Worum's geht:
Die Menschen des Wegvolkes sind Nomaden mit dunkler Haut und schwarzem
Haar, die Türen, Häuser und Mauern verachten. Corleu gehört
zu diesem Volk, obwohl sein Haar die Farbe des Mondes hat. Als Corleu
mit einigen Angehörigen seines Volkes und seiner Geliebten Tiel,
auf dem Weg ins Winterquartier in einem unirdischen Sumpf gefangen wird,
der außerhalb der Zeit liegt, betritt er jenes Haus, das die Schwelle
zu einer anderen Welt bildet. Von dort macht er sich auf die Suche nach
einer Legende - nach dem Herzen des Schwans. Denn nur, wenn er diesen
sagenhaften Schatz findet, kann er sein Volk und seine Geliebte retten.
In den Sümpfen des südlichen Deltas stolpert er in das Haus
der undurchsichtigen und rätselhaften Zauberin Nyx, die sich hier
für einige Zeit niedergelassen hat, um die Geheimnisse des Sumpfes
zu studieren. Er bleibt bei ihr und lernt von ihr Dinge, die ihm helfen,
die entscheidenden Hinweise zu seinem Ziel aufzuspüren. Am Ende wird
diese seltsame Suche für Corleu auch zu einer Reise zu seinen eigenen
familiären, elementar-magischen Wurzeln an deren Ende er vieles über
sich selbst erfährt
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Bewertet mit Sternen
(Besucher-Rezension):
Dieses Bändchen aus dem Bastei-Lübbe-Verlag gehört nicht
gerade zu den Veröffentlichungen, zu denen man in der Buchhandlung
sofort greifen würde:
Es ist eher kleinformatig. Das kitschige Cover ist unscharf und in dunklen,
unauffälligen Farben gehalten. Die handwerkliche Umsetzung des "Innenlebens"
wirkt ebenfalls eher, als ob man das Büchlein als Lückenfüller
im Sommerloch anno 1991 schnell auf den Markt geworfen hätte: Es
gibt keine Landkarten, keine Bilder und kein Glossar - nicht einmal netter
kleiner Zierrat in Form von besonders gestalteten Anfangsbuchstaben oder
dergleichen findet sich in dieser Ausgabe. Lediglich die einzelnen "Bücher"
in diesem 316 Seiten umfassenden Roman werden durch eigene Titelblätter
mit geschwungener Schrift eingeleitet. Das ist aber auch schon alles,
und es ist vermutlich obendrein noch schlecht bis gar nicht lektoriert
worden, denn in den Kapiteln finden sich zum Teil gravierende Fehler.
Nicht gerade gute Voraussetzungen, um zu einem Bestseller zu werden, und
auf den ersten Blick lädt es nun wirklich nicht zum Schmökern
oder gar zum gemütlichen Lesen ein. Man sollte sich dennoch nicht
von dem unattraktiven Äußeren von Patricia McKillips Roman
Die Zauberin und der Schwan abschrecken lassen, andernfalls versäumt
man den Beginn des märchenhaft-poetischen Zweiteilers Cygnet.
Es ist ein Roman mit einer interessanten Idee: Der Junge Schwan
ist das Wappenzeichen von Ro Holding. Unter diesem Zeichen sind vier Länder,
die so genannten Holds, vereint, die jeweils ein eigenes Wappenzeichen
tragen: Hunter Hold das Zeichen des Goldenen Königs, Withy
Hold das Zeichen der Blinden Lady, Berg Hold das Zeichen der Tänzerin
mit dem Feuerbären und schließlich Delta Hold mit dem Zeichen
des Blutfuches. Diese Wappenzeichen der vier Holds werden auf merkwürdige
Weise gleichsam lebendig, um sich gegen den Jungen Schwan zu vereinigen
und zum Werkzeug ihres Plans wählen sie Corleu, einen Angehörigen
des Häuser und Türen verachtenden Wegvolkes. Er muß dieses
sagenumwobene Kleinod finden, andernfalls bleibt seine Geliebte in einem
unirdischen Sumpf außerhalb der Zeit gefangen. Der Goldene König
hat sie, Corleu und einige Mitglieder des Wegvolkes in diesen Sumpf gelockt
und verlangt nun von Corleu, er möge das Herz des Jungen Schwans
finden. Ihm bleibt nichts anderes übrig und so macht er sich verzweifelt
auf die Suche und stößt dabei bald auf das seltsame Haus der
Zauberin Nyx im Sumpf von Delta Hold
Man taucht ein in diese Geschichte. Mit poetischen Worten beschreibt Patricia
McKillip das Reich Ro Holding. Alles wirkt zum Greifen nah und gleichzeitig,
wie in einem Traum, unwirklich und weit entrückt. Diese Atmosphäre
durchzieht den ganzen Roman und sie sorgt dafür, daß man schon
nach ein paar Sätzen für seine Umgebung kaum noch ansprechbar
ist.
Die traumgleiche Suche nach dem Herzen des Jungen Schwans entwickelt
sich für Corleu auch zu einer Suche nach sich selbst. Während
er auf dieser Suche der Spur des kostbaren Kleinods immer näher kommt,
erfährt er auch manches über sich selbst. Er sieht seine Fähigkeiten,
die er bislang nicht richtig einordnen konnte, oder die ihm bislang verborgen
geblieben waren im Lauf der Zeit immer klarer und deutlicher und ihm wird
langsam bewusst, wer er wirklich ist
Nicht nur die Atmosphäre des Romans wirkt traumhaft und unwirklich,
sondern auch die Figuren haben etwas eher mystisch-feenhaftes an sich:
Corleu, der Wegvolkmann, Lauro Ro, die Herrscherin mit ihren drei so unterschiedlichen
Töchtern Iris, Calyx und Nyx, Meguet, eine Nichte der Herrscherin
und Hew, der Torwächter, sind alle auf den ersten Blick menschlich
mit normalen Bedürfnissen nach Schlaf, Essen und Trinken und nach
einem warmen Mantel gegen die Kälte. Bei genauerer Betrachtung verfügen
sie jedoch alle über Fähigkeiten und Kräfte, die ein Mensch
nicht beherrscht, die aber in dieser Welt nichts Ungewöhnliches zu
sein scheinen. Sie haben beispielsweise mehr oder weniger magische Fähigkeiten,
oder können sich einer magischen Quelle bedienen. Sie sind mit Dingen
auf seltsamer geistiger Ebene verbunden oder können eine Gefahr auf
geheimnisvolle Weise erspüren. Mancher der Protagonisten kann sich
verwandeln oder einfach durch die Zeit hindurchgehen. Es fehlt ihnen jedoch
auf der anderen Seite an menschlichen Regungen und Gefühlen, und
Figuren wie die Zauberin Nyx oder die Wächterin Meguet werden auf
diese Weise aus der Begreiflichkeit und der Fassbarkeit des Lesers herausgerückt.
Fähigkeiten wie Mitleid zu empfinden oder Angst zu haben vermisst
man oftmals und das macht es schwierig, die Figuren zu begreifen oder
sich in sie hineinzuversetzen, geschweige denn, dass man mit ihnen mitzufiebern
vermag. Sie bleiben während der Lektüre nahezu unverständlich,
denn die Beweggründe für ihre Handlungsweise sind selten in
allgemein verständlichen und damit zugänglichen menschlichen
Aspekten wie z. B. Eifersucht oder Haß zu finden, sondern haben
meist eine abstrakt-magische Ursache. Die einzige Ausnahme bildet hier
Rush Yarr. Er ist unglücklich in Nyx verliebt und es äußert
sich in hilflosen Wutausbrüchen und Vorwürfen gegenüber
der Zauberin, dass er mit ihrem Lebenswandel, der allerlei Anlaß
zu üblem Gerede und wilden Gerüchten bildet, überhaupt
nicht einverstanden ist. Als einziger zwischen all diesen halb feenhaften
Personen wirkt er mit seiner Sorge, seiner Liebe und seiner hilflosen
Wut einigermaßen greifbar und Passagen, in denen er eine Rolle spielt,
rücken das traumhaft-mystische Geschehen ein wenig näher an
die "Wirklichkeit".
Trotz dieser Schwierigkeiten, die man während des Lesens eventuell
mit den Figuren haben mag, ist es der Beginn eines schön erzählten
Märchens über das Leben, Bestimmung und Verantwortung, die man
durch die Familienzugehörigkeit geerbt hat und man ist gespannt,
wie es mit Meguet, Nyx, Calyx und Hew wohl weitergehen wird
(rezensiert von: Katerchen)
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