Worum's geht:
Ziani Vaatzes ist Fabrikleiter einer Gesellschaft, die ihre technologische
Vormachtstellung durch eine Unzahl an Vorschriften und Restriktionen sichert.
Da er durch einen unscheinbaren Verstoß dieses Sytem unterwandert,
wird er zum Tode verurteilt, kann aber zu einem rückständigen
Bergvolk fliehen. Dort sucht er um jeden Preis nach einer Möglichkeit
trotz fanatischer Verfolgung durch sein Volk wieder mit seiner Familie
vereint zu werden.
|
|
|
|
Bewertet mitSternen
(Besucher-Rezension):
Einmal mehr hinterlässt ein Buch einen zwiespältigen Eindruck
bei mir. Den grundsätzlichen Ansatz des Buchs finde ich sehr interessant.
Ein im Vergleich zu seinen Nachbarn hochtechnologisierter Stadtstaat,
der zur Sicherung dieses Fortschritts aber zu Restriktionen greift, die
letztlich zu extremer Stagnation führen. Ein (Anti-)Held, der dieses
Gesellschaftsmodell an sich unterstützt, für seine Übertretung
der Regeln aber (auch aus anderen Gründen) hart bestraft wird und
sich knapp ins Exil retten kann. Dort ist er gezwungen, sich mit einem
Gesellschaftsmodell auseinanderzusetzen, das seinen Überzeugungen
extrem widerspricht. Um sein Ziel - die Wiedervereinigung mit seiner Familie
- zu erreichen, greift er zu dem vielleicht einzigen Mittel, das ihm als
stark strukturierten Menschen einer ebenso strukturierten Gesellschaft
zur Verfügung steht: Er benutzt das Material, das ihm zur Verfügung
steht. In diesem Fall eben die Bevölkerung des kleinen Bergstaates,
in den er fliehen konnte.
Im Laufe der Erzählung werden diese gravierenden kulturellen Unterschiede
immer wieder deutlich, weil die Handlung abwechselnd aus der Perspektive
des Flüchtlings, Mitgliedern des Bergvolks und Personen aus dem Stadtstaat
geschildert wird. Dies ist oft interessant und beängstigend, wenn
es um die Manipulationen Zianis geht, die vielleicht nicht zufällig
an R. Scott Bakkers Prince
of Nothing erinnern, ans Absurde grenzend, wenn die Vorschriften
und Mühlen der Bürokratie in der Stadt beschrieben werden, und
frustrierend zutreffend, wenn Parker die menschlichen Schwächen darlegt,
die zu einem großen Teil wiederum von Ziani ausgenutzt werden, der
allerdings selbst auch immer mehr Risse zu zeigen scheint.
Dies alles ist sprachlich durchaus ansprechend geschildert, so dass mein
einziger Kritikpunkt ein recht subjektiver ist: Für meinen Geschmack
überspannt der Autor den Bogen schlicht und einfach an einigen wenigen
Stellen und balanciert am Rande der Unglaubwürdigkeit. Dadurch schwächt
er aber leider gerade das Gebilde, das die von ihm entworfene, ungewöhnliche
Welt darstellt, so dass zumindest ich als Leser zeitweise aus der Illusion
der Geschichte herausgerissen wurde. Manche Ereignisse passen einfach
zu gut in Zianis Pläne, was seine Fähigkeiten zwar wieder glaubwürdiger
werden lässt (weil er es eben nicht alles planen konnte, sondern
nur Glück hatte), ihn selbst aber unfähiger erscheinen lassen,
weil er in seinen Handlungen solche Zufälle einzuplanen scheint.
Trotz dieser Kritikpunkte finde ich aber sowohl Szenario als auch Schreibweise
interessant genug, so dass ich mir auch den zweiten Teil der Reihe kaufen
werde.
(rezensiert von: Calavera)
|
|
|