DIE EHEN ZWISCHEN DEN ZONEN DREI, VIER UND FÜNF
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1 Rezension
-Gerüchte zeugen Klatsch; aber in noch höherem Maße zeugen sie Lieder.-
Zyklus/Band Canopus im Argos: Archive (2)
Autor Doris Lessing
Original The Marriages Between Zones Three, Four, and Five
Erscheinungsjahr 1980, dt. 1984
Verlag S. Fischer Verlag
ISBN 3-10-043907-4
Subgenre Phantastik / utopischer Roman
Seitenzahl 302
Probekapitel -
Worum's geht:
Al·Ith, die Königin der Zone Drei, reitet durch ihr Land und kennt es kaum wieder: Die Fröhlichkeit scheint gewichen, die Tiere und Menschen leiden und pflanzen sich nicht mehr fort. Plötzlich erreicht sie eine Botschaft wie ein Befehl: Sie muss Ben Atar, den König der Zone Vier heiraten. Al·Ith ergibt sich in ihr Schicksal und reitet von den Soldaten eskortiert hinab ins Tiefland, hinab in eine Umgebung, deren Luft sie nicht atmen kann. Nur in dem auf Anweisung der Versorger erbauten Pavillon kann sie leben und kann die Ehe vollzogen werden. Aber Ben Atar ist ein Bär von einem Mann, Militarist reinsten Wassers und kernig, um nicht zu sagen ungehobelt, bisweilen brutal. Langsam setzt sich Al·Iths feine Kultur gegen ihn durch und er wird verwandelt. Aber auch die Königin verändert sich und entfremdet sich ihrem Volk. Einige Trennungen erfolgen, aber das wachsende Kind bewirkt gegenseitige Annäherung. Beide verlieren viel und gewinnen viel. Ben Atar zweifelt am Sinn des Militärs immer mehr, vor allem als er bemerkt, dass sein Land fast alle Ressourcen brach liegen lässt. Nach der Geburt des Sohnes kehrt Al·Ith in ihr Land zurück, wird dort nicht mehr erkannt, bemerkt aber immer deutlicher, dass auch ihre so verfeinerte Kultur etwas ganz wesentliches verloren hat, das sie letztlich in Zone Zwei zu suchen und finden gedenkt. Ben Atar hingegen wird zu einer weiteren Ehe genötigt und findet sich plötzlich in der Rolle wieder, die Al·Ith für ihn hatte - mit spannenden Konsequenzen.
Bewertet mitSternen (Besucher-Rezension):
Das Buch ist eine einzige große Allegorie. Die Zone Drei ist stark matriarchalisch geprägt, die Frauen tonangebend. Die Kinder haben einen Gen-Vater und weitere spirituelle Väter, deren Gegenwart schon während der Schwangerschaft gebraucht wird. Zone Vier ist ein Militärstaat, in dem alle Männer vom Jugendlager bis zum hohen Alter Krieg spielen, denn eigenartigerweise wird fast keiner geführt. Der größte Teil des Staatshaushalts fließt in die Militärmaschine. Zone Fünf ist wüstenhaft, chaotisch organisiert - zumindest in den von Nomaden bevölkerten wüstenhaften Randgebieten. Dort aber werden Lieder spontan entwickelt, improvisiert. In Zone Vier darf niemand zum Bergland von Zone Drei aufblicken, damit keine Sehnsüchte aufkommen können, aber die Frauen haben ihre eigenen Rituale, die völlig außerhalb der Männerwelt stehen. Sie blicken hoch und singen, ihre Lieder sind jedoch fest tradiert.
Der Chronist aus Zone Drei tritt namenlos auf, fungiert aber gelegentlich als Ich-Erzähler und schildert die Szenen, wie er sie telepatisch erlebt aus dem Kollektivgedächtnis. Daneben gibt er die Gemälde wieder, wie die eine oder andere Szene bildhaft umgesetzt wird in Zone Drei der Gegenwart. Das wirkt fast wie ein Filmschnitt, eine interessante Technik.
Die großen gesellschaftlichen Probleme unserer Gegenwart sind hier vereinfacht, aber auch übertrieben dargestellt. Ein Ausgleich ist über die Führungspersönlichkeiten möglich, ein manchmal schnell ablaufender Wandel bleibt jedoch nur oberflächlich, die grundlegende Veränderung dauert lange. Die Botschaft ist kultureller Ausgleich, ohne den eigenen Kern aufzugeben und zu verlieren. Sie kommt auch nach über zwanzig Jahren noch an, die Qualität des Werkes macht dies möglich. Es ist viel versteckter Humor zu bemerken, viele Zwischentöne, die Charaktere verändern sich und mit ihnen die Gesellschaften, diese allerdings mit ihrer eigenen Trägheit. Al·Ith sehnt sich in ihrer letzten Lebensphase nach Zone Zwei, ohne sie dauerhaft betreten zu können. Ihre Bewohner sind mit physischen Augen nicht wahrnehmbar. Dies und dass dieses Land noch höher als das Bergland Drei liegt, ist auch ein Bild für die nächste, an die physische Welt angrenzende Sphäre. Ein Motiv aus Lessings damaliger Lebensphase tritt deutlich hervor: Ehen sind Zeitgestalten und haben mit Liebe nicht immer viel zu tun, zudem bieten sie Experimentierspielraum und Sex ist zwar wichtig, aber längst nicht alles. Die Schilderungen der Begegnungen und auch Konflikte sind deutlich, bleiben aber sprachlich und inhaltlich auf hohem Niveau, nie platt.
Nachbemerkung: Die Wirkung des Buches lässt sich auch daran ermessen, dass es Grundlage der Oper von Philip Glass wurde: "Lieblose Ehen in Zone Vier", aufgeführt 1997 in Heidelberg.
(rezensiert von: wolfcrey)
Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
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Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

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Fazit: Eine großartige Allegorie auf die gegenwärtigen Gesellschaftssysteme.


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