DAS BUCH DER DORNEN

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Wertung: 4 1/2 von 5
1 Rezension
-Gedankenverloren, weil sie von Büchern umgeben gewesen war, seitdem man sie gefunden hatte, starrte sie auf die seltsamen Buchstaben. … Sie sahen wie Dornen aus, diese seltsamen Buchstaben: … Und dann brach ein Wort aus dem Buch zu ihr, ein tiefer, plötzlicher Laut, den sie wiedererkannte und der rasch wie eine Natter in ihr Herz biß und sich dort festhielt.-
Kapitel 1
Zyklus/Band -
Autor Patricia A. McKillip
Original Alphabet of Thorn
Erscheinungsjahr 2004, dt. 2006
Verlag Blanvalet
ISBN 10
ISBN 13
3-442-24391-2
978-3-442-24391-4
Subgenre High Fantasy
Seitenzahl 318
Probekapitel -
Worum's geht:
Das Findelkind Nepenthe wird von den königlichen Bibliothekaren aufgezogen. Als sie sechzehn Jahre alt ist, kennt sie die Welt nur aus Büchern und Manuskripten, die ihr fahrende Händler und Reisende zum Übersetzen bringen und deren Sprache Nepenthe entschlüsselt.
Während der Krönung der neuen Königin übergibt ihr ein junger Magier ein kleines Buch, das in einer Sprache verfaßt ist, die bislang niemand enträtseln konnte. Man hofft, daß dies den königlichen Bibliothekaren gelingt und Nepenthe soll es zu ihnen bringen. Sie ist jedoch von diesem Buch so fasziniert, daß sie es behält, statt es den Bibliothekaren zu übergeben. Bald schon ist sie besessen von der Geschichte, die das geheimnisvolle Buch erzählt und sie ahnt nicht, das sie mit seiner Entschlüsselung großes Unheil über das friedliche Königreich Raine bringen wird…

Bewertet mitSternen (Besucher-Rezension):
Bei Patricia McKillip stecken Magie und Geheimnisse in ganz alltäglichen Dingen, in einem Musikinstrument etwa oder in dem Schatten hinter einer Tür. In diesem Roman verbirgt sich das Geheimnisvolle in einem merkwürdigen Alphabet…
Nepenthe wird als Kleinkind am Rand der Klippen von einem der königlichen Bibliothekare gefunden. Sie wird in der Bibliothek aufgezogen und als Schreiberin und Übersetzerin ausgebildet. Im Alter von sechzehn Jahren bekommt sie ein Buch in die Hand, dasin einem an Dornenranken erinnernden Alphabet verfaßt ist, das bislang niemand entziffern konnte. Sie ist von Anfang an von diesem Buch mit den seltsamen Dornenbuchstaben fasziniert und seine Übersetzung wird zu ihrer Passion. Doch je mehr sie in die Geschichte, die das Buch der Dornen erzählt, eintaucht, desto größer wird die dadurch drohende Gefahr…
Der Roman hat eine Handlungsebene, die in zwei Handlungsverläufe unterteilt ist:
Der eine Teil der Handlung spielt sich in dem zwölf Königreiche umfassenden Raine ab, wo Nepenthe das merkwürdige Buch mit dem Dornenalphabet in die Hand bekommt. Im Lauf der Zeit mehren sich durch dessen stetig fortschreitende Übersetzung die Vorzeichen einer apokalyptischen Bedrohung. Dieser namenlose Schrecken wird wahrgenommen, kann aber nicht richtig gedeutet oder eingeordnet werden. Die schleichende Furcht der Protagonisten vor diesem unbekannten Schrecken hängt wie ein Damoklesschwert über diesen Passagen des Romans. Niemand kann sagen, wie der Gefahr zu begegnen ist, da bis zum Schluß nicht klar wird, was alle bedroht. Die Königin und ihre Beraterin sind auf der Suche nach Hinweisen, zumal die junge Königin auch noch von einer sagenumwobenen Legende ihres Reiches in einem verschlüsselten Traum gewarnt wird…
Der zweite Teil ist gleichsam der Schlüssel zum ersten und spielt im dreitausend Jahre in der Vergangenheit liegenden Great Eben. Dort ist das Buch der Dornen, dasdurch seine Entschlüsselung durch Nepenthe eine verhängnisvolle Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart heraufbeschwört, entstanden.
Patricia McKillip verteilt den Fortgang der Handlung auf die Schultern von mehreren Protagonisten. Erahnt man zu Beginn nur manches der Geschichte, bekommt man langsam und stetig während des Lesens einen immer tieferen Einblick in die Zusammenhänge, bis sich am Ende die einzelnen Handlungsfäden, die aus diesen unterschiedlichen Erlebnissen und Sichtweisen bestehen, zusammenfügen. Das Geschehen entfaltet sich langsam vor dem geistigen Auge des Lesers und gibt nach und nach den Blick auf das gesamte Ausmaß frei.
Zunächst wird man zu der Waisen Nepenthe in den Palast am Rand der Welt und in die in den Kelleretagen gelegene königliche Bibliothek von Raine geführt. McKillip beschreibt das Innere der Bibliothek und die Menschen, die dort leben und arbeiten so, daß man das Gefühl hat, ein detailgenaues Gemälde zu betrachten. Man kann sich diesen Ort in den Tiefen des Palastes, in den niemals ein Sonnenstrahl dringt und in dem es immer kühl und klamm ist, sehr genau vorstellen und fühlt mit Nepenthe mit, die ihre kalten Finger anhaucht, um sie wenigstens soweit warm zu bekommen, damit sie ihrer Arbeit nachgehen kann. Ein anderer Schauplatz ist ein wilder Wald mit einer magischen Schule, die ab und an zu den Wolken hinaufschwebt. Im Geist weilt man schnell an diesem verwunschenen Ort, wenn man Patricia McKillips Beschreibungen liest, und man glaubt die seltsam-magische Atmosphäre zu spüren, die sie mit ihren Worten heraufbeschwört.
Auch die Figuren, die die Handlung tragen, sind so gestaltet, daß man sich vorstellen kann, mit wem man es zu tun hat: Die neugekrönte Königin Tessera beispielsweise wird als farbloses, blasses Geschöpf geschildert, dem die Last der Krone der zwölf Königreiche, die ihr nach dem Tod des Vaters auf den Kopf gesetzt wird, zu schwer zu werden droht. Wenn sie vor den Adligen und Machthabern ihrer zwölf Reiche an den Rand der Welt flieht, möchte man einfach Mitleid mit ihr haben. Ihre Beraterin Vevay ist eine alte und erfahrene Magierin, die mit der Unentschlossenheit, Ängstlichkeit und Unerfahrenheit der neuen Königin kaum etwas anfangen kann, aber ihre Ungeduld gut hinter scheinbar freundlicher Gelassenheit verbergen kann.
Das Buch der Dornen ist leichter und flüssiger zu lesen als beispielsweise die von ihr zwischen 1976 und `79 verfaßte Erdzaubertrilogie. Patricia McKillip hat sich ein wenig von dem poetischen Moment ihrer früheren Werke entfernt. Die Sprache ist prosaischer, näher am Leben, und auch das magische Moment tritt hier stärker in den Hintergrund. Die Ursache der Ereignisse ist hier eher in der bedingungslosen Liebe zwischen Kane zu Axis zu suchen.
Axis und Kane gehören zu den wichtigsten Figuren im Buch der Dornen. Kane, die mächtige Magierin, ordnet sich bedingungslos Axis' Herrschaft und Willen unter. Sie verhindert mit allen Mitteln, daß sie als Frau erkannt wird, um an Axis' Seite bleiben zu können und sie setzt ihre Magie dafür ein, seine Wünsche zu erfüllen. Im Gegenzug schenkt er ihr seine ganze Liebe und sein Vertrauen. Auf diesen beiden starken Charaktern, sozusagen dem Fundament der Geschichte, wird die gesamte Handlung aufgebaut.
Kane hat das Buch in diesen geheimnisvollen Dornenbuchstaben geschrieben, dasNepenthe nun wie besessen übersetzt. Sie ist Axis' Cousine, heimliche Geliebte und Kampfmagierin. Axis, der König von Eben, ist der grausamste Eroberer und Herrscher seiner Zeit. Sein Äußeres erinnert an einen Löwen und auch in den Epen und Gedichten, die stellenweise "zitiert" werden, wird er seines gnadenlosen Verhaltens seinen Feinden gegenüber, aber auch seiner Fürsorge willen, die er dann dem eroberten Land entgegenbringt, einem Löwen gleichgesetzt. Sein Name ist wohl auch als Synonym für die Rolle als Dreh- und Angelpunkt zu verstehen, die ihm die Autorin in der Geschichte zugedacht hat.
Diese Mischung aus Grausamkeit und Liebe schlägt immer höhere Wellen, bis Kane schließlich lernt, die Zeit selbst zu beherrschen. Dadurch verschafft sie ihrem Geliebten immer neue Königreiche, die er mit seiner riesigen Armee erobern kann und sichert sich damit gleichzeitig Axis' an Obsession grenzende Liebe.
Diese gegenseitige emotionale Abhängigkeit und die teilweise schrecklichen Konsequenzen, die aus diesen Abhängigkeiten entstehen, sind das eigentliche Thema des Buches. Die Figuren sind durch tiefe Leidenschaften und Beziehungen auf verhängnisvolle Weise miteinander verbunden und dadurch gibt es am Ende der Geschichte auch kein wirkliches "Happy End".
Ein bittersüßer Geschmack bleibt zurück, wenn man das Buch geschlossen hat, und einem klar wird, dass eine zu große Liebe auch eine ausweglose Situation für einen oder für alle Beteiligen schaffen kann. Das Buch der Dornen… der Titel des Buches spricht in so fern ein wenig für sich…
(rezensiert von: Katerchen)


Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
Hinweise zu Sprache/Aussprache
Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

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Fazit: Patricia McKillip erzählt im Buch der Dornen in schönen und klaren Bildern von einer Liebe, die für die Welt zu groß wird. Im Grunde liest man eine tragische Liebesgeschichte, die völlig ohne Schwülstigkeit und Kitsch auskommt, und deren Tiefe trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) glaubwürdig ist.


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