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Theorie zum Genre Fantasy
Selten wird Fantasy - vor allem hierzulande - als wirkliche Literatur
betrachtet, und so wird auch kaum über Fantasy theoretisiert. In
den letzten Jahren gab es zwar viele Studenten, die Fantasy zum Thema
ihrer Magisterarbeiten machten, aber darüber hinaus wird dem kaum
ernsthafte wissenschaftliche Beachtung geschenkt.
So gibt es nur sehr wenige Bücher, die sich der Theorie zur Fantasy
verschrieben haben, und oft sind es Genre-Autoren selbst, die hier als
Literaturtheoretiker zu Wort kommen...
Einige dieser Bücher seien hier vorgestellt:
John Clute/John Grant: The Encyclopedia of Fantasy
Das mit Abstand beste und umfassendste Werk über Fantasy. Der dicke
Wälzer behandelt neben Literatur auch Film, Comic und andere verwandte
Themen. Besonders interessant ist, daß man neben den in großer
Zahl vertretenen Autoren auch Motive der Fantasy(-Literatur) nachschlagen
kann, die dann ausführlich in Verwendung und Funktion beschrieben
sind (Beispiele: Hero, Quest, Land, Companions, Secondary World etc.)
Das Genre wird in diesem Lexikon ernst genommen, doch nicht nur aus der
einseitigen devoten Fanperspektive betrachtet - für alle, die sich
ernsthaft mit Fantasy beschäftigen wollen, also absolut empfehlenswert.
Leider nur auf englisch erhältlich und nicht eben billig. (hier
gibt es online-Nachträge zur Ausgabe von 97)
1087 Seiten; ISBN: 1-857-23893-1
Diana Wynne Jones: The Tough Guide to Fantasyland
Hier findet man sie: Alle Klischees, die in der Fantasy halt so auftauchen,
durch den Kakao gezogen. Egal, ob es sich dabei um den netten Strauchdieb
handelt, der eigentlich der Prinz ist, um den unbesiegbaren Barbaren,
der nur im Lendenschurz rumläuft oder um mächtige magische Artefakte,
die gegen stinknormale Banditen einfach harmlos sind. Das ist lustig und
es geht einem das ein oder andere Licht auf, aber das war's auch schon.
Leider ist es der Autorin nicht gelungen, irgendeine Art von Resummé
zu ziehen, und deshalb ist dieses prinzipiell gute Buch leider nur eine
Aufzählung von Klischees und nichts weiter.
223 Seiten; ISBN: 0-575-60106-x
Marcel Feige, Kuno Liesegang: Fantasy-Lexikon
Ein vor allem auch auf den deutschen Markt gemünztes Lexikon, in
dem Bücher, Spiele, Filme, Comics und so fort Eingang gefunden haben,
das aber leider den Namen Lexikon nicht verdient. Schlecht aufgemacht
werden einfach Autoren und Werke aufgezählt. Die Autoren sparen zum
Teil nicht mit Kritik, diese ist aber nicht konstruktiv, sondern teilweise
einfach nur einfältig. Auch haben sie nichts zu Theorie zu sagen,
sondern beschränken sich wie gesagt auf die Nennung der Dinge. Erklärungen
oder auch nur eine Ordung von Fantasy-Phänomenen wird man vergeblich
suchen.
379 Seiten; ISBN: 3-896-02267-9
Helmut W. Pesch: Fantasy - Theorie und Geschichte
Diese vom Ersten Deutschen Fantasy Club veröffentlichte Arbeit -
eigentlich handelt es sich dabei um eine Dissertation - ist ein hoch wissenschaftliches
Buch und sicherlich nur für jemanden geeignet, der sich sehr intesiv
mit dem literarischen Phänomen "Fantasy" auseinandersetzen
will. Dann aber ist es eine nahezu einzigartige Sache, die sich dem Genre
mit Präzision und literaturwissenschaftlichem Fachwissen nähert.
In erster Linie wird dabei Fantasy als Genre abgegrenzt und eingeordnet,
um dann ansatzweise Strukturen und Entwicklung darzustellen. Ein ausführlicher
Bibliographie-Teil gibt Überblick über wichtige Werke des Genres.
Keine leichte Lektüre, aber eine sehr gute Grundlage für nähere
Betrachtungen; leider fehlt die ganz aktuelle Entwicklung der Fantasy
in der Darstellung.
308 Seiten; ISBN: 3-932621-45-x
Susanne Gaschke: Hobbits, Hexen und Piraten
Eigentlich ein Buch über Leseempfehlungen für Kinder, aber da
auch viele Werke aus dem phantastischen Bereich Aufnahme gefunden haben,
ist es eine Erwähnung wert. Positiv fällt die Meinung der Autorin
auf, die deutsche Kinder- und Jugendliteratur sei zu didaktisch. Allerdings
werden alle Bücher nach einer sehr subjektiven Meinung bewertet -
so findet man zum Beispiel als Tip für die Eltern, daß sich
Der Herr der Ringe grundsätzlich nicht als Lektüre für
nicht-Erwachsene Leser eignet - was sicherlich nicht so absolut zutrifft.
Außerdem kommen einige Bücher nur aufgrund einer persönlichen
Abneigung der Autorin gegen sie schlecht weg und alles in allem werden
nur die ohnehin schon bekannten Klassiker erwähnt, aber wenig auf
neuere Erscheinungen eingegangen. Als Sammlung über klassische Kinderliteratur
also eine schöne Sache, aber als Ratschläge für Eltern
wohl eher untauglich: Auf Astrid Lindgren wären die meisten wohl
auch ohne dieses Buch gekommen.
270 Seiten; ISBN: 3-421-05668-4
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Theorie zu Fantasy-Inhalten
Es gibt Massen an Büchern über mittelalterliche (und andere
fantasy-relevante) (Kultur)-Geschichte, und extrem viele sind populistisch
und laienhaft. Hier werden ein paar ruhmvolle Ausnahmen vorgestellt, die
für den vielseitig interessierten Leser von Bedeutung sein könnten:
Ulrich Müller/Werner Wunderlich (Hg.): Mittelalter-Mythen:
7 Bände
Eine wunderbare, mittlerweile in 3 Bänden erschienene Reihe über
das Mittelalter. Die Texte zu den einzelnen Themen beleuchten diese von
einem fundierten, wissenschaftlichen Standpunkt aus, ohne das übliche
Mystik-Gesülze. Es wird viel mit Literaturquellen verschiedenster
Sprachen gearbeitet und die weitere Rezeption des jeweiligen Mythos bis
in die Moderene geschildert. Bilder und eine ausführliche Biobliographie
zu den Punkten runden die Einträge ab, die trotz dieser Wissenschaftlichkeit
höchst unterhaltsam zu lesen sind. Das interessanteste, umfassendste
und überzeugendste Werk, das zu diesem Thema auf dem Markt ist. Einziger
Nachteil: Der Preis. Die guten Stücke sind halt Fachbücher,
so daß man sozusagen knapp hundert Euro (!) pro Band hinblättern
darf. Lohnt sich aber. Manche Uni-Bibliotheken haben auch Teile davon
auf Lager...
Band 1: Herrscher, Helden, Heilige
Interesse am Parzival- oder Artus-Mythos? An der Geschichte Siegfrieds?
Hier kann man nachlesen, was wirklich überliefert wurde. Ohne Pathos
und nur auf mittelalterliche Quellen gebaut.
786 Seiten; ISBN: 3-908-70103-1
Band 2: Dämonen, Monster, Fabelwesen
Kobolb, Einhorn, Drache, Succubus, Fenriswolf, Werwölfe und Co. werden
in diesem Band vorgestellt. Wieder belegen Quellen und Bilddokumente die
wirkliche Vorstellung, die die Menschen im Mittelater vielleicht von diesen
Wesen hatten.
696 Seiten; ISBN: 3-908-70104-x
Band 3: Verführer, Schurken und Magier
Ob Merlin oder Morgaine oder Loki - hier geht es vielleicht um die interessantesten
Figuren der mittelalterlichen Mythen. Von der Herkunft der Namen bis hin
zu Verfilmungen oder Verehrung im Internet werden sie beschrieben und
belegt.
600 Seiten; ISBN: 3-908-70107-4
Lorraine Daston, Katharine Park: Wunder und die
Ordnung der Natur
Die Autorinnen klären über den Wunderglauben vor allem im späten
Mittelalter und der frühen Neuzeit auf, der sich nicht bis unsere
heutige Zeit gehalten hat, während früher Monster und Wunder
als Erklärung für alle möglichen Phänomene dienten.
Das Thema wird vor allem auch in seinen Bezügen zu den Naturwissenschaften
behandelt. Viele Nachdrucke und interessante Bilder begleiten den Text,
doch ist das Buch keine leichte Lektüre.
480 Seiten; ISBN: 3-821-81633-3
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