Worum's geht:
Der Söldner El Mercenario soll die Entführte Leyra, die Ehefrau
des Fürsten Carva, aus den Händen einer bösartigen Räuberbande
befreien, die scheinbar gar nicht vorhat, das Mädchen zurückzugeben.
In einer waghalsigen Befreiungsaktion gelingt es ihm zwar mit Leyra zu
entkommen, aber er verliert dabei seinen Drachen. Es kommen Mercenario
erste Zweifel: Warum ist Leyra so überrascht, gerettet zu werden?
Mit Mühe und Not gelingt es ihm dann, das Mädchen bei ihrem
Gatten abzugeben - und immer mehr wird ihm klar, daß etwas nicht
stimmt.
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Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
El Mercenario lebt auf der Welt Zomar. Auf den Gipfeln der mächtigen
Gebirgsketten drängen sich die menschlichen Siedlungen, Feudalherren
herrschen über Bergbauern mit einer Schar von Bewaffnenten. Über
Land kann man nicht reisen, denn in den unteren Schichten ist die Luft
giftig - die Wolkendecke bildet die Grenze. Will man reisen, so muß
man einen Ballon, einen Gleiter - oder einen Drachen benutzen. Die Drachenreiter
sind meistenteils Söldner, die nach einem strengen Kodex leben.
Der Leser wird feststellen, daß es auch menschliches Leben unter
der Wolkendecke gibt, das sich im Kern gar nicht mal so sehr von dem über
den Wolken unterscheidet. Insgesamt ist die Welt mit einigen interessanten
und originellen Details versehen, die nicht alle gedeutet werden - einiges
bleibt mysteriös. Die Trennung durch die giftige Wolkendecke ist
sehr plotrelevant, darüber hinaus sind Umwelt und Kultur nur begrenzt
relevant für den Plot.
Phantastische Elemente gibt es nur wenige. Es treten ein paar Fabelwesen
auf, von denen die Drachen - fliegende Echsen, die vielleicht mehr als
nur Tiere sind - zwar die herausragendste Stellung einnehmen, aber auch
nur in der ersten Episode. Die Geschichte läßt sich sowohl
als High Fantasy mit wenig Magie wie auch als Planetary Romance (SF/Fantasy-Crossover)
lesen.
Figuren gibt es verhältnismäßig viele. Im Zentrum steht
El Mercenario. Die ganze Geschichte wird aus seiner Perspektive erzählt.
Der Söldner ist ein großer und kräftiger Mann, ein guter
Kämpfer und keineswegs dumm; allerdings ist er nicht besonders charismatisch
und seine Pläne neigen dazu, nicht komplett aufzugehen - er übersieht
zu viele Details. Außerdem ist er kein guter Menschenkenner. Die
anderen Figuren sind nicht besonders interessant oder detailliert dargestellt.
Die Frauen sind tendenziell hübsch und jung. Sie mögen zwar
hitzige und eifrige Kämpferinnen sein, in einem fairen Kampf unterliegen
sie aber einem Mann. Uuups - sexistisches Stereotyp. Zwei Frauen spielen
eine größere Rolle (beide an Mercenarios Seite). Leyra ist
die Ehefrau Carvas, eine junge Bauerntochter, die eine Zeit lang ein interessantes
Sexobjekt war und dann aufs Abstellgleis geschoben wurde. Sie ist eher
passiv. Estra ist eine junge Stadtbewohnerin mit einem gehörigem
psychischem Knax: Sie ist manisch. Außerdem leidet sie unter Heldenverehrung
(Mercenario), da er ihr liebes Kind aus den Flammen rettet. Sie ist deutlich
aktiver und hartnäckiger, letztlich aber doch nur ein Anhängsel
von Mercenario. Die Männer besetzen deutlich mehr Positionen. Carva
ist ein dicker, alter Mann. Sich seiner Macht und Möglichkeiten bewußt,
versucht er mit möglichst wenig Aufwand an seine Ziele zu gelangen.
Obgleich er zu Fehlern neigt, sollte man den unangenehmen Fürsten
nicht unterschätzen - Menschen sind für ihn Werkzeuge und er
hat viele davon. Orlos (später Ostra) ist ein alter Gelehrter, halb
mutig, halb feige, ist die Figur im Nachhinein schwer zu beurteilen. Storga
ist der Bürgermeister der Stadt unter den Wolken, er ist vorsichtig,
aber konsequent. Die Figuren sind weder besonders komplex, noch psychologisch
plausibel erklärt.
Die Geschichte erzählt zwei lose miteinander verbundene Episoden
des Lebens Mercenarios. Zunächst geht es um die Rettung von Leyra
und die Frage, was an dem Auftrag nicht stimmt, und dann um den Kampf
der Stadt jenseits der Wolken gegen deren mysteriösen Unterdrücker.
Die erste Episode ist von physischen Handlungen geprägt - es wird
gekämpft, geflohen etc. Sie ist eine Mischung aus Sword & Sorcery
und Military Fantasy. Die zweite Episode ist langsamer, es wird mehr geredet
als gehandelt (und damit beschrieben). Dieses ist auch Sword & Sorcery
und Military Fantasy, doch der Kampf und die Umgebung tragen z.T. auch
epische Züge. Die beiden Episoden lassen sich daher schnell als Heroic
Fantasy mit Elementen der Mystery beschreiben. Spannung soll über
Wendungen erzeugt werden, doch diese sind leider nicht besonders überraschend.
In beiden Episoden wird Gewalt gegenüber Frauen und deren Verhalten
thematisiert, allerdings konterkarieren die stereotypen Frauendarstellungen
diese Idee.
Hinzu kommen leider einige Fehler - mal ist Leyra eine Jungfrau, dann
wieder nicht, Mercenario legt die Rüstung nicht ab um Gewicht zu
sparen als er den Gleiter fliegt - und viele Dinge bleiben unerklärt.
Die Sätze sind zumeist kurz, aber nicht besonders prägnant oder
flüssig; insgesamt ist der Stil eher unauffällig, nur in schnellen
Actionsequenzen neigt der Autor zu langen, detailreichen und vor allem
überflüssigen Erläuterungen.
Die Geschichte basiert auf dem gleichnamigen Comic-Heft, welches von Vicente
Segrelles illustriert wurde. Einige der handwerklich hervorragenden Bilder
sind im Buch enthalten, ebenso einige Zeichnungen.
Eine Bewertung fällt sehr schwer, da das Setting originell und stimmig
ist, die Geschichte und die Mercenario-Figur viel Potential haben, vieles
davon aber nicht ausgenutzt wird und dazu noch die Fehler und die Stereotypen
kommen.
(rezensiert von: Theophagos)
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