Worum's geht:
Das Schicksal meint es nicht sonderlich gut mit Haddath - bei der Geburt
versucht seine eigene Mutter, ihn zu ermorden, damit er nicht, wie es
ein Brauch verlangt, von den schriftgelehrten Priestern als einer der
ihren genommen wird. Doch der Mord mißlingt, und Haddath überlebt,
ist aber auf immer schwächlich und anfällig. Er wird in allen
Schriften und Liedern ausgebildet, aber asketisch und fern von der Welt
gehalten. Doch am Ende seiner Ausbildung steht eine Aufgabe, die jeder
Priester zugewiesen bekommt, und die es um jeden Preis auszuführen
gilt, egal, ob sie sinnlos ist oder zu großem Ruhm führt. Haddath
macht sich auf den Weg hinaus in eine Welt, die er nicht kennt. Die Leute
verachten den Priester, und er wird zum Bettler, sogar zum Mörder
- immer auf der Suche nach einem Hinweis, der ihn der Erfüllung seines
Auftrages - der Suche nach dem Prinzen ohne Land - näher bringen
könnte.
Zur gleichen Zeit verzehrt sich der Fürst von Koon danach, die alten
Schriften wiederzufinden, die die Götter selbst der Sage nach auf
der Welt zurückgelassen haben. Er schickt seine Schergen aus, Hinweise
zu sammeln...
|
|
|
|
Bibliotheka Phantastika verleiht Sterne:
Der Wortenhort ist ein Roman, bei dem die Bewertung recht schwer
fällt. Einerseits weiß Christian von Aster mit einigen Pluspunkten
zu beeindrucken, die auch anspruchsvolle Fantasy-Leser aufhorchen lassen,
andererseits läßt der Handlungsaufbau insgesamt ein wenig zu
wünschen übrig, und das nimmt der Geschichte den Wind aus den
Segeln, läßt ihn teilweise gar nicht erst aufkommen - spannungsmäßig
zumindest.
Trotzdem lohnt sich das Buch allemal, aufgrund des außergewöhnlichen
Helden und vor allem einer sprachlichen Qualität, wie man sie in
der deutschen Fantasy eher selten findet. Von Aster findet mit Leichtigkeit
zu einer epischen Breite, strengt den Leser manchmal regelrecht an und
sorgt mit phantastischen Sprachbildern dafür, daß seine Welt
zum Leben erwacht. Dort erwartet den Leser einiges an Welt-Schöpfung,
und allein die Entstehungs- und Göttergeschichten, mit denen das
Buch eingeleitet wird, faszinieren durch Skurrilität. Auch über
den ganzen Roman hinweg bleibt eine Ahnung von einer riesigen, nur in
einigen Details angedeuteten Welt mit Geschichte.
Geschichten sind es auch, die der Hauptcharakter Haddath zum besten gibt
- und damit ist auch schon sein einziges Talent genannt. Kränklich
und moralisch keineswegs ein Vorbild, zieht er schon mal zur Erfüllung
seines Auftrags einem der wenigen wohlmeinenden Figuren des Buches von
hinten eins über die Rübe, und auch sonst brilliert er nicht
durch positive Eigenschaften. Ein waschechter Antiheld also, der nur starrköpfig
sein eigenes Ziel verfolgt (ohne dessen tieferen Sinn zu kennen). Als
Figur ist Haddath hoch interessant und originell, als Charaktermotivation
ist seine Besessenheit von einem Auftrag, der weder ihm selbst noch dem
Leser etwas sagt, ein wenig problematisch. Er trudelt auf der Suche nach
Hinweisen durch die Geschichte, und der Leser mit ihm.
Und so kreuzt Haddath zufällig den zweiten aufgebauten Handlungsstrang,
die ebenfalls besessene Suche eines Kriegsfürsten nach dem Wortenhort
- dem Ort, wo die Schriften der Götter versteckt sind. Richtige Dynamik
kann die etwas wilkürliche Handlung nicht entwickeln, man kann sich
nur von der schönen Sprache von Idee zu Idee tragen lassen, und davon
gibt es tatsächlich eine ganze Menge. Die Idee des Wortenhortes an
sich, die sich von Anfang an durch das Buch zieht, wird allerdings zum
Höhepunkt nicht ausgereizt - da hätte man mehr erwartet, als
eine letztlich sinnlose Schlacht.
Auch von Asters Nebencharaktere sind fast immer schmutzig und tragen kaum
positive Züge, aber sie wirken authentisch und besonders der Seelenjäger
Tarrken ist ein Paradebeispiel des sonderbaren Kauzes, den man irgendwann
ins Herz schließt. Schade, daß den einzelnen Figuren meistens
nur Kurzauftritte gewährt wurden.
Originelle Ideen und sprachliche Qualität, wie sie Der Wortenhort
zu bieten hat, würde man sich als Fantasy-Leser durchaus öfter
wünschen, und wenn die Handlung im Folgeband an Stringenz gewinnen
sollte, so kann man sich auf wunderbar düstere, epische Fantasy freuen,
die modern und klassisch zugleich ist. Fast hätte es ja auch in diesem
Band geklappt.
(rezensiert von: mistkaeferl)
|
|
|