DER ADRESSIERTE JUNGE

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Wertung: 5 von 5
1 Rezension
-Beinahe hatte ich den Willen verloren, doch jetzt werde ich es tun, und morgen schon bin ich kein Sterblicher mehr, sondern fast ein Gott, der unbemerkt unter euch Menschen lebt.-
Todestag
Zyklus/Band -
Autor Boris Koch
Übersetzung -
Erscheinungsjahr 2005
Verlag Eloy Edictions, Reihe Amygdala
ISBN 3-938411-01-5
Subgenre Phantastik
Seitenzahl 104
Probekapitel -
Worum's geht:
Ein Okkultist versucht den Tod zu überlisten, indem er vorher Selbstmord begeht. Ein Griechenlandreisender entdeckt einen geheimen Ort, der ihn nicht wieder losläßt. Der Tod des Sohnes und das gleichzeitige Erscheinen einer geheimnisvollen Madonna zerreißt eine Familie.
5 Kurzgeschichten von Boris Koch:
- Todestag
- Der adressierte Junge
- Poteideia
- Aus den Reisenotizen des Jonathan Mommsen
- Die Mutter der Tränen

Bewertet mitSternen (Besucher-Rezension):
Todestag:
Der deutsche Kriegsflüchtling Ernst Wagner macht in London die Bekanntschaft eines Okkultisten, der behaupted den Tod überlisten zu können, indem man ihm zuvorkommt. Nach dessen Selbstmord und vermeintlichem Wiederauftauschen versucht Wagner mit Hilfe alter Aufzeichungen und einer sonderbaren Maschine ebenfalls seinen Todestag vorauszusagen, in der Absicht diesen vor zu verlegen.
Eine wunderbar altmodische Geschichte mit einem, zwar vorhersehbaren, aber dennoch schönen Twist am Ende.
Der adressierte Junge:
Sebastians Vater ritzt ihm eine Adresse in Kanada in die Stirn um ihn bei Ungehorsam dorthin zu verschicken. Nach einem brutalen Streit der Eltern reagiert Sebastian so, wie er es tagtäglich sieht.
Ein - leider nur wenig - überspitztes Spiegelbild vieler Familien. Boris Koch gelingt es meisterhaft, die Ereignisse durch die unschuldigen Augen von Sebastian zu filtern, was die Wirkung noch wesentlich verstärkt. Schmunzelt man zu Anfang noch über das "Verschwinden" von Sebastians Schwester, bleibt einem das Lachen bald im Hals stecken. Trotz ihrer Kürze überraschend zupackend, brutal und eindringlich aber nicht hoffnungslos.
Poteideia:
Ein Griechenlandtourist entdeckt während einer Zugfahrt einen verlassenen Bahnhof und scheitert daran, diesen Ort wieder zu finden.
Die Geschichte läßt sich viel Zeit zur Entwicklung und auch nach Abschluß steht der Leser so betäubt und ratlos da wie unser Reisender.
Surreal und blumig im positiven Sinne. So leichtfüßig und entspannend, dass man nach Abschluß erstmal daraus "aufwachen" muß. Man glaubt während der Lektüre wirklich die Sonne Griechenlands zu spüren. Ganz großes Kompliment.
Aus den Reisenotizen des Jonathan Mommsen:
Ein schöner Zweiseiter, der wohl als Gleichnis auf das Sicherheitsbedürfnis unserer Kultur und auf die "Freiheit im Rahmen der Möglichkeiten" zu verstehen ist.
Die Mutter der Tränen:
Nach dem Tod des Sohnes erscheint dessen Vater wiederholt eine geisterhafte Madonna die ihn immer mehr in ihren Bann zieht.
Auch hier wird Boris Kochs Einfühlungsvermögen wieder überdeutlich. Man beachte die alltäglichen Schilderungen des Familienlebens. Ebenso die absolut nachvollziehbaren Verhaltensweisen der Familienmitglieder nach Thomas' Tod. Auf dieser äußerst realistischen Basis wird eine phantastische Geschichte aufgebaut, die durch den Kontrast um so erschreckender ist. Es bleibt unklar, ob das Erscheinen der Madonna wirklich ist oder lediglich im Kopf von Thomas' Vater stattfindet.

Jenseits aller gängigen Horrorfiguren und -klischees bietet "Der adressierte Junge" einen schönen Querschnitt aus leicht (Todestag) und schwer (Der adressierte Junge) verdaulicher Kost. Das ist natürlich im besten Sinne zu verstehen.
Boris Koch gilt zu recht als Autor, der in die Tiefe seiner Figuren eindringt und diese dem Leser so nahe bringt. Manchmal unangenehm nahe. Aber auch dafür ist Phantastik da.
Ich kann dieses Buch nur jedem empfehlen, der sich nicht nur durch Vampire und Monster "berieseln" lassen will. Sehr gut und sehr schnell zu lesen und trotzdem mit nachhaltiger Wirkung.
Drei der fünf Geschichten wurden zuvor schon veröffentlicht. Leider kenne ich die Originale alle nicht, so daß ich nicht vergleichen kann. Es ist schön, daß die Stories für veröffentlichung bei Eloy Edictions überabeitet wurden und hier keine plumpe Zweitverwertung, wie an vielen anderen Stellen, stattfindet.
Das Cover, sowie das Logo von Eloy Edictions wirken etwas überholt. Das könnte man sicherlich noch moderner gestalten. Das sollte allerdings nicht der Grund sein, das Buch liegen zu lassen.
Noch ein Wort zum Verlag Eloy Edictions, der gerade seinen Einstand gegeben hat.
Sieht man sich die Webseine www.eloyed.com an, wird klar, dass der Verlag Großes vor hat. Eine Planung bis 2009 ist dort zu finden, darunter etliche Gewinner von Phantastik-Awards aus Übersee, sowie vielversprechende deutsche Autoren.
Man kann diesem Verlag nur viel Erfolg wünschen, und das sich die Pläne für die Zukunft verwirklichen lassen.
(rezensiert von: Greyshirt)

Wertung
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Fazit: Eines der überraschendsten und damit besten Bücher, die ich in letzter Zeit gelesen habe.


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