Worum's geht:
Als Großmeisterin Silena,
eine Nachfahrin des Heiligen Georg und Kämpferin beim Officium Draconis
- der Drachenjägersparte der Kirche - ihre beiden Brüder durch
einen mutmaßlichen Angriff von Drachen verliert, ist das erst der
Anfang des Übels. Seltsame Dinge gehen vor in München und Berlin,
Hellseher und andere Spiritualisten haben schreckliche Visionen.
Die Altvorderen Drachen, die sich lange Jahre vor den Menschen verborgen
hatten, zugleich aber weiterhin Einfluß auf die ganze Welt ausüben,
tragen Machtkämpfe aus, und nebst Silena werden noch andere Menschen
in die Sache gezogen, bei der es bald um die Jagd nach mächtigen
Artefakten des Drachenkampfes geht. Zusammen mit dem russischen Fürst
Grigorji und dem Medium Madame Sátra - zwei wenig vertrauenswürdigen
Verbündeten - nimmt Silena den Kampf gegen die grausamen Ungeheuer
auf...
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Bibliotheka Phantastika verleiht Sterne:
Seit Markus Heitz mit seiner episch angelegten Ulldart-Saga an
den Start gegangen ist, hat er sich schon auf vielen Spielwiesen der Fantasy
getummelt: Unter anderem mit den Zwergen samt Nachfolgern im tolkienesk
angehauchten Areal, mit Ritus auf den Spuren des Pakts der Wölfe
- und nun mit Mächte des Feuers ist der Glamour und die sich
entwickelnde Technik der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts Ort der Handlung;
das Nachwort des Romans kann man auch als eine Art Verteidungsschrift
für dieses Setting lesen - nicht, daß es das gebraucht hätte:
Im Gegenteil, der Reiz der Drachengeschichte im neuen Gewand liegt ja
gerade darin, daß hier auch mal Doppeldecker über den Fantasy-Himmel
brummen dürfen und man ein alternatives Europa vorgesetzt bekommt,
in dem Drachen ihren Einfluß genommen haben. Markus Heitz kennt
sich auch gut aus mit der Zeit, die er beschreibt, was es um so verwunderlicher
macht, daß er sich oft auf Name-Dropping statt auf zeitlichen Kolorit
beschränkt. Insgesamt unterscheidet sich leider das Ambiente nicht
großartig von der modernen oder einer beliebigen anderen Fantasy-Welt,
und es wurde massig Potential verschenkt; denn die wenigen wirklich atmosphärischen
Szenen - wie etwa der Prolog des Romans - lesen sich gut. Ansonsten ist
man gut beraten, sich vielleicht doch lieber nochmals Sky Captain
anzusehen, wenn man das Flair der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts
erleben will.
Die Geschichte mit Drachen und einem eigenen Kirchenamt für Drachenfragen
(das aus den Drachenheiligen hervorgegangen ist) neu zu schreiben, ist
ein schöner Ansatz, allerdings hat sich trotz der angeblich massiven
Einflüsse der Drachen geschichtlich nicht allzu viel geändert
und vieles wirkt arg bemüht (ein beispielhaftes Detail: ein Flugzeug
mit ausfahrbarer Lanze, um Drachen damit aufzuspießen, mit der Typenbezeichnung
"Lanzelot"...). Obwohl die Kirche eine große Rolle spielt,
bleiben religiöse Hintergründe äußerst vage.
Die Handlung wird aus der Sicht häufig wechselnder Charaktere geschildert,
und die meisten davon geben nach außen hin ein buntes und interessantes
Bild ab, wirken aber insgesamt eher hölzern. Gerade der charakterliche
Wandel des russischen Fürsten Zadornov, der sich anfangs in der Tat
gibt wie der angebliche Sprößling von Rasputin, der er sein
soll, kommt mit der Brechstange. Die Hauptprotagonistin Silena dagegen
ist als Identifikationsfigur für jedermann konzipiert und bleibt
farblos. So manche Figuren bergen die ein oder andere Überraschung
in sich, aber die Hinweise in diese Richtung lassen jedes Fünkchen
Subtiliät vermissen.
Anfangs fällt das aber kaum ins Gewicht - die Geschichte beginnt
spannend, mit vielen mysteriösen Vorkommnissen und wird auf vielen
Ebenen eröffnet, so daß man sich ein vielschichtiges Szenario
erhofft. Doch die Fraktionen und Inhalte, die aufgefahren werden, nehmen
kein Ende, die Logik verabschiedet sich irgendwann zwischen Schauplatzwechseln
und Kämpfen zwischen Mensch und Drache und Mensch und Mensch, und
irgendwann löst sich alles in eine etwas wirre Schwarz-Weiß-Malerei
auf, was so verheißungsvoll begonnen hat.
Ein unverzichtbares Novum für Drachenliebhaber ist Mächte
des Feuers also nicht - und auch die Leidenschaft für moderne
Alternativwelten wird nicht allzu sehr befriedigt. Schade um die verschenkten
Ideen.
(rezensiert von: mistkaeferl)
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