Worum's geht:
Im England des 15. Jahrhundert
macht der Wissenschaftler John Dee erstaunliche Entdeckungen und träumt
vom Raumflug, vom Erforschen der Sterne...
Alivet Dee, seine Nachfahrin, bewohnt den Planeten Latent Emanation,
auf dem die Menschen unter dem grausamen Joch der Night Lords und ihrer
Priester stehen. Das einzige Ziel der Apothekerin ist es, genügend
Geld zu verdienen, um ihre Zwillingsschwester aus der Sklaverei bei
den Night Lords freizukaufen, doch dann passiert während eines
Experimentes unter ihrer Aufsicht ein Mord, und sie wird zur Gejagten.
Hilfe wird ihr vom seltsamen Arieth Ghairen geboten, der sich als Meister
der Gifte von einem anderen Planeten zu erkennen gibt, dessen Ziel es
ist, die Night Lords zu vergiften. Alivet sieht sich gezwungen, mit
ihm zusammenzuarbeiten - aber kann sie ihm auch trauen?
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Bibliotheka Phantastika verleiht Sterne:
In The Poison Master verbindet Liz Williams das 16. Jahrhundert
mit einer Zukunft (?), in der Menschen auf andere Planeten ausgewandert
sind und sich verändert haben; die Fantasy-Atmosphäre einer
Zivilisation, die sich der Technik, anhand derer sie durchs All gereist
ist, nicht mehr entsinnen kann, mit Krimi-Einschüben, Mystik und
zum Teil stark hervortretenden SF-Elementen.
Die wissenschaftlichen und geschichtlichen Hintergründe des Romans
sind gut recherchiert, wer sich ein wenig mit der Alchemie - mehr Philosophie
und Mystik denn Wissenschaft - beschäftigt hat, wird in Alivets Arbeit
mit verschiedenen Substanzen etliches wiedererkennen; und auch die Weltschöpfungen
und die dort lebenden Menschen erinnern an die Ursprünge wissenschaftlichen
Denkens: Das sumpfige, feuchtkalte Latent Emanation im Gegensatz zum kalten
und trockenen Hathes, der Heimat der Meister der Gifte, und dem heiß-trockenen
Nethes. Williams hat hier eine zum großen Teil überzeugende
Atmosphäre geschaffen, wenn auch gerade zu Beginn viele Wortschöpfungen
aus bekannten Wurzeln, zum Beispiel in den Massen von Pflanzennamen, mit
denen man konfrontiert wird, nicht zum Gefühl einer vagen Vertrautheit
führen, wie es wohl beabsichtigt war, sondern eher verursachen, daß
man sich unter den vielen Begriffen kaum etwas vorstellen kann. Mit fortlaufender
Handlung werden die Konzepte aber verwirrender, und wenn man sich nicht
zufällig schon mit der Kabala auseinander gesetzt hat, wirkt die
Auflösung der Handlung in einigen Belangen sehr krude und unbefriedigend.
Es wäre alles halb so schlimm, wenn nicht auch die Charaktere so
eine zähe Sache wären. Derer wichtige gibt es nur zwei, und
gerade diese beiden und ihre Beziehung können auf weiter Strecke
nicht überzeugen; es fehlt an Intensität. Alivet, die unter
anderem auch die SF-Elemente abmildert, weil sie nichts von der Technik
versteht und alles aus ihrer Sicht mit Verwunderung beschreibt, wirft
in den ersten beiden Dritteln des Romans lediglich Fragen auf. Sie hat
den Nachteil, gar nichts über die Zusammenhänge zu wissen. Gerade
bei einem solchermaßen unwissenden Hauptcharakter, den wenigen wichtigen
Figuren und den seltsamen Umständen (Alivet weiß gar nichts,
die zweite Hauptfigur, Ghairen, dagegen sehr viel), müßte das
Buch eigentlich sehr dialoglastig sein. Das ist es aber nicht, es wird
nur das Nötigste gesprochen. Im Gegenteil, Alivet stellt lediglich
Spekulationen an und macht sich Sorgen, statt daß sie einfach fragen
und den wissenden Gegenüber, der sehr wohl den Kontakt sucht, ins
Gespräch ziehen würde. Eine hinreichende Erklärung für
dieses Verhalten gibt es nicht, und so ist es ein fortwährendes Ärgernis,
daß wirklich sämtliche Handlungen in Schweigen gehüllt
ablaufen.
Gegen Ende des Romans kommt aber trotz dieser Schwäche Spannung auf
- langsam beginnen auch die beiden Hauptcharaktere miteinander zu kommunizieren...
Dennoch versumpfen die vielen guten Konzepte und vor allem die schöne
Atmosphäre allzu sehr zwischen den unverständlichen und distanzierten
Figuren.
(rezensiert von: mistkaeferl)
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