Worum's geht:
Ein sterbender Seefahrer am Strand übergibt Etjole Ehomba die Aufgabe,
die er nicht mehr ausführen kann - und Ehomba entzieht sich ihr nicht.
Einziger Maßstab für seine Entscheidung ist sein Gewissen.
Er wandert an der Westküste (Afrikas ?) nach Norden, durchquert die
Klimazonen und Landschaftsgürtel, die seltsam verändert sind,
besteht viele gefahrvolle Begegnungen und gewinnt Gefährten: Den
schwatzhaften, zwielichtigen Simna ibn Sind und den sprechenden Einlöward.
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Warum's so gut
ist:
Es ist schon eine merkwürdige Welt. Einerseits hat sie Ähnlichkeit
mit der unserer frühen Neuzeit, andererseits ist sie stark modifiziert.
Der Protagonist Etjole Ehomba ist kein Magier nach eigener Aussage, hat
aber in seinem unergründlichen Reisesack Kleinigkeiten, die genau
dies äußerst effizient bewirken. Ehomba steht zu seiner Aussage
- dass er mit vielen Tieren spricht in deren jeweiliger Sprache tut nichts
zur Sache. Dies gehört nach seiner Auffassung zur Ausstattung eines
guten Hirten in der Trockensavanne, wo das Wasser rar ist und die Feinde
der Herdentiere zahlreich. Auf seiner Reise begegnet er sprechenden Affen,
die Werkzeuge und Waffen benutzen, einem Riesenfrosch mit Taucherausrüstung,
sprechenden und laufenden Bäumen und vielem mehr. Geistwesen, die
sich vom Gefühlsinhalt der Menschen ernähren, gehören ebenfalls
zum Spektrum der als natürlich angesehenen Lebewesen, Drachen so
selbstverständlich, dass man sie kaum der Erwähnung wert hält.
Eine Mauer trennt den Urwald von einer lärmenden, stinkenden Welt
mit Autobahnen, obwohl der Blick über die Mauer nur Wald zeigt -
die Dimensionen sind nur zart getrennt. Eine Grassteppe beherbergt elefantengroße
Hasen, die am Rand des Graslands mit jedem Schritt schrumpfen, genauso
wie das baumgroße Gras. Raumesgrößen, auch die Zeit,
unterliegen in manchen Gegenden der Welt eigenartig veränderten Naturgesetzen
- und niemand findet dies dramatisch, auch dann nicht, wenn schwebende
Teiche dem Begriff "Feuchtsavanne" neuen Inhalt geben. Toll,
wenn so ein Teich in der Wüste als gerba (Wassersack) benutzt werden
kann. Der Roman lebt in großen Teilen von der Schilderung dieser
merkwürdigen Umgebung, und er lebt gut davon. Die Details sind stimmig,
gut aufeinander abgestimmt und kaum eine Seite enthält nicht Neuigkeiten.
Sehr farbig und trotz manch ausufernder Phantasie nie total abwegig im
Gesamtbild.
Manche Sprachspiele kommen in der Übersetzung exzellent an, ein Vergleich
mit dem Original wäre hilfreich, warum nicht als Anmerkung? Die lebendige
Düne dunawake leitet sich ja sicher von dune awake
ab.
Am Ende des Buches erfährt man, dass im einfachen Hirten mehr steckt,
als anfangs vermutet, aber nicht alles ist ausgelotet, weil die Fortsetzung
noch Material braucht.
Besonders gefielen mir die philosophischen Dialoge oder Reflexionen, wo
diametrale Auffassungen zur Sprache kommen und ohne Streit gelöst
werden. Insgesamt läuft alles trotz manchem Schwerteinsatz erstaunlich
unblutig ab und mit wenig Aggression.
(rezensiert von: wolfcrey)
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