HEROES DIE
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1 Rezension
-With my hand on the doorjamb, some buried-alive instinct thumps within my chest: this is going to hurt.-
Prologue, 1
Zyklus/Band Caine (1)
Autor Matthew Woodring Stover
Übersetzung -
Erscheinungsjahr 1998
Verlag Del Rey
ISBN 0-345-42145-0
Subgenre Science Fantasy
Seitenzahl 535
Probekapitel -

Worum's geht:
Millionen von Zuschauern sind dabei, wenn der Schauspieler Hari Michaelson seine Rolle "Caine" spielt, einen grimmigen, brutalen Kämpfer, der in die andere Welt Overworld - einen Planeten mit feudalen Strukturen und Fantasy-Völkern wie Zwergen und Elfen - befördert wird und dort seine Abenteuer erlebt.
Doch auf der Erde lebt Hari in einem unterdrückenden Kastensystem; und als seine Frau, ebenfalls eine Schauspielerin, auf Overworld vermißt wird, hat das Studio endlich ein Druckmittel in der Hand, mit dem es Caine zu seinem größten Abenteuer zwingen kann: Er darf seine geliebte Frau retten, wenn er ein ungeheuerliches Attentat begeht. Zähneknirschend wetzt Caine die Messer...

Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Es ist ein düsteres Heldenepos, das ganz der Figur Haris/Caines gewidmet ist, einem egoistischem Haudrauf, der zwischen seiner unterdrückten Existenz als Hari und seinem überragenden Helden-Alter-Ego Caine gefangen ist, einem Charakter, der mit seiner äußerst aufdringlich-virilen Präsenz zwar nicht gleich sympathisch ist, aber von der ersten Seite an mitzureißen vermag.
Man findet sich auf einer Erde der nahen Zukunft wieder, mit einem rigiden Kastensystem, in dem Privilegierte sich die Zeit damit vertreiben, Schauspielern zuzusehen, sogar ihre Rollen zu verkörpern, wenn sie auf der per Technologie erreichbaren Welt Overworld Abenteuer erleben, und zwar keine kuscheligen Abenteuer aus dem Kinderfernsehen, sondern die blutdurchtränkte Realität einer feudalen Welt, in der das Faustrecht herrscht. Diese Gewalt kommt auch ungefiltert beim Leser an, und dadurch werden nicht nur die Kampfszenen schön realistisch, sondern auch die letzte Mahlzeit im Magen rebellisch. Der Brutaltiätsfaktor schwingt sich in diesem Roman in ungeahnte Höhen auf, und fast könnte man meinen, die Gewalt sei ein reiner Selbstzweck, ein voyeuristischer Aufsehens-Erreger. Aber die Anwendung und Instrumentalisierung von Gewalt ist auch ein zentrales Motiv der Handlung: Stover stellt eine Gesellschaft dar, die an ihren größten Stars schätzt, daß man durch ihre Augen brutalste Tötungen erleben kann, und eine archaischere (?) Gesellschaft auf Overworld, in der Gewalt das vornehmliche Machtmittel ist (verkörpert in dem in jeder Hinsicht gewaltigen und gewalttätigen Herrscher Mael'Koth) - und er stellt nicht zuletzt die Frage, zu welchen Zwecken Gewalt eingesetzt wird und wie sie im Menschen, vor allem seinem Helden Caine, verankert ist. Nichts desto trotz gibt es gerade in der ersten Hälfte des Buches Szenen, deren Sinn bzw. deren Härte man hinterfragen muß, und Caine erscheint am Anfang als roher Typ, der nach seinen "Helden"taten auch noch witzige Sprüche auf den Lippen hat. Konsequenterweise geht die Gewalt in der zweiten Hälfte des Buches auch deutlich zurück, als Hari immer mehr mit seiner Rolle Caine interagiert.
Auch Overworld, ein relativ gewöhnliches Fantasy-Setting, in dem Stover auch Elfen und Zwerge untergebracht hat, wird in all ihrem Dreck und ihrer Brutaltität gezeigt - dennoch gibt es Szenen voller Fantasy-Helden-Pathos, die aber von Caines zynisch-egoistischer Art schnell gebrochen werden. Overworld ist im Vergleich zu anderen Settings etwas blaß, ebenso die meisten Charatkere abseits von Caine - allerdings sind es meist universelle Archetypen, so daß man die Lücken leicht selbst füllen kann.
Die Beziehungen zwischen Overworld und der Erde sind vielschichtiger, als es den Anschein hat, und ein idealer Ausgangspuntk für Caines verschachtelte Pläne, das Unmögliche, das das Studio von ihm verlangt, umzusetzen. Entsprechend clever ist auch die Auflösung, und über die Handlung hinweg verteilen sich etliche Dreh- und Angelpunkte, an denen sich wieder neue Blickwinkel einstellen. Dazu trägt auch der überlegte Einsatz verschiedener Erzählperspektiven ein: Caine zum Beispiel berichtet in der Ich-Perspektive, wenn er "auf Sendung" ist und man ihm wie seine Zuschauer über die Schulter blickt, und die Perspektive schwenkt zwischenzeitlich auch zu einer Hand voll weiterer Personen. Dies macht sich Stover auch für den Spannungsaufbau zunutze, da er mit distanzierteren Perspektiven dem Leser Informationen vorenthält.
In die actionreiche Handlung sind eine Reihe moralischer Spiele und Fragen eingebettet, die allerdings nicht für den Leser beantwortet werden, sondern nur für den eingeschränkten und nicht gerade moralisch integren Standpunkt der Charaktere. Dabei wird auch der Leser selbst angesprochen, als Zuschauer - die treibende Kraft hinter Caine - in sein Abenteuer mit einbezogen.
Wenn man die Brutalität auf sich nehmen will, ist Heroes Die eine absolute Empfehlung, ein vielschichter, verschachtelter Roman, der neben jeder Menge Action und interessanten Ideen auch einen erstaunlich gefühltvollen Blick auf Zwischenmenschliches erlaubt.
(rezensiert von: mistkaeferl)

Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
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Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

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Fazit: In mehrfacher Hinsicht lohnenswertes Heldenepos, doch kein Sandkastenspaziergang...


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