GEFANGEN IM REICH DER GEISTER

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1 Rezension
-Erschrocken fuhr Lisa aus dem Schlaf. "Was war das?", rief sie schwer atmend. Sie saß aufrecht im Bett, verkrampfte ihre Hände in der Decke und zog sich den rechten Zipfel bis hoch ans Kinn.-
Geräusche in der Nacht
Zyklus/Band -
Autor Andreas Schlüter
Übersetzung -
Erscheinungsjahr 2004
Verlag Arena
ISBN 3-401-05734-0
Subgenre Kinder- und Jugendbücher
Seitenzahl 350
Probekapitel -
Worum's geht:
Dieser Sammelband enthält die Einzelbände Geisterhand und Geisterspinne. In Geisterhand besuchen Lisa und ihr blinder Zwillingsbruder Jonas, von ihr "Blindi" genannt, ihre Großmutter, der Großvater ist vor einiger Zeit verstorben. Nun will die Stadt das kleine private Museum, das die Großeltern zusammen geführt haben, nicht mehr finanziell unterstützen. Als die Großmutter das Haus verläßt, um mit der Kulturbehörde zu verhandeln, machen Lisa und Jonas in der Speisekammer eine Entdeckung: Die Kammer hat keine Rückwand. Neugierig untersuchen sie den Raum, da hören sie plötzlich eine Stimme. Schließlich entdecken sie eine Uhr, durch die sie direkt in die Geisterwelt gelangen und dort geraten Lisa und Jonas in eine gefährliche Falle.
In Geisterspinne verbringen die Zwillinge ihre Ferien mit den Eltern auf Mallorca. Lisa nervt Jonas schon seit Tagen mit ihrer Angst vor Spinnen, Käfern und sonstigem Krabbelgetier. Eines Abends geht die Familie in ein Restaurant essen. Die Kinder setzen sich an den Swimming-Pool des Lokals und scherzen miteinander. Eine Dame, die hinzukommt, versteht dies falsch und will Jonas vor Lisa beschützen. Die Situation eskaliert und die Dame fällt in den Pool. Jonas und Lisa laufen erschreckt davon und geraten in Treibsand. Der blinde Junge klammert sich Rettung suchend an etwas, das er für einen Ast hält, doch Lisa sieht, daß es das Bein einer riesigen Spinne ist. Das Monster verschleppt Jonas in eine Erdhöhle.
Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Als an political correctness gewöhnter Erwachsener bekommt man bei der Lektüre des Buches zuerst einmal einen Schreck. Lisa nennt ihren Zwillingsbruder "Blindi". Darf der Autor das? Natürlich darf er das. Auch Kinder mit einem Handicap haben das Recht auf einen coolen Spitznamen und "Blindi" nennt Lisa ihren Bruder, weil er nicht sehen kann und weil Jonas eine Vorliebe für Indiana Jones hegt.
Geisterhand ist eine Geschichte für junge Leser, die sich gerne ein bißchen gruseln. Hier wird ihnen sozusagen ein doppelter Schrecken geliefert. Was macht ein Mensch, der alle seine Sinne benutzen kann, wenn er im Dunkeln verdächtige Geräusche hört? Er wird das Licht anmachen und nachschauen, was los ist. Und was macht ein sehender Mensch, wenn ihm etwas Grausiges ins Blickfeld gerät? Er schließt die Augen und hofft, daß es bald vorbeigeht. Nun, es nützt Jonas nichts, wenn er das Licht anmacht, denn er ist blind und der Leser erlebt seinen Schrecken hautnah mit, wenn er in die Tiefe sackt und nicht sehen kann, was mit ihm eigentlich passiert. Und wenn Lisa fünf Geister sieht, dann kann sie nicht einfach die Augen schließen, weil sie für ihren Bruder mitsehen und ihm beschreiben muß, was geschieht.
Leider wirkt die Geschichte etwas konstruiert und der Autor irrt, wenn er Jonas bemerken läßt daß die widerlichsten, brutalsten und ekelhaftesten Folterinstrumente fast ausschließlich im Dienste der katholischen Kirche gebraucht worden waren. Die reformierte Kirche beteiligte sich ebenfalls sehr eifrig an der Hexenverfolgung und berief sich dabei auf Martin Luther, der mehrmals in seinen Werken gefordert hatte, Hexen müßten getötet werden. Ganz abgesehen von all den Mächtigen, die ihre politischen Gegner aus persönlichen oder Staatsinteressen foltern ließen.
Die Geschichte Geisterspinne zielt eher auf Horror- und Ekeleffekte ab, als auf wohliges Gruseln. Diese Riesenspinne erinnert an das Monster aus den alten Tarantula-Filmen, hat aber einen menschlichen Kopf. Um diesmal aus der Geisterwelt zu entkommen, muß Lisa einige ekelerregende Aufgaben bewältigen, die der Autor direkt dem Dschungelcamp entliehen zu haben scheint. Junge Leser, die gerne durchsichtige Lutscher mit eingeschlossenen Insekten essen, werden daran bestimmt ihren Spaß haben, aber ein richtiges Horrorvergnügen ist dies nicht.
Die große Stärke dieses Sammelbandes liegt im Umgang des Autors mit dem Thema Blindheit. Jonas kann nicht sehen, dafür sind seine anderen Sinne empfindsamer als bei Sehenden, besonders als bei seiner Schwester, von der Jonas manchmal glaubt, ihr Gehör, ihr Geschmack und ihr Geruchssinn seien überhaupt nicht vorhanden, weil sie sich hauptsächlich auf ihre Augen verläßt. Jonas will nicht, daß wohlmeinende Erwachsene Mitleid mit ihm haben oder glauben, nur weil er nicht sehen kann, sei er auch taub oder schwer von Begriff. Er möchte nur nicht unverhofft von Fremden angefaßt werden. Andreas Schlüter plädiert hier auf gelungene Weise für einen unverkrampften Umgang mit Blinden und zeigt, welche Fähigkeiten sie entwickeln, um sich in einer Umwelt zurechtzufinden, die auf die Bedürfnisse von Sehenden zugeschnitten ist.
(rezensiert von: Top Dollar)
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