Worum's geht:
2000 Jahre nach der ersten Apocalypse, bei der fast die gesamte
Bevölkerung der Welt Eärwa von dem No-God Mog vernichtet wurde,
ruft der Vorsteher der inrithischen Kirche einen heiligen Krieg gegen
die Fanim aus. Während sich die Gläubigen zum Krieg in der Stadt
Momemn sammeln, werden eine Reihe ganz unterschiedlicher Personen in den
Sog der Ereignisse hineingezogen:
- Drusus Archamian ist Mitglied der "Mandate", die seit der
Apocalypse mit ihren magischen Fähigkeiten gegen die Anhänger
des No-God kämpfen, und soll als Spion Informationen über die
Allianz der Inrithischen Kirche mit einer der weiteren magischen Schulen
sammeln.
- Esmenet ist eine Prostituierte, die Archamian liebt.
- Cnaiür ist ein Clansmann von der Steppe nördlich der menschlichen
Königreiche, der seit Jahren auf Rache für den Tod seines Vaters
sinnt.
- Anasûrimbor Kellhus ist ein Mönch der Dûnyain, deren
Lehre auf vollkommender Logik und der Verdrängung menschlicher Gefühle
liegt. Durch seine Fähigkeiten ist er in der Lage, Menschen in radikaler
Weise zu beeinflussen. Er ist auf der Suche nach seinem Vater.
Neben diesen Hauptcharakteren gibt es weitere Personen, aus deren Sicht
die Handlung geschildert wird, die versuchen den bevorstehenden heiligen
Krieg für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.
Doch Archamian findet Hinweise dafür, dass die "Consult",
die Anhänger des No God, noch immer im Hintergrund ihre Netze weben
könnten. Steht die prophezeite zweite Apocalypse bevor?
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Warum's so gut
ist:
The Darkness That Comes Before ist ein sehr komplexes Buch, mit
Unmengen von historischen und kulturellen Informationen über die
Welt Eärwe und einer unzählbaren Anzahl von fremdklingenden
Namen und Bezeichnungen. Entsprechend schwierig ist der Einstieg in das
Buch. Man fühlt sich unvorbereitet ins eiskalte Wasser geworfen und
den wirklichen Sinn und Inhalt der beiden Prologe und der ersten Abschnitte
des ersten (von insgesamt fünf) Teilen wird man wahrscheinlich erst
beim zweiten Lesen erfassen. Leser, die einen beruhsamen, erklärenden
Einsteig bevorzugen, könnte dieser Beginn doch sehr abschrecken.
Doch mit Hilfe des Anhangs und der Karten wird man sich spätestens
in der Mitte des ersten Teiles in das Buch und die eigenartige Welt hineingefunden
haben und kann endlich in vollem Maße die sehr umfangreiche und
ausgereifte Story genießen. Die Handlung enthält viele Elemente
der historischen Kreuzzüge und beinhaltet aus diesem Grund auch eine
Reihe von religiösen Elementen. Als wirklich spannend kann man die
Story zwar nicht bezeichnend, auch wenn einige Actionszenen und Kämpfe
durchaus vorkommen, der Hauptaugenmerk liegt eher auf den Gesprächen
der Charaktere, Erinnerungen an die Vergangenheit der Hauptpersonen und
Vermittlung der Informationen über die verschiedenen Fraktionen,
als auf großer tatsächlicher Handlungsbeschreibung. Durch diesen
Schreibstil bleibt die Welt selbst etwas blass, man kann sich nur schwer
in die Situationen selbst hineinversetzen. Hierbei merkt man dann auch
deutlich, dass es sich um den ersten Teil einer Trilogie (dieser Trilogie
werden übrigens noch zwei weitere, inhaltlich eigenständige
und zeitlich abgetrennte, Trilogien, die auf derselben Welt spielen und
den selben Grundkonflikt zugrunde liegen haben, folgen) handelt, in dem
vor allem die Charaktere dargestellt und die Ausgangssituation der Story
für die nächsten beiden Bücher bereitet werden soll. Dennoch
ist die Handlung interessant und legt vor allem in den letzten beiden
Teilen des Buches an Tempo zu.
Highlight des Buches ist wohl die Charaktergestaltung. Bakker ist einfach
meisterhaft in der Fähigkeit, seine Hauptpersonen unglaublich lebendig
darzustellen, wodurch die Nebencharaktere im Vergleich aber leider etwas
in der Gestaltung zurückbleiben. Durch die fast schon typische Beschreibung
der Handlung aus der Sicht einer ganzen Reihe von Charakteren hat man
auch die Möglichkeit, die Charaktere aus verschiedenen Blickwinkeln
zu betrachten. Besonders das Wechselspiel zwischen Kellhus und Cnaiür
im späteren Verlauf des Buches ist dabei brilliant. Die Brutalität
(das Buch ist wohl auch eher für etwas ältere Leser zu empfehlen),
die ein Charakter, den man eigentlich als symphatisch, oder um den vielbemühten
und kaum mehr angebrachten Begriff noch einmal zu verwenden, als gut
empfand, plötzlich aus der Sicht eines anderen Charakters zeigt,
ist fast schon schockierend. Hier übertrifft Bakker auch einen George
R. R. Martin, bei dem diese Personenbetrachtung aus verschiedenen Blickwinkeln
durch die geografische Abgetrenntheit der Personen einfach zu selten zustande
kommt.
Doch der Vergleich mit George R. R. Martin ist sowieso eigentlich eher
schlecht gewählt. Bakker ähnelt in Schreibweise und vor allem
auch der Gestaltung seiner Welt in Bezug auf Magie und die verschiedenen
Fraktionen und Allianzen vielmehr seinem kanadischen Landsmann Steven
Erikson und dessen A Tale of the Malazan Book of the Fallen-Serie,
als dem Amerikaner. Bakker darf nur nicht den Fehler machen und mit den
nächsten Büchern ein Werk schaffen, dass sich doch letzendlich
nur um den epischen Kampf des Guten gegen des Bösen dreht. Die Gefahr
ist durchaus gegeben, aber eigentlich kann ich mir dies nur sehr schlecht
vorstellen.
Letzendlich lässt sich also sagen, dass Bakker gleich mit seinem
Debütroman ein glanzvolles Werk hingelegt hat, dass sich vor den
großen Büchern des Genres nicht verstecken muss. Aufgrund der
Schwächen bezüglich der Einleitung des Buches und der Weltgestaltung
(bei der sich Bakker für meine Begriffe dann doch etwas zu stark
an Tolkien orientiert) ist ein kleiner Punktabzug dennoch angemessen.
Aber ich denke, Bakker hat durchaus noch das Potenzial sich in gewissen
Punkten zu steigern.
(rezensiert von: Rhaegar)
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