Worum's geht:
Kommandeur Mumm ist nicht mehr der Jüngste. Als Oberhaupt über
die riesige Stadtwache ist er hauptsächlich mit Papierkram beschäftigt.
Die vom souveränen Patrizier Vetinari regierte Metropole Ankh-Morpork
ist recht ruhig geworden für den alten Polizisten. Als aber der Serienkiller
"Carcer" einen Wächter tötet und auf das Dach der
Unsichtbaren Universität flüchtet kann Mumm nicht wiederstehen:
Er verfolgt den Verbrecher. Im Eifer des Gefechts übersehen beide
das Gewitter, welches sich über der Stadt zusammenbraut. Und just
als Mumm mit dem Mörder abstürzt, schlägt der Blitz ein.
Als der Kommandeur wieder zu sich kommt, findet er sich splitterfasernakt
in den Schatten wieder...30 Jahre früher. Hier herrscht der tyrannische
Lord Winder, Verbrechersyndikate und Gilden schmieden düsterer Pläne
und die Stadtwache ist nicht mehr als ein müder Haufen Tagediebe.
In den bürgerkriegsähnlichen Zuständen versucht Mumm verzweifelt,
sein jüngeres Ich vor Schaden zu bewahren und ein wenig Menschlichkeit
in diese Hölle zu bringen. Bald wird auch ein ganz bestimmter Mönchsorden
auf seinen Fall aufmerksam...und ein gewisser Serienkiller...
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Warum's so gut
ist:
Wie der aufmerksame Leser meinem Pseudonym entnimmt, bin ich ein grosser
Fan und Verehrer des Scheibenwelt-Zyklus.
Daher habe ich, trotz aller Bewunderung für Pratchett, versucht,
hier eine möglichst objektive Rezension darzulegen.
Mit Die Nachtwächter findet die Saga um die Stadtwache zu
einem fulminanten Finale. Da sich quasi dauernd auf Ereignisse in älteren
Discworld-Romanen bezogen wird, ist dieses Buch nur für Leser geeignet,
die sich wirklich gut auf der Scheibenwelt im allgemeinen und in der Stadtwache
im speziellen auskennen.
Kein Pratchett-Roman hat mich bis dato so tief berührt wie Die
Nachtwächter. Alles, was mich an Pratchetts Romanen so fasziniert,
ist auch in diesem Buch wieder reichlich enthalten. Die Sprache, wie das
Gemälde eines Impressionisten, kommt mit dem nötigsten aus,
transportiert aber die teils sehr unterschiedlichen Stimmungen äußerst
eloquent. Pratchetts sarkastischer Humor sorgt stets für einige Lacher
und entspannt das Buch. Allerdings fallen hierbei bereits einige neue
Ansätze auf. In quasi allen früheren Discworld-Romanen wirkten
die handelnden Figuren (etwa Nanny Ogg oder Cohan der Barbar) eher wie
überzeichnete Comicfiguren denn wie echte Charaktere. Auf den ersten
Blick hat sich daran nicht viel geändert, auf den zweiten jedoch
entdeckt man seelische Tiefen, die man nie für möglich gehalten
hätte. Da fühlt man sich fast schuldig darüber gelacht
zu haben, wenn sich der junge Nobby Nobbs nicht wünscht, dass sein
Vater aus dem Gefängnis entlassen werde. Drei Zeilen später
erfährt man, dass der ihm einmal beide Arme gebrochen hatte.
So sind die Protagonisten keine blossen Karikaturen mehr, sie sind echt
- glaubwürdig.
Dergestalt beschreitet der Autor auch bei der Handlung neue Wege. Von
der ersten bis zur letzten Seite hat man das Gefühl, dies alles könnte
tatsächlich geschehen sein. Die Geschichte ist ein hochbrisanter
und durchaus ernstzunehmender Spiegel der Menschheit und ihres ganz normalen
Wahnsinns und gab mir das bei Fantasy-Literatur äußerst seltene
Gefühl, etwas über die Welt und die Menschen gelernt zu haben.
Dass dann dabei auch noch der Unterhaltungswert stimmt versteht sich dann
fast von selbst, obwohl für "Scheibenwelt-Veteranen" manche
Pointen und Witze fast vorhersehbar sind.
Viel deutet darauf hin, dass Pratchett mit den "alten" Discworld-Geschichten
abschließt. Schließlich endete bereits in Wahre Helden
die "Ära Cohan" überaus oppulent. Und mit diesem Roman
nun erhält die "Mumm"-Saga einen würdigen Abschluss.
Ob es allerdings ein Happy-End gibt, das mag der geneigte Leser selbst
herausfinden.
(rezensiert von: Gaspode)
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