IM DRACHENTURM

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1 Rezension
-"Seht wie sie tanzt. Sie verliert sich in der Musik und zeigt ihr wahres Ich. Ihr habt uralte Augen. Ihr werdet es erkennen." … "Was werde ich sehen?" "Was sie ist. Ihr werdet es an den sechsten Fingern an ihren Händen erkennen, an den Schuppen an ihren Füßen, an ihrem verformten Schatten, an ihren entsetzlichen Augen. Dies ist nicht Gwynne von Skye. Es gibt eine Frau, die in einem Turm gefangengehalten wird, aus dem sie sich nicht befreien kann. Sie wagt nicht einmal in die Welt zu blicken, aus Furcht vor dem Tod. Werdet Ihr sie finden, Cyan Dag? Werdet Ihr sie befreien, zum Wohle derer, die sie lieben und sie brauchen?".-
Kapitel 2
Zyklus/Band -
Autor Patricia A. McKillip
Orginal The Tower at Stony Wood
Erscheinungsjahr 2000, dt. 2005
Verlag Aspect
ISBN 3-442-24371-8
978-3-442-24371-6
Subgenre High Fantasy
Seitenzahl 318
Probekapitel -
Worum's geht:
Das ganze Reich von König Regis Aurum jubelt, als Lady Gwynne, die Braut des Monarchen, aus dem magischen Land Skye eintrifft. Nur Regis' bester Ritter, Cyan Dag, vermutet, daß die schöne Frau eine Zauberin und Betrügerin ist, die die echte Lady Gwynne gefangen hält. In treuer Pflichterfüllung zieht der kühne Recke aus, um die wahre Königin zu suchen und seinen Herren vor dem Verrat zu bewahren. In der Ferne erwartet ihn ein wundersames Reich.
Unterdessen ist auch Thayne Ysse unterwegs, Sohn des Königs der Nordinseln, die einst unterworfen wurden. Thayne sucht nach einem Turm voller Gold, der von einem Drachen bewacht wird. Mit diesem Gold will Thayne eine neue Armee ausheben und Rache für seinen Vater und seinen Bruder nehmen. Bald kreuzen sich die Wege des Ritters und des Prinzen, denn ihre Geschicke sind unauflösbar miteinander verwoben… (zum Buch)

Bewertet mitSternen (Besucher-Rezension):
Die Geschichte von der schönen Frau, die in einen unzugänglichen Turm gesperrt, über einen Webstuhl gebeugt sitzt, und der ein magischer Spiegel, weil sie nicht aus dem Fenster sehen darf, da ihr sonst der Tod droht, das Leben draußen in der Welt zeigt, taucht in ähnlicher Weise in dem lyrischen Gedicht von Alfred Tennyson Die Lady von Shalott auf.
Patricia McKillip hat hier einen Roman vorgelegt, bei dem zweifellos einige Sagen um König Artus und seine Tafelrunde Pate gestanden haben: Erzählt wird die Geschichte von Cyan Dag, dem ersten Ritter von König Regis Aurum am Hof von Gloinmere.
Regis Aurum, Herrscher über das Reich Yves, spielt eine untergeordnete Rolle, denn seine Auftritte beschränken sich auf den Beginn und das Ende des Romans. Wenn aber wie beiläufig von den Rittern von Gloinmere in diesen wenigen Passagen die Rede ist, so hat man unwillkürlich die Tafelrunde vor Augen. Cyan Dags Charakterbeschreibung und sein Äußeres lassen den Leser sofort an Lancelot denken und Thayne Ysse, der Prinz der Nordinseln, dem Cyan im Verlauf seiner Suche begegnet, ist eine ähnlich tragische Figur wie Parzival. Der Hof von Gloinmere ähnelt dem mythischen Camelot, das Reich von Yves erinnert in seiner Beschreibung an das Großbritannien der Artussage und Skye ist nebelhaft-mystisch wie die Apfelinsel Avalon. Dennoch liest man mit Im Drachenturm keinen Epigonen der Artussage, sondern eine Geschichte, mit der Patricia McKillip wieder ihr Lieblingsthema Magie - diesmal in einer märchenhaften Erzählung von dem Edelmann der auszieht, die schöne Prinzessin zu retten - inszeniert hat.

Während der Hochzeit des Königs mit der Prinzessin von Skye bemerkt Cyan als einziger, dass irgendetwas mit der jungen Braut des Königs nicht stimmt und hegt die Vermutung, dass die wahre Königin irgendwo im mystischen Land Skye gefangen gehalten wird. Um seinen Herrn und Freund vor Betrug und Verrat zu bewahren bricht Cyan Hals über Kopf nach Skye auf, um die wahre Königin zu finden. Diese Mission ist allerdings nur ein Vorwand…
Die rätselhaften Drei Schwestern Ignis, Sidera und Una haben etwas anderes mit Cyan im Sinn und verfolgen mit ihm ihre eigenen Pläne. Sie sind halb menschlicher halb mystischer Natur und in gewisser Weise so etwas wie die Hüterinnen der Magie und des Friedens. Sie haben etwas feenhaft- ja Gottgleiches an sich und erinnern in ihrer Beschreibung an die drei Nornen der nordischen Sagenwelt. Ignis, Sidera und Una greifen auch in ähnlicher Weise wie die Schicksalsschwestern in die Geschicke der Menschen ein, und sind darum bemüht die verworrenen Schicksalsfäden wieder richtig miteinander zu verknüpfen, und so das vor Jahren aus dem Lot geratene magische Gleichgewicht zwischen Yves, dem Inselreich Ysse und Skye wiederherzustellen. Sie greifen immer wie zufällig lenkend oder helfend ein, und schieben die Beteiligten wie Schachfiguren mit sanfter Gewalt an die entscheidenden Stellen in ihrem undurchsichtigen Schicksalsgewebe.
Das Schicksal beeinflussende Web- oder Stickarbeiten spielen hier - wie in Die Lady von Shalott - eine sehr wichtige Rolle, aber Patricia McKillip hat die Eigenschaften der Figur der Lady auf drei Protagonistinnen in ihrem Roman verteilt: Zum einen auf die feenhafte Prinzessin von Skye und zum anderen auf Sel, die Bäckerin vom steinernen Wald und deren ältere Tochter Melanthos. Das Umfeld, in dem diese drei Frauen am häufigsten anzutreffen sind, ist ein mehr oder minder gut zu erreichendes, mit einem magischen Spiegel, Garn und Wollfäden ausgestattetes Turmzimmer, in dem sie ihre Zeit webend oder stickend verbringen und ab und zu einen Blick in den Spiegel riskieren, um zu beobachten, was draußen in der Welt passiert. Doch im Gegensatz zur Lady von Shalott, die den auf ihr liegenden Fluch nicht brechen kann und stirbt, findet in Patricia McKillips Roman eine der Frauen durch diese stille Zeit im Turm zu den Wurzeln ihres wahren, magischen Wesens zurück.
Die Anleihen aus dem Artusmythos sind kaum zu übersehen und dennoch liest man eine Geschichte, die unverkennbar Patricia McKillips Handschrift trägt. Ganz gleich ob Haupt- oder Nebencharakter: Die Figuren besitzen ein von ihr eingehauchtes eigenes Leben und sind keine bloßen Kopien von bereits vorhandenen Sagengestalten. McKillip hat jedem von ihnen ein eigenes Gesicht gegeben, und es verhält sich letztlich mit Cyan Dag, Regis Aurum, Sel, Ignis, Thayne und allen anderen Figuren des Romas auf die gleiche Weise, wie man auch in dem Sohn den Vater erkennt.
Letztendlich liest man hier eine Mischung aus Elementen der Artussage und dem lyrischen Gedicht der Lady von Shalott, doch wo dort vieles in Chaos, Krieg und Tod endet, steht in Patricia McKillips Geschichte die Hoffnung auf einen tiefen Frieden - der im ungehinderten Fluß der Lebenskraft (der Magie) gründet - im Vordergrund. Im Drachenturm wäre kein "McKillip", wenn der Kampf dafür von vornherein zum Scheitern verurteilt wäre. Gerade weil in unserer Welt diese Hoffnung nur allzu oft wie Artus' mystisches Königreich endet, ist es um so schöner, dass beim Lesen von Patricia McKillips Büchern diese Hoffnung nicht enttäuscht wird, und Magie und Lebenskraft bei ihr immer wieder eine Chance haben.
(rezensiert von: Katerchen)

Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
Hinweise zu Sprache/Aussprache
Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

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Fazit: Ein poetisches Märchen mit Anleihen aus dem Gedicht Die Lady von Shalott und den Sagen um König Artus. Da die Sagen als Rahmen dienen und nicht einfach nur nacherzählt werden, ist Im Drachenturm ein unbedingt leseswertes Buch mit einer wunderbaren, eigenen Stimme.


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