PETER PAN

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Wertung: 4 von 5
1 Rezension
-All children, except one grew up.-
Peter Breaks Through
Zyklus/Band -
Autor James Matthew Barrie
Übersetzung Peter Pan
Erscheinungsjahr 1911
Verlag Penguin Books
ISBN 0-14-062141-5
Subgenre Kinder- und Jugendbücher, Märchen
Seitenzahl 185
Probekapitel -
Worum's geht:
Familie Darling hat drei Kinder: Wendy, John und Michael. Der Vater arbeitet zwar viel, bringt aber nicht genügend Geld mit nach Hause, daher können sie sich nur die Hündin Nana als Kindermädchen leisten. Mr. Darling findet dieses generell sehr sonderbar, aber so lange er bewundert wird, kann er es akzeptieren. Doch eines Abends - man ist sowieso schon spät dran - will Michael seine Medizin nicht nehmen und der Vater bringt ihn mit einem Trick dazu, enttäuscht damit aber die Kinder. Die Situation eskaliert und Nana wird im Hof angekettet. Dieses erlaubt es Peter Pan Wendy (und die anderen Kinder) mit sich zu nehmen, da er dringend eine Mutter für seine Lost Boys braucht...

Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Die Geschichte beginnt im London des späten 19. oder frühen 20. Jahrhunderts, doch auch wenn die Eltern eher ungewöhnlich sind und die ersten zwei Kapitel die Figuren vorstellen und die Situation herleiten sollen, vermitteln sie dem Leser ein handfestes "London"-Gefühl. Dann geht es nach einem langen Flug zur Insel Neverland. Auf dieser relativ kleinen Insel geht es phantastisch zu: Wilde Tiere durchstreifen die Wälder auf der Suche nach menschlichen Opfern, Indianer auf der Suche nach den Lost Boys oder Piraten und vice versa. Es gibt Feen, Meerjungfrauen und eine alte Frau mit krummer Nase. Die Insel ist der "Realität" gewordenen Wunschtraum eines Jungen. Insgesamt ist das Setting eher eine dekorative Kulisse (Peter Pan ist ein zum Roman überarbeitetes Drama) und damit als Ambiente zu beschreiben.
Neben den schon erwähnten Fabelwesen gibt es noch weitere magische Elemente; so können die Lost Boys fliegen, sie wohnen in einem unterirdischen Haus, in welches man durch Bäume gelangt, und ein Krokodil mit der tickenden Uhr des Piratenkapitäns Hook im Magen, den es jetzt verfolgt, um ihn irgendwann zur Gänze zu verschlingen. Die magischen Elemente verleihen der Geschichte eine traumhafte Note.
Es treten zwar eine ganze Reihe von Figuren auf, doch nur wenige sind wirklich wichtig. Die zentrale Figur ist natürlich der titelgebende Peter Pan; er scheint ein Junge von vielleicht acht oder neun Jahren zu sein und sieht bezaubernd aus. Er hat unzählige Talente: Er kann fliegen, ist ein exzellenter Fechter, kann Stimmen perfekt nachahmen und noch einiges mehr. Doch er ist auch ein Tyrann: Er ist der Anführer, er bestimmt, was gemacht wird und was gewußt wird - wenn er etwas nicht kennt, dann darf es auch kein anderer kennen. Er hat Angst: Einerseits wünscht er sich eine Mutter, andererseits kann er Mütter aber auch nicht ausstehen - Wendy findet sich in dieser Position wieder; sobald Peter fürchtet, seine Mutter zu verlieren, wird er ruppig. Und er ist kühn: Er wählt niemals den einfachen Weg und nimmt jede Herausforderung an. Schließlich vergißt er Dinge, die nicht wichtig für ihn sind: Oftmals entfallen ihm Namen und an vergangene Ereignisse kann er sich fast nie erinnern.
Wendy ist ein junges Mädchen, etwa im selben Alter wie Peter. Einen echten Charakter hat sie noch nicht entwickeln können, sie ist noch am probieren: Einerseits soll sie die Mutter sein und lange Zeit spielt sie diese Rolle auch gerne, doch irgend jemand muß den Vater geben - Peter als Anführer könnte das am besten, aber er verabscheut Erwachsene; andererseits ist sie aber noch ein Kind, benötigt selber noch eine Mutter und vermißt ihre Eltern.
Captain Hook ist ein gar schröcklicher Pirat, grausam, impulsiv und voller Stil; er war einst ein englischer Gentleman und immer noch zählt für ihn vor allen anderen Dingen eines: Haltung bewahren! Er haßt Peter (und die Lost Boys) von ganzem Herzen, denn er kann Peters Tollkühnheit nicht ertragen. Außerdem fürchtet er das Krokodil, denn er weiß, daß es einst sein Verderben sein wird. Schließlich hätte auch er gerne eine Mutter für seine Mannschaft...
Tinker Bell ist eine Fee, die sehr eifersüchtig auf Wendy ist. Und da Feen so kleine Wesen sind, ist in ihrem Herzen nur für jeweils ein Gefühl platz: Tink versucht mit allen Mitteln (es stehen ihr allerdings nicht viele zur Verfügung) Wendy loszuwerden. Daneben treten noch Scharen von blutrünstigen Piraten, edlen Indianern und die tapferen Lost Boys auf; sie sind alle flache, exzentrische Charaktere, die für Teils tragikomischen, Teils groteskem Humor sorgen.
Die Geschichte erzeugt auf unterschiedliche Arten Spannung: Im Vordergrund steht natürlich die Abenteuergeschichte mit dem vielfach verfilmten Kampf zwischen Peter Pan und Hook; da gibt es allerlei aufregende und komische Episoden. Für Erwachsene interessanter ist der ambivalente Peter und das Neverland selbst; er ist ein zu tiefst enttäuschter Junge mit vielen despotischen Eigenheiten von Kindern - ein verzogenes Gör möchte man sagen - doch im Neverland ist er sehr viel mehr. Auch sonst finden sich viele interessante Details im Neverland: So ist z.B. das Töten von Feinden komplett amoralisch - wie im Kinderspiel, aber es sterben Personen. Dann sortiert Peter die zu alt gewordenen Kinder der Lost Boys aus - und die Piraten können sich nicht an ihre Mütter erinnern und wünschen sich selbst eine...
Aber im Kern steht wohl Wendys Konflikt, ihre Zerrissenheit zwischen der Mutterrolle und dem Kind-Sein; leider gibt es hier zu wenig Entwicklungen, es werden einige Konflikte angedeutet und sprungartig gelöst. Auch das Ende ist in dieser Hinsicht etwas unbefriedigend. So bleibt es eine lustige Abenteuergeschichte für Kinder mit vielen Untertönen.
Die Geschichte schildert ein allwissender Erzähler von einer auktorialen Perspektive aus, der mit einer gewissen Regelmäßigkeit sich direkt an den Leser wendet; der Stil ist emphatisch und für den modernen Leser ungewohnt und lyrisch: "And gayest of all was Mrs. Darling, who would pirouette so wildly that all you could see of her was the kiss, and then if you had dashed at her you might have got it." (S. 5) Auch wenn es ein Kinderbuch ist, benötigt man schon etwas Erfahrung, um den Text gut lesen zu können.
(rezensiert von: Theophagos)


Wertung
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Fazit: Der charmant-tyrannische Peter Pan drängt Wendy dazu, die Mutter für die Lost Boys zu sein, eine Rolle, die sie in tiefe Konflikte stürzt; eine lustige Abenteuergeschichte für Kinder mit vielen Untertönen.


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