Worum's geht:
Das Buch besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil konstatieren die Autoren,
daß der Glaube an Engel im Gegensatz zum Glauben an Drachen, Feen
oder Elfen salonfähig ist. Sie berichten über die verschiedenen
Theorien wie Engel geschaffen werden, woher sie kommen und welche Vorstellungen
die verschiedenen Religionen von Engeln vermitteln. Der zweite Teil zeigt,
wo Engel uns im Alltag begegnen. Die Themen reichen von Die Engel in
der Kunst, Engel im Film über Engel in Sage und Volksglaube, Schutzengel,
Nahtoderfahrungen bis hin zu Engelssegen und Gebete. Im dritten
Teil geht es um den spirituellen Aspekt. Er beschäftigt sich mit
den Engeln des New Age, mit den fragwürdigen Methoden des Engelwerks,
berichtet davon, wie Menschen Schutzengel in ihr Leben einbeziehen und
fragt danach, warum Menschen so gerne an Engel glauben. Wer sich weiter
mit dem Thema befassen möchte, findet im Anhang ausführliche
Bibliographien, Quellen- und Abbildungsnachweise und ausgewählte
Internetseiten.
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Bibliotheka Phantastika verleiht Sterne:
Wer Das Buch der Engel zur Hand nimmt, darf sich auf manche Überraschung
gefaßt machen und wird feststellen, daß sich das heute vorherrschende
Engel-Bild vom lieblichen, stets gütigen und schützenden, geflügelten,
himmlischen Wesen, so nicht oder kaum in den Überlieferungen der
drei großen monotheistischen Religionen findet. Man erfährt,
daß Voltaire nicht die Ansicht derer teilte, die behaupten, Engel
seien ätherische Wesen ohne Leiber da sie doch tranken und aßen,
und da die Einwohner von Sodom doch die Sünde der Päderastie
mit den Engeln begehen wollten, die zu Lot kamen. Um Euch hektisches
Umherblättern in der Bibel zu ersparen: Voltaire bezieht sich hier
auf das 19. Kapitel der Genesis: Die beiden Engel kamen am Abend nach
Sodom. Lot saß im Stadttor von Sodom
Er redete ihnen aber so
lange zu, bis sie mitgingen und bei ihm einkehrten
Sie waren noch
nicht schlafen gegangen, da umstellten die Einwohner der Stadt das Haus,
die Männer von Sodom, jung und alt, alles Volk von weit und breit.
Sie riefen nach Lot und fragten ihn: Wo sind die Männer, die heute
abend zu dir gekommen sind? Heraus mit ihnen, wir wollen mit ihnen verkehren
Da
streckten jene Männer die Hand aus, zogen Lot zu sich ins Haus und
sperrten die Türen zu. Dann schlugen sie die Leute draußen
vor dem Haus, groß und klein mit Blindheit, so daß sie sich
vergebens bemühten den Eingang zu finden. (Einheitsübersetzung)
Diese Engel sind ganz offensichtlich keine süßlichen, sanftmütigen,
geschlechtslosen Wesen mit Flügeln, sondern attraktive Männer,
die zu rabiaten Mitteln greifen, um Lot, seine Familie und sich selbst
zu schützen und sie sind keineswegs die Ausnahme. Ein anderer Engel,
der im Alten Testament erwähnt wird, erschlägt auf Geheiß
des Herren 185.000 Assyrer, laut islamischer Überlieferung hat der
Engel Gabriel den Propheten Mohammed beinahe bis zur Bewußtlosigkeit
gewürgt, als der sich weigerte, den Menschen die göttliche Offenbarung
vorzutragen und eine jiddische Geschichte erzählt davon, wie ein
Engel einen Bischof veranlaßte, eine eidesstattliche Erklärung
zu unterschreiben, daß er niemals wieder einen Juden verbrennen
lassen wolle: Der Engel sorgt dafür, daß einige tausend Christen,
die offensichtlich vom rechten Glauben abgekommen sind und einen Hahn
anbeten, tot umfallen, worauf der verzweifelte Bischof bereit ist, alles
zu unterschreiben, was ihm vorgelegt wird. Solchen Engeln möchte
man genauso gern begegnen wie Schutzgelderpressern der Mafia. Viele Engelforscher
sind daher auch der Auffassung, daß das Wort Engel (Bote) ursprünglich
ein Amt bezeichnete und erst später zu einem Gattungsbegriff wurde.
Warum menschlich aussehende Botschafter Gottes plötzlich Flügel
bekamen, erläutern die Autoren unter anderem in dem Kapitel Englische
Verwandtschaft. Dort stellen sie eine Reihe mythischer Wesen anderer
Völker vor, die Ähnlichkeiten mit Engeln besitzen, weisen aber
gleichzeitig darauf hin, daß die Forschung sich keineswegs darüber
einig ist, wieviel und welchen Einfluß diese Mythen auf unsere Vorstellung
von Engeln genommen haben. Auch hier beschränken sich die Autoren
wie meist darauf, die verschiedenen Auffassungen über Engel darzustellen.
Sie ergreifen keine Partei, sondern legen anhand von zahlreichen Quellen
dar, wie Engel in verschiedenen Religionen, in Kunst, Literatur, Film
und in der Esoterik gesehen werden. Allerdings durchzieht das ganze Buch
ein spöttischer, manchmal süffisanter Unterton, der weder vor
Gott, dem Papst noch den Engeln halt macht, auch nicht vor denen, die
ihre Auffassungen von Gott und den Engeln irgendwann einmal mit dem Anspruch,
die alleinseligmachende Wahrheit zu besitzen, öffentlich kundgetan
haben. Dieser ironische Unterton macht Das Buch der Engel zu einer
unterhaltsamen Lektüre, führt aber auch zu der Frage, wie ernst
die Autoren ihr Thema, ihre Leser und sich selbst nehmen. Nur wenn sie
persönliche Erlebnisse von Menschen zitieren, wie Nahtoderfahrungen
oder Kriegserlebnisse, dann fehlt dieser alles ein wenig ins Lächerliche
ziehende Tonfall völlig und macht einem spürbaren Respekt für
die als authentisch erlebte Erfahrung Platz.
(rezensiert von: Top
Dollar)
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