Worum's geht:
Die Kämpfe in Britannien gehen weiter. Merlin ist auf dem Weg in
die Bretagne, um in Brocéliande, dem Wald der Elfen, nach seinem
Vater zu suchen, und das Rätsel um seine Herkunft zu lüften.
Das Christentum faßt immer mehr Fuß auf der Insel und verdrängt
den alten, heidnischen Glauben. Merlin gerät in den Ruf, ein Hexer
zu sein und sein Gefährte, Bruder Blaise, wird der Ketzerei angeklagt.
Unterdessen bringt Guendoloena, die mit dem König der Skoten verheiratet
ist, Merlins Sohn Artus zur Welt.
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Bibliotheka Phantastika verleiht Sterne:
Man möchte laut seufzen: Fetjaine ist ein wunderbarer Erzähler.
An einer Stelle beschreibt er, wie Merlin eins wird mit der Natur, quasi
in ihr aufgeht. Er wird zu Wasser, zu Gras, er verwandelt sich in verschiedene
Tiere, wird zum Baum. Das ist kein plumper Abrakadabra-Zauber: eben stand
hier noch der Zauberer und jetzt kommt die Taube aus dem Zylinder. Das
ist wunderschön erzählt und der Leser fühlt beinahe körperlich
wie Merlin Teil der Natur wird und die Natur Teil Merlins. Zeit wird unbedeutend.
Allein wegen dieser Szene von knapp einer Seite lohnt sich die Lektüre
des Romans. Aber es gibt auch viele Kleinigkeiten, die den Genuß
trüben. Es ist als wolle man sich an einem herrlichen Sommerabend
erfreuen und würde alle paar Minuten von einer Mücke gestochen.
Merlin hat mittlerweile weißes Haar, er ist seelisch gereift, er
ist Vater geworden und am Ende der Geschichte ist er um die Dreißig.
Die gleichaltrige Guendoloena beschreibt Fetjaine als eine erwachsene
Frau und nicht mehr das junge unbekümmerte Mädchen
Eine
erwachsene Frau und Königin
, aber Merlin ist immer noch
-na?- richtig, das Kind und zwar bis zu viermal auf einer Seite.
Anscheinend hält entweder der Autor oder die Übersetzerin hartnäckig
and der falschen Auffassung fest, daß man einen erwachsenen Mann,
der ein Kindergesicht hat und zartgliedrig ist, ständig als
Kind titulieren muß. Aber das Wort Kind bezeichnet
einen Entwicklungsstand, den Merlin zweifellos schon längst hinter
sich gelassen hat und nicht die äußerliche Erscheinung. Wenn
der Katholik Günther Jauch einen Konfirmationsanzug besäße,
dann würde er darin wahrscheinlich heute noch bei günstigem
Licht als 14jähriger durchgehen. Trotzdem käme niemand auf die
Idee zu schreiben: "Das Kind wird im Sommer die XXX-Show moderieren".
Oft ist nicht nachvollziehbar, warum manche Begriffe in einer Fußnote
erklärt werden und andere nicht. Akribisch wird der heutige Name
jedes erwähnten Ortes in einer Fußnote festgehalten, Wörter
aber wie Guimpe, die nun nicht gerade zum alltäglichen Sprachgebrauch
gehören, werden nicht erklärt. In weiteren Fußnoten wird
angegeben, wo genau die Bibelzitate zu finden sind, die die geistlichen
Herren im Munde führen, und da wirkt es doch eher seltsam oder zumindest
anachronistisch, wenn man jedesmal liest: zitiert nach der Luther-Übersetzung.
Zwar paßt die Sprache Luthers zu der Fetjaines, aber trotzdem mutet
es eigenartig an, wenn Geistliche im 6. Jahrhundert die Bibel nach den
Worten eines Mannes zitieren, der erst gut tausend Jahre nach ihnen gelebt
hat. Jean-Louis Fetjaine dankt in seinem Buch Johann Goldberg für
die lateinischen Übersetzungen und lobt ihn als Koryphäe auf
seinem Gebiet. Goldberg hätte sicherlich die benötigten Zitate
in angemessener Sprache aus der Vulgata übersetzen können. Fetjaine
legt in seinem Roman sichtlich Wert auf historische Authentizität,
da hätte diese Vorgehensweise seinen Intentionen besser entsprochen.
Auch eine andere religiöse Frage schadet dem Roman eher als sie ihm
nutzt. Im ersten Band konkurrierte das aufkommende Christentum, repräsentiert
durch den Klerus mit dem alten, auf dem Rückzug befindlichen ,heidnischen
Glauben vertreten durch den Barden, bzw. Druiden, Merlin. In Merlin
im Elfenwald stilisiert Fetjaine den Magier zum wiedererstandenen
Christus, der von den meisten Menschen nicht erkannt und von seinem bisher
so treuen "Jünger" verraten wird. Fetjaine genügt
es nicht, seinem Roman einen seriösen, fundierten historischen Hintergrund
zu geben, er will auch noch philosophische Tiefe hineinbringen und überfrachtet
die Geschichte damit, die eigentlich eine schöne runde spannende
Fantasygeschichte sein könnte ---wenn nur jemand die lästigen
Mücken erledigt hätte.
(rezensiert von: Top
Dollar)
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