkaisers, seine prachtvollen Gebräuche, die dekadenten Adligen und den großen Einfluß der Priesterkaste - Cija würde sich wohlfühlen, wären da nicht ihre Alpträume.
Die phantastischen Elemente sind wieder sehr unaufdringlich, aber dennoch handlungsbestimmend; erst am Ende treten sie deutlicher auf. In diesem Zusammenhang finden auch die vielen Zufälle der Geschichte eine Erklärung - ob sie dem Leser zusagt, steht auf einem anderen Blatt.
Figuren treten wieder sehr viele auf, wird allerdings den 'ersten' Teil nicht gelesen hat, wird sicherlich nicht alles nachvollziehen können. Wie schon im Vorgänger gibt es kaum klare Positionen, beinahe keine Figur ist einfach gut und keine ist einfach böse; alle haben ihre persönlichen Gründe zu handeln, wie sie es tun. Cija ist kein naives Kind mehr und auch wenn sie zuweilen vermeint frei und glücklich zu sein, haben sich die Mißhandlungen tief in sie eingegraben und so kann sie Ruhe nicht lange ertragen. Nachdem der Mord an Zerd unsinnig geworden ist, irrt sie ziellos weiter, meistens ist sie bemüht darum sich zu verstecken, da sie vielen gegenüber zur Verräterin geworden ist; sie scheut nicht mehr den Tod, sondern das zu Tode gefoltert werden. Cija hat gelernt Gewalt und Demütigungen zu ertragen oder davon zu laufen, so reagiert sie denn auch auf Probleme. Smahil, ihr grausamer Liebhaber, Zerd, der sie ebenfalls begehrt, Kaselm, der Hohepriester, vor dem alle Höflinge Cija warnen, aber auch Ooldra, die Cija so sehr haßte, und einige mehr spielen eine Rolle in Cijas leidenreichen Leben.
Die Geschichte schließt nahtlos an den Turm der Göttin, den 'ersten' Teil, an - kein Wunder, da die Autorin diese 'zwei' Teile als einen Roman schrieb und erst viel später getrennt wurden. So geht Cijas Odyssee, eine Queste ohne Ziel, weiter, sie wird einer Vielzahl von Prüfungen unterzogen, bei denen sie von vornherein keine Chance hat, zu bestehen. Zunächst versucht sie einfach nur Frieden und Ruhe zu finden, doch der freundliche, alte Priester geht ihr nicht aus dem Sinn - als sie diesen erneut trifft, nimmt ihr Leben eine weitere Wendung.
Was ist das eigentlich für Fantasy? Cija nimmt an einem großen Feldzug teil, Schlachten werden geschlagen, Beute wird gemacht, es wird Gebrandschatzt und Vergewaltigt. Dumm nur, daß sich beide Seiten nichts geben - ein Soldat ist ein Soldat ist ein Soldat, egal ob er dieser oder jener Fahne folgt, am Abend will er Saufen und eine Frau. Dümmer noch, daß Cija kein Soldat ist - sondern eine Frau. Der Leser erlebt Cijas Leid, wie sie permanent der einen oder anderen Form von Gewalt ausgesetzt ist, wie sich ihre Seele immer mehr verformt, bis ihr eine weitere Vergewaltigung gar nicht mehr soviel ausmacht. Der Leser erlebt zunächst ihren sozialen, dann ihren seelischen Verfall - ein 'Happy End' kann es da nicht geben. Wer eskapistische Literatur sucht, sollte einen großen Bogen um dieses Werk machen, wer dagegen ein Argument gegen den Eskapismus-Vorwurf gegen die Fantasy braucht, der wird hier fündig. Es ist Heroic Fantasy mit einer sehr düsteren Atmosphäre - aus der Opfer-Perspektive.
Das ist zwar sehr originell, aber leider nicht ohne Fehler. Zum einen erleidet die arme Cija wirklich die Qualen der Welt - mehrfach. Da wäre sicherlich weniger mehr gewesen. Die psychischen Folgen der Mißhandlungen hätten deutlicher herausgestellt werden können, gerade wenn sie in Frieden lebt, sollten diese zum Tragen kommen. Aber statt dessen erleidet sie ein Ungemach nach dem anderen, Zeit zum Reflektieren stellt ihr die Autorin kaum zur Verfügung. Die vielen Zufälle sind ebenfalls störend, auch wenn sie eine Erklärung finden. Diese ist jedoch zu banal und es fehlt ihr ein Clou. Warum muß Cija all das Erleiden? Man weiß es nicht. Ihr Vetter scheint sie einfach nicht zu mögen - wie viel ernüchternder wäre es doch, wenn es keinen besonderen Grund für ihr Leid geben würde? Dann hätte die Geschichte aber auch ohne Zufälle konstruiert werden müssen. Das Ende schließlich wirkt etwas übereilt, so als wenn der Autorin die Puste ausgegangen sei. Was sonst 100 Seiten oder mehr in Anspruch genommen hätte, braucht nur noch einen Bruchteil davon. Neigt die Autorin sonst auch zu langwierigen Beschreibungen, die das Geschehen etwas in die Länge ziehen, so ist es am Ende deutlich zu knapp.
Wie schon erläutert, ist die Trennung zwischen dem 'ersten' und 'zweiten' Band nachträglich geschehen, daher wird, wer nur einen von beiden liest, diesen kaum vollständig verstehen können.
Sprachlich ergibt sich kaum überraschend kein Unterschied zum Vorgänger, Gaskell ahmt den Tagebuchstil einer jungen Frau aus gebildeten Verhältnissen, die Erbärmliches durchleiden muß, perfekt nach.
(rezensiert von: Theophagos)

Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
Hinweise zu Sprache/Aussprache
Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

Buch gemocht? Vielleicht gefällt dann auch...

Kushiel Trilogy

Fazit: Cijas Odyssee geht weiter - Heroic Fantasy aus der Opfer-Perspektive; wer nicht nur an Military Fantasy aus der Feldherren- und Söldner-Perspektive interessiert ist, sondern erfahren will, wie es den Geiseln und Frauen im Troß oder den eroberten Gebieten ergehen mag, sollte sich an diesen Klassiker herantrauen.


©mistkaeferl 2002-07. Es ist nicht gestattet, diese Seiten in fremden Framesets darzustellen oder Inhalte anderweitig zu veröffentlichen. Zum Impressum