Worum's geht:
Cija ist die Gemahlin des Feldherren Zerd, der sich mit einem Heer ungewünschter
Bürger des Nordreichs auf eine Selbstmordmission geschickt wurde.
Er ist der Renegat, dem es gelang sich auf den Thron von Atlantis zu setzen.
Cija ist nun seine Kaiserin, doch schon zu Friedenszeiten ist deren Beziehung
problematisch, als aber das Heer des Nordreichs mit Sedili, Zerds erster
Gemahlin, an der Spitze und dann das Heer der Waldmenschen mit Lara, Zerds
zweiter Gemahlin, an der Spitzein Atlantis landen, gegen die Zerd nur
noch die Reste seines alten Heeres setzen kann, muß Cija aus dem
Weg - zumal sie einen Bastard gebar, der Zerd so unähnlich sieht...
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Bibliotheka Phantastika verleiht Sterne:
Das Geschehen findet auf dem prähistorischen Kontinent Atlantis statt,
welches Zerd im Band Der Drache "erobert"
hatte. Atlantis selbst hat zwei Gesichter: Zum einen ein Gewöhnliches
mit einsamen Herbergen in der Wildnis, die als Bordell fungieren, Bauern,
die Rüben anpflanzen, umherstreunenden Wegelagerern und gefährlichen
Tieren in den weiten Wäldern - diese Seite unterscheidet sich nicht
wesentlich vom Nord- oder Südreich. Der Alltag ist überall vom
sozialen Stand abhängig, sonst aber gleich. Die Darstellung Atlantis'
erinnert mich vage an die minoische Palastkultur.
Daneben existiert aber noch ein altes, mystisches Atlantis: Die Tiere
in den Wäldern sind nicht bloß tumbe Dinosaurier oder Mastodonten,
es gibt auch gewaltige Wölfe, die etwas Geheimnisvolles an sich haben
und Teil einer größeren Gemeinschaft sind, es gibt Atlantiden,
die besser unterrichtet sind, als es scheinbar möglich ist, einige
haben sonderbare Fähigkeiten, so tritt der Flötenspieler wieder
auf und eine Hexe weiß über Tränke gut bescheid. Diese
magischen Elemente sind nur schwer zu greifen und niemals genau einzuschätzen
- eine originelle und durchaus gelungene Darstellung. Von der alten, fortschrittlichen
Wissenschaft ist nicht mehr viel geblieben, es tritt aber ein alter Gelehrter
auf, der Frankensteins Monster zu schaffen vermag. Diese Passagen sind
zwar unangenehm zu lesen, das Vorbild ist aber zu deutlich zu erkennen.
Als Autorin des Tagebuchs, in dessen Form die Geschichte verfaßt
ist, steht Cjia erwartungsgemäß im Mittelpunkt. Sie ist keine
aktive Figur; zumeist reagiert sie nur auf veränderte Umstände,
selten zeigt sie echte Initiative - die dann für gewöhnlich
schnell scheitert. Ihr Verhalten paßt dazu: Entweder versucht sie
zu flüchten oder sie bemüht sich anzupassen, die Lage zu ihren
Gunsten zu verändern versucht sie nie. Viel Raum wird dem Gefühlsleben
Cijas gewährt, welches bisweilen recht verwirrend ist. Zu Beginn
taucht ihr Halbbruder Smahil kurz auf. Ihre Gefühle ihm gegenüber
sind zwiespältig - sich erinnert sich an die inzestuöse Geborgenheit,
welche die Beiden teilten und liebt ihn dafür, gleichzeitig verabscheut
sie ihn, sich und das Kind, das aus dieser Beziehung hervorgeht, dafür.
Auf die vielen Grausamkeiten, die er ihr antat, wird kaum Bezug genommen.
Eigenartig ist auch, wie sie ihr feindlich gesonnenen Leuten in den absurdesten
Situationen noch gefällig sein will - Cija, so scheint es, hegt niemals
Rachegedanken. Nun gibt es derartige Personen wohl, aber er gelingt der
Autorin nur begrenzt, dieses nahezubringen. In ihrem Leben treten unzählige
Figuren auf: Ihr Gemahl Zerd, der Kaiser von Atlantis in prekärer
Situation, den sie zugleich liebt und verabscheut; ihre zwei Kinder Nal,
der Sohn Smahils, und Seka, die Tochter Zerds, die sie beide auf distanzierte
Weise liebt; Wahnsinnsfaust, ein atlantischer Räuber, den sie irgendwie
anziehend findet, Narbe, ein Strolch aus ihrem Gefolge, den sie verabscheut
und Sedili, Zerds erste Gemahlin, die sie zugleich verehrt und haßt,
neben weiteren. Die Figuren sind alle ambivalent, keiner ist bloß
gut oder böse - dieses läßt sie aber nicht immer plausibel
handeln. Hier sei ein Wort der Warnung gesagt: Cija ist eine unzuverlässige
Erzählerin, je nach Stimmung bewertet sie die Dinge unterschiedlich.
Manches mal mag das unplausible Verhalten auch dem Unvermögen Cijas
die Personen richtig einzuschätzen geschuldet sein.
Von einem Plot läßt sich in dieser Geschichte nur begrenzt
sprechen, da Cija eine ungewöhnlich passive Figur ist, die für
gewöhnlich bloß auf veränderte Umstände reagiert.
So wird sie schließlich von den Handlungen Anderer und zufälliger
Ereignisse umhergetrieben. Es ist eine Odyssee durch die Schattenseiten
von Atlantis aus der Opferperspektive. Nur wer die Darstellung des massiven
Leidens von Hauptfiguren schätzen kann, sollte sich hier herantrauen
- wem Frodos Qualen zu penetrant waren, der sollte einen großen
Bogen um Cija machen - sie wird verprügelt, vergewaltigt und immer
wieder gedemütigt. Die Zufälle nehmen einen ähnlich großen
Raum wie in der ersten Geschichte ein, nur wird dieses Mal Cijas Göttlichkeit
nicht bemüht - eine bessere Aufklärung gibt es aber auch nicht.
Es mangelt deutlich an plausiblen Verknüpfungen der Ereignisse. Das
offene und unbefriedigende Ende paßt zur Geschichte. Der Leser bleibt
oftmals im Unklaren, manches Mal ist das vorteilhaft - wie bei den magischen
Elementen, vielfach jedoch eher lästig. So fragt sich der Leser,
warum das erste Kapitel von Narbe erzählt wird oder was aus Juzd
geworden ist. Es bleibt im Dunkeln. Ärgerlich ist auch, das der dritte
Teil nicht sauber an den zweiten anknüpft. An dessen Ende hatten
Zerds Soldaten der mächtigen Reiche im Norden und Süden bezwungen,
am Anfang dieses Teils aber ist das Südreich plötzlich bedeutungslos
geworden, dafür droht die Armee der Waldstämme, die vormals
sehr unorganisiert waren, und die des Nordreiches Zerd zu besiegen.
Wer nun die geteilte erste Geschichte (1/2)
kennt, wird sich fragen, warum er diese Fortsetzung lesen sollte; auch
wenn die Handlung schneller voranschreitet, ist die Geschichte nicht spannender,
während es in den Vorgängern auch lange Erläuterungen gab,
hielten diese den Verlauf nicht auf - hier schildert die Erzählerin
sich in einer lebensgefährlichen Situation befindend schon einmal
über eine Seite das gepflegte Äußere der Feindin. Auch
endet die erste Geschichte deutlich runder. Nur wer ein Interesse an Cija
entwickelt hat oder eine werdende bzw. junge Mutter durch ihre Leiden
begleiten mag, braucht die Fortsetzung zur Hand nehmen.
Der Stil ist immer noch gut und angemessen, aber viel zu poliert - er
klingt weniger nach Tagebuch als nach Roman.
(rezensiert von: Theophagos)
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