Worum's geht:
Thea und Ikaros sind die Kinder des Königs von Kreta, welches von
einer Invasion der kriegsliebenden Archäer erschüttert wird.
Nachdem sich Thea aber nicht von deren Anführer Ajax vergewaltigen
läßt, wirft man sie in die Höhle des Minotauren. Doch
dieser entpuppt sich aber als ihr Pate und nimmt die beiden bei sich auf.
Nach einigen anfänglichen Problemen können die beiden königlichen
Flüchtlinge auch den Wald und das Erbe der Tiermenschen akzeptieren,
denn ihre Mutter war eine Dryade. Doch werden die gewalttätigen Archäer
mit ihren Totengöttern das Tabu einhalten, welches die Große
Mutter auf den Wald der Tiermenschen legte, wie die Kreter er tun?
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Bibliotheka Phantastika verleiht Sterne:
Das Geschehen findet zum Großteil im Wald der Tiere statt, nur die
ersten zwei Kapitel spielen im antiken Kreta der minoischen Palastkultur
und diese sind sehr handlungsreich, daher spielt die Kultur Kretas nur
eine sehr untergeordnete Rolle. Der Zauberwald ist in erster Linie nur
ein Wald mit ungewöhnlichen Bewohnern. Im Gegensatz zum zweiten Teil
(der allerdings später geschrieben wurde) könnte hier die Fremdartigkeit
stärker hervorbehoben werden, zumal die Kinder zunächst Fremde
aus dem zivilisierten Teil Kretas sind.
Die Bewohner des Waldes sind eng an die antike griechisch-minoische Mythologie
angelehnt, wenngleich zuweilen mit einem Kniff versehen.
Es gibt die weisen und kriegserfahrenen Zentauren, angeführt vom
mächtigen Chiron; die schönen und frivolen Dryaden, die eng
mit ihrer Eiche verbunden sind; die ewig unreifen und frechen Panisken,
Wesen zur Hälfte Mensch, zur Hälfte Ziege; die scheuen und ängstlichen
Artemisbärinnen und die heimtückischen und kriminellen Thriae,
Wesen die viel Ähnlichkeit mit Bienen aufweisen. Schließlich
ist da der letzte Minotaur, der gewaltige Eunostos. Er ist ein sieben
Fuß großes Muskelpaket, anstelle von Füßen hat
er Hufe und Hörner ragen aus seinen roten Haaren hervor - eine einschüchternde
Gestalt, besonders dann, wenn er mit dröhnender Stimme brüllt.
Dennoch ist er ein sanftes Wesen, ein Handwerker, der seinen Garten, die
Poesie - und Thea liebt. Sie ist die Tochter von Aeacus, des Königs
von Minos, und einer Dryade, daher ist die 16jährige Frau bezaubernd
schön, mit leicht grün schimmernden Haaren und spitzen Ohren.
Sie fürchtet den Wald und die Tiere, auch wenn sie sich zum Minotauren
hingezogen fühlt, will die zurückhaltende Kreterin ihn eher
kultivieren als akzeptieren. Ihrem Bruder Ikaros fällt es viel leichter
das Erbe ihrer Mutter anzunehmen und schnell wird aus dem Jungen ein junger
Mann. Daneben gibt es noch einige weitere, wie Zoe, die Dryade, eine gute
Freundin von Eunostos; Moschus, ein alternder Zentaur und der Liebhaber
von Zoe und Pandia, die Artemisbärin, die sich stets in der Nähe
des jungen Ikaros aufhält; sie kommt allerdings nicht über den
Status des comic-relief hinaus. Auch wenn diesen Figuren nicht viel Raum
zugestanden wird, sind es keine bloßen Abziehbilder, denn ihr Verhalten
läßt Stärken und Schwächen vermuten - selbst Ajax,
der Anführer der Archäer, ist kein Monster.
Auch wenn der Plot mittlerweile nichts ungewöhnliches mehr darstellt
- es geht um die unterschiedlichen Möglichkeiten der Menschen mit
der Natur umzugehen - so ist die Geschichte doch schwer einzuordnen. Zu
Beginn und am Ende gibt es einiges an physischer Action, der Mittelteil
ist eher ruhig und gibt Dialogen, inneren Monologen und Beschreibungen
viel Raum. Der Spannungsbogen verläuft somit parabelförmig,
wobei der Scheitelpunkt zugleich der Tiefpunkt ist.
Im Zentrum des Geschehens steht die Liebe zwischen Eunostos und Thea,
doch diese müßte eindringlicher geschildert werden, damit sie
ganz wirken kann. Ein anderer Strang ist das Erwachsenwerden von Thea
und Ikaros, dieses verläuft aber leider zu sprunghaft - einzelne
Augenblicke markieren deutlichen Wandel. Auf der anderen Seite stehen
die plündernden Archäer, die möglichst viel Reichtum aus
der Beutefahrt schlagen wollen und in ihrer Gier vor alten Tabus nicht
halt machen.
Die Geschichte wird von Eunostos aus der Ich-Perspektive erzählt,
wenn er anwesend ist, sonst aus der Personalen-Perspektive einer der zentralen
Figuren. Die Sätze sind flüssig und die Wortwahl ist treffend,
paßt aber nicht immer gut zu dieser vielfach langsamen und leicht
melancholischen Geschichte.
Die Aufmachung ist - wie für die Terra Fantasy Reihe üblich
- sehr spartanisch, es gibt keine Extras außer einem Vorwort von
Hugh Walker und auch das ist dieses Mal nicht besonders interessant -
Walker faßt kurz die Ereignisse des zweiten Teils der Reihe zusammen
(was Swann auch in der Geschichte macht, nur dieser ist etwas ausführlicher)
und gibt eine Kurzbiographie hinzu. Das Titelbild ist wieder einmal nicht
besonders gelungen - welcher streitlustige Zentaur schleppt wann welche
nackte Frau umher? Eine solche Szene gibt es nicht, tatsächlich dreht
sie den Impetus der Geschichte sogar um!
(rezensiert von: Theophagos)
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