DIE MAGISCHEN STÄDTE
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1 Rezension
-"Tahi-kvo hat mir gezeigt, daß mein Urteil mein Kompass ist, und Milah-kvo hat mir vermittelt, daß halb gelernte Lektionen nichts wert sind. Ich hatte mich entschieden, die Schule zu verlassen, und mit dieser Entscheidung lag ich richtig. Ich hätte mich nicht dazu verleiten lassen sollen, zurückzukehren. Mehr, ehrwürdiger Dai, habe ich hier nicht gelernt."-
Progog
Zyklus/Band Die magischen Städte (1)
Autor Daniel Abraham
Original A Shadow in Summer
Erscheinungsjahr 2006, dt. 2007
Verlag Blanvalet
ISBN 978-3-442-24446-1
Subgenre High Fantasy
Seitenzahl 444
Probekapitel -
Worum's geht:
Saraykeht ist die bedeutenste der Sommerstädte, unermeßlich reich und vor Leben pulsierend, ein Hort des Friedens und des Fortschritts. Dies verdankt sie vor allem dem magischen Wesen Samenlos - und dem Zauberdichter Heshai, der als Einziger diese mächtige Kreatur unter Kontrolle halten kann. Aber leider hat Saraykehts sagenhafter Reichtum den Neid seiner galtischen Nachbarn erweckt, die skrupellos auf den Untergang der Metropole hinarbeiten. So hängt das Überleben Saraykehts allein an Heshai - und an Samenlos, der sich jedoch aus der lebenslangen Bindung an den Dichter befreien möchte - koste es, was es wolle… (Text zum Buch)

Bewertet mitSternen (Besucher-Rezension):
Saraykeht ist die bedeutendste der großen Sommerstädte: vor Leben pulsierend, ein Hort des Friedens und des Fortschritts. Doch leider hat Saraykehts sagenhafter Reichtum den Neid seiner Nachbarn geweckt, die skrupellos auf den Sturz der mächtigen Metropole hinarbeiten…
Liest man auf der Buchrückseite diesen Text, glaubt man im Inneren des Buches einiges an Kriegswirren und Schlachtengetümmel vorzufinden, doch es wird bald klar, dass man sich auf eine hinterhältige aber dennoch äußerst kunstvoll eingefädelte Intrige eingelassen hat. Intrigen… eigentlich nicht mein bevorzugtes Terrain… weder im wirklichen Leben noch in Romanen. Trotz meiner Vorbehalte habe ich mich auf Daniel Abrahams Sommer der Zwietracht, dem Beginn der Geschichten um die Magischen Städte, eingelassen und erlebte eine angenehme Überraschung: je weiter ich in die Geschichte vordrang, desto mehr sorgfältig beschriebene Details, die oftmals liebevoll zu nennen sind, z. B. zu Personen, Schauplätzen und Handlungsverlauf, konnte ich entdecken.
Interessant ist die Gesellschaftsstruktur, die Abraham für die Magischen Städte gewählt hat und die auf asiatisch anmutenden Lebens- und Arbeitsverhältnissen basiert. Das vom Autor beschriebene alltägliche Leben könnte sich genau so in China, Japan oder Thailand abspielen. Das gesellschaftliche Miteinander wird von komplizierten Gesten bestimmt, die das Gesagte entsprechend untermauern. In der Übersetzung wurde leider ein wenig zu oft und damit eintönig der Begriff "Gebärde" verwendet. Es wäre schön gewesen, wenn man noch ein oder zwei Synonyme für diesen Begriff gefunden hätte. Man stolperte bei fortschreitender Lektüre zunehmend über dieses Wort, bis es einem schließlich, wenn man es wieder las, ein bisschen lästig wurde…
Trotz dieses kleinen Mankos war ich von dieser gesellschaftlichen Besonderheit fasziniert, denn das Zusammenspiel von Gestik, Mimik und Sprache ist so gestaltet, dass sich die handelnden Figuren bei allem Respekt die ein oder andere Unverschämtheit zu verstehen geben können, ohne sich - beispielsweise bei heftigeren Konflikten - einer plumpen Fäkalsprache bedienen müssen. Die Geschichte der Sommerstadt Saraykeht wird in locker-flockiger Art erzählt, die sich unangestrengt und entspannt lesen lässt. Die Sätze sind nicht zu lang und auf überflüssige Information wird verzichtet. Alles wird so beschrieben, dass man ein klares Bild des gerade Geschilderten vor Augen hat, ohne das sich der Autor in zu genauen Detailbeschreibungen verliert. Die Handlung wird sehr zügig vorangetrieben und das Erzählte gewinnt dadurch beträchtlich an Dynamik, so dass keine Langeweile aufkommt.
Tumbe Gewalt ist in Sommer der Zwietracht nicht zu finden, obwohl durchaus Gewalt vorkommt. Abraham hält sich jedoch nicht länger als unbedingt nötig mit der Beschreibung solcher Passagen auf. Er schildert nur, was zum jeweiligen Verständnis der Situation unbedingt notwendig ist. Diese Balance zu finden und zu halten ist nicht einfach, doch Abraham ist das hier hervorragend gelungen. Nicht nur bei der Schilderung von Gewaltszenen hat der Autor bewiesen, dass er mit Bildern und Sprache umzugehen weiß - gleiches gilt auch für die Beschreibungen seiner Figuren: Es geht eine Lebendigkeit von diesen Charakterisierungen aus, dass selbst jemand, der sich sonst mit bildlichen Vorstellungen des gerade gelesenen schwer tut, keine Schwierigkeiten hat, ein klares Bild der skizzierten Person vor Augen zu haben. Marchat Wilsin beispielsweise ist eine Figur, mit der ich ziemlich Mitleid hatte: Er führt ein Handelshaus in Saraykeht - stammt aber aus dem Galtland. Eben genau jenem Reich, dass Saraykehts Untergang beschlossen hat und dieses Ziel nun mit allen Mitteln verfolgt. Wilsin wird von seinem Land in ein Intrigenspiel gezwungen, dass ihm in der geplanten und auch durchgeführten Form eigentlich zutiefst zuwider ist. Er sitzt bald zwischen allen Stühlen und leidet erheblich unter der Situation, in die er von seinem Land getrieben worden ist. Abraham gelingt es vortrefflich, den Leser Wilsins Verzweiflung und Zerrissenheit mitfühlen zu lassen, und man ertappt sich ein ums andere Mal bei der Sorge, wie Wilsin wohl aus diesem ganzen üblen Schlamassel herauskommen will.
Der Dichter Heshai ist ebenfalls eine faszinierende Gestalt: Fett, unförmig und ziemlich hässlich, mit sich und seinem Leben unzufrieden und eine nicht überwundene Trauer, die schwer auf seiner Seele lastet, mit sich tragend, präsentiert er sich seinem neuen Schüler Maati und dem Leser als mürrischer, eigenbrötlerischer und wortkarger Mann mit einem Hang zur Trunkensucht. Nach und nach erfährt man mehr über ihn, beginnt ihn und seine nach außen hin kalte und abweisende Art zu verstehen und entdeckt verborgene und liebenswürdige Seiten an ihm. Marchat Wilsins Verwalterin Amat Kyaan ist eine alte Frau, die sich auf Grund von Hüftproblemen schwer auf einen Stock stützt. Ihre besten Jahre hat sie wahrlich schon hinter sich, aber sie ist eine gewiefte Geschäftsfrau, mit allen Wassern der Vertragsverhandlung gewaschen, einem exakt, logisch, messerscharf und kühl arbeitenden Verstand, schlau und neugierig mit hervorragendem Geschäftssinn. Sie steckt ihre Nase überall hinein und einmal bringt sie das in eine äußerst unangenehme Lage…
Amat Kyaan ist trotz dieser Eigenschaften, die sie zu einer bedingungslos auf den Vorteil bedachten Geschäftsfrau machen, keine unsympathische Frau. Sie hat durchaus sehr warmherzige und menschliche Seiten. Ich hätte sie gerne persönlich kennengelernt…
Nachdem aus den Magischen Städten eine Tetralogie werden soll, gibt es in Sommer der Zwietracht auch Figuren, bei denen abzusehen ist, dass eine Weiterentwicklung des Charakters geplant ist. Dies gilt vor allem für den Sohn des Khai Machi, den Dichterschüler Maati, die angehende Verwalterin Liat und das Inselmädchen Maj, die Hauptrollen in dieser Geschichte innehaben und sicher noch eine Rolle zu spielen haben werden…
Kein Fantasy-Roman ohne ein wenig Magie - doch das magische Element ist hier genauso ungewöhnlich wie die Geschichte selbst. Magie im eigentlichen Sinn kommt nicht vor, sondern nur in Form eines Geschöpfes, dass in seiner Beschreibung ein wenig an die am Computer erschaffenen, perfekten und mit phantastischen Fähigkeiten ausgestatteten Avatare diverser Fantasy- und Science-Fiction-Filme erinnert. Die "Andaten" sind zu menschlicher Gestalt geformte Gedanken und Ideen, mächtig, ja nahezu gottähnlich, die allerdings fast wie Sklaven unter der Herrschaft des Menschen stehen, der sie Kraft seiner Vorstellungen erschaffen hat. Nun ist es aber nicht ganz einfach ein solches Wesen zum Dasein zu erwecken, geschweige denn, es unter Kontrolle zu halten. Das Wissen, das dazu notwendig ist, wird streng gehütet und nur an Auserwählte weitergegeben. Diese Ideen sind neu und man möchte so bald wie möglich mehr über diese faszinierenden Wesen erfahren, die so gar nichts mit den bekannten Feen, Elfen und Kobolden gemein haben.
Sommer der Zwietracht arbeitet mit dem uralten Erfolgsrezept der Intrige in den höchsten (und damit entscheidungsbefugten) Kreisen, dennoch liest man hier keine abgedroschene "Königshausintrigengeschichte", wie man sie schon zum wiederholten Mal in anderen Büchern (und Filmen) vorgefunden hat, sondern bewährte Zutaten in neuer Komposition. Erfrischend anders in der Zusammensetzung mit menschlichen Figuren, deren Gedanken und Gefühle dem Leser hier sehr nahegebracht werden, so dass man auch für die "andere Seite" Mitgefühl und Verständnis aufbringt und die Grenzen von Gut und Böse verschwimmen.
Ich hoffe, dass Daniel Abraham mit seinem Winter des Verrats an diesen starken Auftakt anknüpfen kann…
(rezensiert von: Katerchen)

Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
Hinweise zu Sprache/Aussprache
Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

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Fazit: Ein rundum gelungener Auftakt zur Tetralogie Die magischen Städte.


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