Worum's geht:
In kryptischen Versen berichtet die Überlieferung der "Genesys-Apokryphen"
vom verlorenen Ursprung der Menschheit und von einer Zeit, in der das
alte Wissen wieder von enormer Bedeutung sein wird. Von Xandria aus, dem
größten Reich der Menschheit, machen sich die verschiedenen
Charaktere auf, um zur "Mitte der Welt" zu gelangen, wo sie
hoffen, das Rätsel der "Genesys-Apokryphen" aufklären
zu können. Ihre Reise führt sie durch exotische und bizarre
Umwelten, in denen sie abenteuerliche Gefahren zu bestehen haben und den
seltsamsten Völkern und Wesen begegnen.
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Warum's so gut
ist:
Brian Stableford ist einer jener Autoren, die bereits eine Vielzahl von
Romanen veröffentlicht haben, die aber noch mit keinem ihrer Werke
für besonderes Aufsehen gesorgt haben. Der erste Band der Genesys-Trilogie
mit dem Titel Das Blut der Schlange liefert womöglich ein
sehr gutes Beispiel dafür, warum dem so ist.
Der Roman stellt eine sehr zwiespältige Angelegenheit dar. Zum einen
kommt man nicht umhin anzuerkennen, dass Stableford hier eine wirklich
gute und außergewöhnliche Romanidee verwirklicht (die Evolutionsprozesse
der menschlichen Rasse auf einem fremden, von intelligenten Tierrassen
bevölkerten Planeten) , andererseits lassen sich einige auffällige
Schwächen in der handwerklichen Umsetzung, auch beim besten Willen,
nicht übersehen.
Zuerst einmal fällt eine gewisse Dialoglastigkeit ins Auge.
Das alleine wäre sicher nicht so tragisch (denn es gibt große
Romane, die alleine durch den Dialog getragen werden), wenn diese Dialoglastigkeit
bloß nicht dermaßen zu Lasten der atmosphärischen Beschreibung
der Handlungswelt gehen würde, denn die bleibt bei alledem schwach
und ungenügend, ja kulissenhaft. Und wenn dann noch, wie hier, eine
nicht immer hundertprozentig gelungene Dramatisierung der einzelnen Dialoge
hinzukommt, wird es auch schon brenzlig. Und wenn man dann zuletzt leider
auch noch feststellen muss, dass die Charaktere, zumindest über weite
Strecken dieses ersten Bandes der Trilogie, doch äußerst schwach
und, in ihren Motiven und Handlungsweisen irgendwie extrem künstlich
bleiben, könnte man wirklich geneigt sein, das Buch zuzuklappen und
in irgendeine Ecke des Zimmers zu entsorgen.
Aber es sind Stablefords Ideen, seine Fantasien, die einen, bei einigermaßen
gutem Willen, daran hindern werden. Die sind nämlich sehr überzeugend:
bizarr, befremdend, manchmal surreal, sehr außergewöhnlich,
bis hin zu einer leichten Abartigkeit bzw. Perversion reichend und auf
jeden Fall jenseits aller gängigen Klischees liegend. Man wird hier
also keinem herkömmlichen Zwerg oder Zauberer begegnen, vielmehr
bekommt man es mit seltsamen, intelligenten Tiervölkern, Dragomiten
(eine Art riesige Ameise, in deren Nest auch das Finale des ersten Bandes
stattfindet), Schlangen und Salamandern, sowie so manch
einer pervertierten Symbioseform zwischen Mensch und Tier bzw. Pflanze
zu tun, wie zum Beispiel den Nestsklaven der Dragomiten,
die mit dem organischen Nest selbst verwachsen sind und ein sehr bizarres
Dasein fristen. Außerdem begegnet man, unterwegs im Wald der
absoluten Dunkelheit und den Dragomitenbergen, Nachtmänteln,
Riesinnen, giftigen Blumenwürmern und Hügelfrauen
- alles sehr, sehr bizzar.
Genau diese Bizarrheit ist es aber schlussendlich, die den Roman am Ende
doch zu einem lesenswerten Stück Fantasyliteratur macht, und die
so manch einen Leser mit einer Schwäche für das Bizarre womöglich
sogar begeistern wird.
Jedem Freund klassischer, traditioneller und vergleichsweise "harmloser"
Fantasy sei hiermit jedoch dringend abgeraten.
Jedem Freund des Bizarren dagegen soll dieser Roman ans Herz gelegt werden,
denn, wenn man derartiges mag, dann können auch die zuvor angesprochenen
Schwächen des Romans nichts an seiner außerordentlich morbiden
Faszination ändern.
(rezensiert von: V.
Groß)
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