DIE GEHEIMNISVOLLE MINUSCH

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1 Rezension
-Tibbe! Wo ist Tibbe? Hat jemand Tibbe gesehen? Er soll zum Chef kommen. Wo ist er denn bloß! Tibbe!!-
Gibt's denn nirgends Neuigkeiten?
Zyklus/Band -
Autor Annie M.G. Schmidt
Original Minoes
Erscheinungsjahr 1970, dt. 1971 (neu: 2005)
Verlag dtv
ISBN 3-423-70946-4
Subgenre Kinder- und Jugendbücher
Seitenzahl 205
Probekapitel -
Worum's geht:
Tibbe ist Reporter beim Killstädter Kurier und steht kurz davor, gefeuert zu werden. Sein Chefredakteur wirft ihm vor, daß er nie Neuigkeiten schreibt. Gestern hat Tibbe einen Artikel über den Frühling verfaßt, ansonsten handeln seine Berichte immer nur von Katzen. Tibbe liebt Katzen - der Chefredakteur nicht, jedenfalls dann nicht, wenn ständig Geschichten über sie in seiner Zeitung stehen. Jetzt hat Tibbe ein Problem, denn er ist viel zu schüchtern, um Menschen auszufragen und Neuigkeiten in Erfahrung zu bringen. Tibbe schlendert durch die Straßen und versucht krampfhaft, sich etwas einfallen zu lassen, da sieht er eine junge Frau, die vor einem Hund auf einen Baum geflüchtet ist und sich jetzt nicht mehr hinuntertraut. Der Reporter hilft ihr. Kurze Zeit später sieht Tibbe sie mit einer Fischgräte in ihrem Mund, seinen Müll durchwühlen. Weil sie kein Zuhause hat, läßt er sie bei sich wohnen. Die junge Frau sagt, sie hieße Minusch und könne sich mit Katzen unterhalten, weil sie früher selbst eine Katze gewesen sei. Von nun an versorgt Fräulein Minusch Tibbe mit Neuigkeiten und dessen Arbeitsplatz ist gerettet - vorläufig…

Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Die geheimnisvolle Minusch ist eines der charmantesten Kinderbücher über Zivilcourage. Tibbe ähnelt ein wenig Herrn Taschenbier, bevor das Sams bei ihm eingezogen ist: er ist ein schüchterner, ängstlicher Mensch, mit einem freundlichen, sanften Gemüt, der nicht nur über Katzen und Blätter im Frühling schreibt, weil er sich nicht traut, investigativen Journalismus zu betreiben, sondern auch deshalb, weil er glaubt, daß die Menschen sich freuen, in ihrer Zeitung auch solche Artikel lesen zu können und nicht nur Neuigkeiten über Kriege und Morde. Doch selbst als der Chefredakteur Tibbe unter Druck setzt und ihm mit Rausschmiß droht, wenn er seine Berichte nicht ändert, weiß der nette Reporter sich nicht zu helfen. Genau wie Taschenbier braucht er die Hilfe eines ungewöhnlichen und unkonventionellen Wesens.
Die geheimnisvolle Minusch erscheint auf den allerersten Blick gar nicht so ungewöhnlich, da sie wie ein Mensch aussieht, genauer gesagt, wie eine hübsche junge Frau und deshalb ist die Tatsache, daß Minusch bei Tibbe einzieht, für seine Umwelt zuerst auch nichts Besonderes. Für Tibbe schon, denn Minusch erzählt ihm, daß sie früher eine Katze war und hofft, bald wieder eine zu werden, sie benimmt sich wie eine Katze und sie kann sich mit anderen Katzen unterhalten. Das ist Tibbes Rettung, denn durch Minusch und ihren Katzeninformationsdienst kann er seinem Chefredakteur nun endlich wirkliche Neuigkeiten liefern.
Eine ganze Weile denkt der Leser: "Ach ja, schöne Geschichte, geheimnisvolle Katzenfrau hilft Reporter, seine Arbeit zu behalten, die beiden verlieben sich, Friede, Freude, Eierkuchen, Happy End." Aber so simpel hat Annie M.G. Schmidt ihre Geschichte nicht gestrickt. Plötzlich und unerwartet findet sich der Leser in einem Kinderbuch über Zivilcourage, Verantwortung und die Frage, wie frei die Presse wirklich ist, wieder. Eines Tages erfährt Minusch eine brisante Neuigkeit und siehe da - der so auf Neuigkeiten versessene Chefredakteur druckt sie nicht, weil es keine Zeugen gibt. Daß es dabei um den reichsten, geachtesten, beliebtesten, engagiertesten Bürger der kleinen Stadt geht, der überall seine Hände im Spiel hat und mehr oder weniger im Hintergrund die Fäden zieht, spielt dafür keine Rolle, i wo. Es kann einfach nicht sein, daß dieser Mann etwas so Verwerfliches getan hat, wie Minusch behauptet, und beweisen kann Tibbe es nicht, schließlich kann er seinem Chef schlecht sagen, er hätte diese ungeheuerlichen Neuigkeiten von Katzen gesteckt bekommen und die Menschen, die davon wissen, schweigen aus Angst. Jetzt muß er sich entscheiden: Will er weiter ängstlich und schüchtern bleiben oder wird er mit Minuschs Hilfe und der tatkräftigen Unterstützung von Bibi, einem kleinem Mädchen aus seiner Nachbarschaft, mutig über sich selbst hinauswachsen, Zivilcourage zeigen und verantwortungsbewußt handeln.
Mit leichter Hand und viel Charme verbindet die Autorin die verschiedenen Aspekte ihrer Geschichte. Die Beschreibung der Katzenwelt ist ihr hervorragend gelungen. Da ist natürlich in erster Linie Minusch, bei der immer wieder ihre Katzennatur durchbricht, was bald auch Tibbes Umgebung auffällt und zu witzigen Situationen führt. Minusch schläft in einem Karton, reibt sich beim Einkaufen verstohlen am Heringsverkäufer, flüchtet vor Hunden auf Bäume und bekommt erschreckenderweise einen mordlüsternen Blick, faucht los und packt blitzschnell zu, wenn sie eine Maus sieht. Zu Minuschs Informanten gehört die Schluderpuss, eine streunende Katze, schmuddelig, ungepflegt, von Straßenkämpfen gezeichnet, Typ: rauh, aber herzlich, die ständig Kinder bekommt und schon wieder den nächsten Wurf erwartet. Sie liebt es, frei und ungebunden zu sein und rät Minusch es ebenso zu halten, bevor Tibbe auf die Idee kommt, sie im Korb zum Tierarzt zu bringen und ihr eine Spritze verpassen zu lassen - obwohl in Minuschs gegenwärtiger Erscheinungsform dies eher unwahrscheinlich ist.
Der Knüller unter den Katzeninformanten ist der Schulkater, der immer felsenfest davon überzeugt ist, die ultimative Neuigkeit aufgeschnappt zu haben und Minusch stets auffordert, dafür zu sorgen, daß sie in die Zeitung kommt. Die aufregenden Sensationsnachrichten lauten: Cäsar kam, sah und siegte. Napoleon hat die Schlacht bei Waterloo verloren. Bismarck wurde zum Reichskanzler gewählt. Der Schulkater sitzt im Geschichtsunterricht, weil er ihn spannend findet und glaubt, alles, was er hört, sei gerade erst geschehen. Und wie dem Schulkater geht es auch -unabhängig vom Alter- dem Leser, dem gar nicht auffällt, daß das Buch vor über dreißig Jahren geschrieben wurde, so zeitlos aktuell und wichtig ist die Botschaft, die es vermittelt und so wunderbar charmant und humorvoll ist sie verpackt.
(rezensiert von: Top Dollar)

Wertung
gesamt
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Personenglossar
Sachglossar
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Zeichnungen/Sonstiges

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Das Sams

Fazit: Ein in jeder Beziehung phantastisches Buch über Mut und Zivilcourage, das die Menschenwelt so überzeugend darstellt wie die Katzenwelt.


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