Warum's so gut
ist:
Liest man die ersten Seiten dieses Romans, dann gewinnt man durchaus den
Eindruck, daß man eine Geschichte in der Hand hält, die Spannung
und gute Unterhaltung verspricht. Leider muß der Leser nur allzu
rasch feststellen, daß der erste Eindruck getrogen hat. Ex Tenebris
weist in jeder Hinsicht schwere Mängel auf. Zum einen ist es handwerklich
schlecht gemacht. Dieses Buch ist voller Druck- und Rechtschreibfehler,
aber am schlimmsten sind die schweren grammatikalischen Fehler, die häufig
vorkommen. Wie können einem Lektor derart augenfällige Fehler
entgehen? Man fragt sich, ob überhaupt jemand das Manuskript gegengelesen
hat. So kann man ein Buch nicht veröffentlichen.
Inhaltlich und stilistisch ist der Roman ebenfalls nicht gelungen. Die
Dialoge sind voller Platitüden, sie klingen mal pathetisch, pseudophilosophisch,
albern oder schlicht und einfach dümmlich, aber niemals authentisch.
Man hat das Gefühl, einer schlechten Soap Opera zu folgen.
Der Inhalt ist hanebüchen. Klar ist, daß Benedikt sich an Reva
rächen will, aber alles andere an der Geschichte ist zu wenig ausgeführt.
Das liegt vor allen Dingen daran, daß die Protagonisten oft nicht
wissen, was sie warum tun und wozu sie fähig sind. Zu häufig
hat der Leser den Eindruck, daß die Autorin das selbst nicht weiß,
oder daß sie glaubt, es trüge zur Spannung bei, wenn man den
Leser möglichst oft im Dunkeln tappen läßt. Leider liegt
sie mit der Vermutung falsch. Benedikt wirkt zu keiner Zeit wie ein Auserwählter
und so verwundert es nicht, daß ihm lange nicht klar ist, daß
er derjenige ist, von dem die Legende erzählt. Johanna hat magische
Kräfte, sie weiß aber nicht, warum, wozu und wie sie sie gezielt
einsetzen kann. Natürlich funktionieren sie immer dann richtig, wenn
sie dringend gebraucht werden. Übrigens weiß Johanna lange
Zeit nicht, wer sie eigentlich ist. Wer Reva wirklich ist, darf der Leser
auch raten. Im Klappentext steht, er sei ein Dämon. Gut, so führt
er sich auch auf, gewalttätig, mordend und zerstörerisch. Allerdings
wird dem Leser auch die Theorie angeboten, Reva sei ein Gott. Oder vielleicht
gehört er doch eher zu den Allerersten. Er könnte aber
auch der Teufel sein. Warum er so bösartig ist und was er damit bezwecken
will, bleibt ebenfalls weitgehend im Dunkeln, egal, hauptsache bösartig,
irgendwoher muß die Spannung ja kommen. Leider wird es nicht spannend,
obwohl sich die Autorin alle Mühe gibt, z.B. indem die Schloßbewohner
plötzlich von Monstern angegriffen werden, die aus Michael Jacksons
Thriller-Video entsprungen zu sein scheinen, nur war das weitaus
gruseliger. Die Autorin eröffnet ständig Nebenschauplätze,
aus denen man spannende Handlungsstränge hätte entwickeln können.
Diese kurzen Episoden sind wieder der Versuch, Spannung zu erzeugen, aber
da sie nicht wirklich in die Handlung integriert sind, ist diese Taktik
zum Scheitern verurteilt. Der Leser erfährt, daß Berlin brennt
und daß sich Unruhen in ganz Europa ausbreiten. Die Politiker glauben
zunächst an Studentenunruhen, aber natürlich ist Reva am Werk,
der den Weltuntergang heraufbeschwören will. Es gibt kurze Episoden,
die in der Vergangenheit und im Totenreich spielen, auch sie werden nicht
entwickelt und wirken hauptsächlich abstrus. Gegen Ende erfährt
der Leser noch, daß es gar nicht so einfach ist, zu beurteilen,
was gut und was böse ist, daß die Bösartigkeit Revas relativ
ist und im Auge des Betrachters liegt. Am Schluß gibt es ein schönes
Friede-Freude-Eierkuchen-Happy-End, das allerdings völlig absurd
ist.
Nun könnte man Ex Tenebris ohne ein weiteres Wort darüber
zu verlieren als nicht gelungen abhaken, wenn es dort nicht Episoden gäbe,
die höchst ärgerlich sind und über die man nicht einfach
großzügig hinwegsehen kann. Es ist schon geschmacklos, mal
eben so am Rande das Warschauer Ghetto und den 11. September zu erwähnen
um
ja wozu eigentlich? War das wieder ein vergeblicher Versuch Spannung
zu erzeugen, wollte man einen Realitätsbezug herstellen? Was auch
immer die Absicht war, diese Ereignisse gehören so nicht in dieses
Buch. Aber am schlimmsten ist die Darstellung einer Vergewaltigung.
Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Fantasyromane
leben davon, daß die Guten gegen die Bösen kämpfen und
natürlich ist in Büchern für Erwachsene nichts dagegen
einzuwenden, wenn die Bösewichte morden, foltern, brandschatzen und
vergewaltigen. Es gibt aber eine Grenze, die nicht überschritten
werden darf. Ein Autor darf niemals den Eindruck erwecken, das Opfer fände
seine Mißhandlungen eigentlich gar nicht so schlimm oder hätte
gar Spaß an dem, was ihm angetan wird. Genau dies passiert in diesem
Buch. Ein Mädchen, das bisher mit keinem Mann geschlafen hat, wird
von einem Freund vergewaltigt. Sie sagt ihm, daß sie nicht mit ihm
schlafen will, weiß aber nicht recht, wie sie sich gegen ihn wehren
soll. Er hat sie auf das Bett geworfen: Sie spürte, daß
ihr Körper reagierte, aber sie war auch wütend auf ihn.
Panik stieg in ihr auf
Sie versucht sich zu wehren. "Au!",
rief er
Jetzt war sie erst recht entsetzt. Sie hatte ihn verletzt
Ihren
Freund. Beinahe hätte sie ihn getötet.
"Ich will
dir nicht wehtun", erklärte sie und suchte seinen Blick
Er
dringt in sie ein. Der Schmerz war nicht gerade unerträglich,
und trotzdem schrie sie ihn hinaus. Es erschien ihr einfach passend. Dies
war ein wichtiger Tag in ihrem Leben. Hier endete ihre wohl behütete
Jungfräulichkeit. Der Moment war erhebend
Beinahe hätte
sie ihn geküßt. Es dauerte nicht lange
"Oh,
",
flüsterte er, "mein Liebling. Meine wunderschöne, kleine
Prinzessin." Gerührt von seinem liebevollen Ton, strich sie
ihm nun doch verträumt über das Haar. Etwas später
treffen die beiden gemeinsame Freunde, einer fragt den Jungen, ob er das
Mädchen vergewaltigt hätte. Der Junge antwortet darauf: "Na
ja, sie
sie hat nicht gestrampelt und geschrieen oder so. Aber direkt
einverstanden war sie wohl nicht." Und als er gefragt wird, warum
er es getan hat, sagt er: "Ich konnte nicht anders"
Einige Seiten später kommt die Sprache noch einmal auf die Vergewaltigung
und das Mädchen sagt über den Jungen: "Aber er ist doch
mein Freund. Er ist noch so jung. Er hat einen Fehler gemacht. Das ist
alles."
Und über die Vergewaltigung sagt sie: "Es
bedeutete Schmerz
aber ich bin fähig zu verzeihen. Was wirfst
du mir vor? Mein Mitleid mit diesem Jungen, der auch nur ein Opfer ist?"
Es ist unglaublich. Mit dieser Episode hat sich die Autorin endgültig
disqualifiziert. Er vergewaltigt sie und sie hat Angst ihm weh zu tun?
Na prima. Schön, daß man als Leser erfährt, daß
eine Vergewaltigung gar nicht so schmerzhaft ist und wenn Frauen dabei
ein bißchen schreien, dann nur um ihren Protest auszudrücken,
aber das heißt nicht, daß sie ernsthaft verstimmt wären
oder gar psychische Schäden davontrügen. Ach iwo, wenn sie das
Glück haben, vorher noch Jungfrau gewesen zu sein, dann empfinden
sie den Moment sogar noch als erhebend und sind ihrem Vergewaltiger so
dankbar, daß sie sich zurückhalten müssen, um ihn nicht
zu küssen. Wenn er ihr noch ein paar Nettigkeiten ins Ohr flüstert,
dann ist sie zutiefst gerührt und er bekommt von ihr zusätzlich
ein paar Streicheleinheiten. Und natürlich hat sie Mitleid mit diesem
armen Jungen, der einen kleinen Fehler gemacht hat, weil er ein Opfer
seiner Natur ist (wir sind in einem Vampirroman, der Vergewaltiger ist
ein Vampir) Klasse, es gibt eine Menge Männer, die das schon immer
gewußt haben und die sich wundern, daß sie jetzt im Gefängnis
sitzen, weil bei ihrem Richter die tausendfach bewährte Masche "Die-wollte-es-doch-auch-hat-sich-gar-nicht-richtig-gewehrt-ich-bin-selbst-Opfer-der-Umstände-und-konnte-nicht-anders",
nicht gezogen hat.
So nicht!
(rezensiert von: Top
Dollar)
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