DIE KALTE BRAUT

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1 Rezension
-Sah Herrscher, Edelleute bleich und Kämpen, todbleich Mann für Mann,
sie schrien: "La Belle Dame Sans Merci hält dich in Bann!"
Und Mund um Mund verging vor Gier und klaffend warnend, weit und bang -
Da fuhr ich auf und fand mich hier auf dem kalten Hang.-
John Keats, "La Belle Sans Merci" übersetzt von Heinz Piontek (Kapitel 8)
Zyklus/Band -
Autor Tim Powers
Original The Stress Of Her Regard
Erscheinungsjahr 1989
Verlag Heyne
ISBN 3-453-05031-2
Subgenre Pseudo-historisch
Seitenzahl 651
Probekapitel -
Worum's geht:
Als der Arzt Michael Crawford in einer stürmischen Nacht einer verzauberten Statue seinen Verlobungsring an den Finger streift, nimmt sein Leben eine dramatische Wendung:
Am Morgen nach seiner Hochzeit liegt der Leichnam seiner Frau völlig entstellt neben ihm und Crawford, der sich an die vergangene Nacht nicht erinnern kann, nicht weiß, was passiert ist, aber auch nicht beweisen kann, daß er mit dem grausamen Mord nichts zu tun hat, flieht vor der Justiz in die Schweiz. Dort findet er Aufnahme bei den Dichtern Percy Bysshe Shelley und Lord Byron, die ihm Aufschluß geben können über die seltsame Macht, die von nun an sein Leben beherrscht, und die auch die beiden Dichter in einem verhängnisvollen Bann hält… Jene heimliche Braut… La Belle Sans Merci - die schöne aber grausame Muse der Dichter, die ihre zahlreichen Liebhaber zu immer brillianterer Poesie beflügelt, sie jedoch in selbstzerstörerischer Abhängigkeit hält und sie langsam zugrunde richtet…
Es gibt einen Ausweg… aber manchmal wählt man besser den Tod…

Bewertet mitSternen (Besucher-Rezension):
Mit dem Roman Die kalte Braut hat Tim Powers eine Erzählung vorgelegt, in der Phantasie, historisch belegte Fakten und die Welt der Mythen eine faszinierende Symbiose miteinander eingehen. Das bewegte Leben der englischen Dichter der beginnenden Romantik Percy Bysshe Shelley (1792 - 1822), Lord George Gordon Noel Byron (1788 - 1824) und John Keats (1795 - 1821) wurde in diesem Roman thematisiert und geschickt mit den Mythen um die drei Graien, dem Rätsel und das Geheimnis der Sphinx und den Legenden um das Volk der Lilith verbunden. Tim Powers hat sich eingehend mit den Zusammenhängen beschäftigt und mit dem erworbenen Wissen eine faszinierende Geschichte, in welcher der Wundarzt Michael Crawford im Mittelpunkt unglaublicher Ereignisse steht, aus den Bausteinen Historie und Mythologie geschaffen:
Herbst 1816: Als Michael Crawford in einer stürmischen Nacht einer Statue seinen Verlobungsring über den Finger streift, kann er noch nicht wissen, dass diese, für ihn völlig bedeutungslose Geste, seinem Leben eine entscheidende Wendung geben wird. Ohne es zu ahnen ist er damit eine verhängnisvolle Verbindung zu einem gespenstischen Wesen eingegangen und hat sie mit dem Verlobungsring besiegelt…
Am Morgen nach seiner Hochzeit mit Julia liegt der Leichnam seiner frisch angetrauten Frau völlig entstellt neben ihm, und weil er nicht beweisen kann, daß er mit dem grausigen Mord nichts zu tun hat, flieht er vor dem Henker in die Schweiz. Dort angekommen sollen ihm die Dichter Shelley, Lord Byron und Keats das Geheimnis jener Macht enthüllen, die seit dieser verhängnisvollen Nacht Crawfords Leben beherrscht…
Das hier heraufbeschworene Bild der Lebensgeschichten Percy Bysshe Shelleys, Lord Byrons und John Keatens, beleuchtet das Geheimnis ihres Erfolgs in einem sehr bizarren Licht. Die Faszination, die auch heute noch von ihren Werken ausgeht, wird in Tim Powers' Roman einer Macht zugeschrieben, die Shelley, Byron und Keats in lustvoller, aber selbstzerstörerischer Abhängigkeit hält: Je mehr sich die Poeten dieser Macht hin- und ergeben desto größer wird die Brillianz ihrer Poesie. Gleichsam wie im Rausch schreiben sie leidenschaftliche Verse, romantische Gedichte und dramatische Theaterstücke - doch genau das zehrt sie geistig, seelisch und körperlich immer mehr aus - die drei Dichter spüren im gleichen Maß wie sie, einem Fieberwahn gleich, Worte zu Papier bringen immer stärker ihren stetigen Verfall und auch bei ihren Familien macht sich der unselige Einfluß dieser Macht bemerkbar…
Der Autor versteht es, diese subtile Bedrohung zu beschreiben und mit gut gestaltetem Aufbau der Handlung webt er eine sehr dichte und dunkle Atmosphäre: Die Dichter können nicht von der Quelle lassen, die sie antreibt … Jene La Belle Dame Sans Merci - die schöne, geisterhafte aber grausame Muse der Dichter, die sie inspiriert, sie jedoch langsam aber stetig ihrer Lebenskraft beraubt und sie zugrunde richtet…
Darüber hinaus werden John William Polidori, Verfasser des Romans Der Vampyr und Leibarzt Lord Byrons ebenso, wie der ab 1463 als verschollen geltende französische Dichter François Villon auf recht interessante Weise als Nebencharaktere in die Handlung eingeflochten. Der Selbstmord des hochverschuldeten, verbitterten Polidori am 24. August 1821, das spurlose Verschwinden Villons aus Frankreich und auch der Segelunfall und frühzeitige Tod Percy Shelleys am 08.07.1821 erhalten in dieser Geschichte eine eigentümlich-bizarre Erklärung, die in Zusammenhang mit jener Belle Dame Sans Merci steht…
Nebenbei erzählt Tim Powers in seinem halbhistorischen Roman auch die Entstehungsgeschichte des berühmten Schauerromans Frankenstein: Die Idee wurde in einer gewittrigen Nacht des Jahres 1816 am Genfer See geboren, als sich Lord Byron, die Shelleys, Polidori und Byrons damalige Verlobte Claire Clairmont bei Blitz und Donner im Salon von Byrons Villa gegenseitig Geistergeschichten erzählten, und, während die Ausführungen immer unheimlicher wurden, in Mary Shelley die Idee für ihren später so erfolgreichen Roman entstand…
Jedes Kapitel wird mit Verszeilen oder Auszügen aus Briefen eingeleitet, die von zeitgenössischen Dichtern jener Epoche, meist jedoch von Percy B. Shelley, Byron oder Keats stammen. Diese Textstellen aus den Werken der Dichter geben kurz und treffend die Kernaussage des jeweiligen Kapitels wieder, dem sie vorangestellt wurden.
Alles in allem handelt es sich um einen sehr interessant aufgebauten Roman, in dem das ein oder andere literarische Werk, das für berühmte Figuren wie Bram Stokers Dracula oder bekannte Geschichten wie Interview mit einem Vampir Pate gestanden hat, seine würdige Beachtung findet.
(rezensiert von: Katerchen)

Wertung
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Fazit: Historie und Mythologie wurden hier sehr geschickt mit eigener skuriler Phantasie zu einer faszinierenden Erzählung in der Tradition des Schauerromans verknüpft. Wer Grusel ohne Horror schätzt, wird hier auf seine Kosten kommen.


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