Bewertet mit Sternen
(Besucher-Rezension):
Diese Parodie von Newcomer Lee A. Martinez fängt genau dort an wo
eine, dem Horrorgenre gewidmete, ordentliche Parodie klassisch beginnen
sollte: In einem schäbigen Imbiss in einem verschlafenen Kaff irgendwo
in der tiefsten texanischen Wüste.
Die beiden Freunde Earl und Duke, ihres Zeichens die wichtigsten Personen
in diesem grausig-blutigen Roman zum Totlachen, erfüllen auf den
ersten Blick zunächst einmal alle Erwartungen, die man an einen durchschnittlichen
Werwolf und einen durchschnittlichen Vampir hat: Duke, der Werwolf spürt
seine Kräfte am deutlichsten bei Vollmond, und Earl, der Vampir reagiert
äußerst empfindlich auf Knoblauch
Martinez hat sich allerdings
bei der Gestaltung und Ausarbeitung der beiden etwas mehr einfallen lassen,
als nur diverse Erwartungen des Genres zu erfüllen: Duke, mit beachtlichem
Leibesumfang, entspricht zwar weitestgehend den Klischees, hat aber noch
einige interessante Nuancen im Charakterbild. Der Vampir erfüllt
zunächst einmal auch alles, was man sich unter einem waschechten
Untoten vorstellt, doch auch hier sorgt der Autor für ein paar kleine,
amüsante Überraschungen. Darüber hinaus lernt man die feiste
Bardame Loretta kennen, die sich von den Zombies, die regelmäßig
ihr Diner heimsuchen, keineswegs schrecken lässt, sondern - im Gegenteil
- den Kampf gegen diese Unholde mit Mut und Todesverachtung aufnimmt.
Sie schießt lässig die wandelnden Leichen, in den verschiedensten
Stadien der Verwesung, mit einem flotten Spruch auf den Lippen über
den Haufen und auch der wieder zu Bösem erwachte Leichnam des Vorbesitzers
bringt sie kaum aus der Fassung. Zwei Halbwüchsige spielen ebenfalls
eine entscheidende Rolle, doch der Bursche scheint sich außer für
die Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse für nicht allzu
viel mehr zu interessieren: Dass seine hübsche Freundin damit beschäftigt
ist, dem uralten Unheil unter dem Diner zu neuem Leben zu verhelfen, stört
ihn nicht im geringsten - wenn er die Aussicht hat, dass sein Bedürfnis
befriedigt wird, gräbt er schon ein paar Leichen aus, wenn sie es
von ihm verlangt - selbst wenn er vor Angst fast verrückt wird. Die
übrigen Figuren sind nicht weiter beschrieben und deren Auftritt
beschränkt sich meist auf die Erwähnung ihres Namens und der
Beschäftigung, der sie entweder als Präparator von Tierkadavern,
als Sheriff oder als Farmer nachgehen. Die Umgebung, in der der Roman
spielt, sieht auch erst einmal so aus, wie man es erwartet: eine staubige
Landstraße die nach Nirgendwo führt, ein wenig Vertrauen erweckendes
Gebäude, das eine Neonreklame als "Diner" ausweist, und
das auf hungrige Passanten nicht gerade einen einladenden Eindruck macht.
Ein verschlafenes Nest, bestehend aus ein paar Häusern und noch mehr
Hütten, und ein abseits gelegener Friedhof mit einigen rostigen Grabkreuzen
und schiefen Grabsteinen, gelegen in der texanischen Wüste kurz vor
dem Ende der Welt - das ist das Setting, in dem die gar grausliche Geschichte
um den coolsten Vampir, den fettesten Werwolf der Welt und die Wiedererweckung
der ganz furchtbar bösen, alten Mächte spielt.
Martinez spart nicht mit Klischees, und so ziemlich alles aus der Grusel-
bzw. Horrorecke bekannte wird hier verwurstet: schwankende Leichen, Unheil
verkündende krächzende Raben, schwarze Magie, Hexerei, Geister,
Monster und natürlich: gaaanz viel Bluuut
...auf möglichst drastische Weise vergossen.
Das Diner des Grauens ist zunächst einmal "gewöhnliche
Hausmannskost": bekannte Zutaten werden zusammengerührt und
das Buch liest sich "herzhaft-deftig" mit häufigem Gebrauch
von Gossensprache als alles übertünchende "Würzmischung".
Kenner des Genres werden kaum Überraschungen erleben und auf Intelligenz
und überraschende Wendungen hofft man ebenfalls vergeblich. Die ganze
Geschichte zielt einzig darauf ab, nahezu sämtliche Genreklischees
auf den Arm zu nehmen. Das, dem ersten Eindruck nach, langweilige und
vorhersehbare Geschehen, ist allerdings genau das, was Martinez beabsichtigt
hat, und die ganze Stärke dieser Horrorparodie: Beinahe jede Situation
kommt zunächst wie eine hinlänglich bekannte Szene daher, die
aber dann vom Autor stark überzeichnet wird. A. Lee Martinez hat
hier munter aus dem Vollen der ganzen Welt des Horrors geschöpft
und es so geschafft mit den grotesk-blutig-komischen Situationen eine
amüsante Abrechnung mit einem Genre, das seinen zweifelhaften Tiefgang
aus dem möglichst grausamen Töten von Menschen und Tieren bezieht,
zu Papier zu bringen. Diner des Grauens kämpft allerdings
mit denselben Problemen, mit denen die meisten zu Papier gebrachten Parodien
zu kämpfen haben: es fehlt an eigenen Ideen und es wirkt zunächst
einmal albern und lächerlich. Ein Übriges zur Enttäuschung
während der Lektüre steuert das niedrige Sprachniveau bei, und
die Vorhersehbarkeit lässt das Diner des Grauens erst einmal
vollends durchfallen. Lässt man das Gelesene jedoch noch einmal vor
dem geistigen Auge Revue passieren, stellt man fest, dass Martinez ein
nettes Debüt gelungen ist, dass zwar kein Knüller ist, über
das man aber eigentlich ganz gut und herzhaft lachen kann - wenn man es
beim einmaligen Lesen belässt
(rezensiert von: Katerchen)
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