ZEIT UND WELT GENUG
zur Übersicht über den ganzen Zyklus
HIER

Anderer Meinung?

Dieses Buch für Bibliotheka Phantastika rezensieren:
Mitarbeiter gesucht

Berwertungsschlüssel:

5 Sterne = spitze
4 Sterne = gut
3 Sterne = geht so
2 Sterne = unbefriedigend
1 Stern = übel
Wertung: 2 von 5
1 Rezension
-Ein voller, tiefer Schrei des Wahnsinn zerriß die Nacht. Es war ein blinder, nicht menschlicher Laut, grauenhaft und abgerissen.-
Prolog
Zyklus/Band Neue Welt (1)
Autor James Kahn
Original World Enough and Time
Erscheinungsjahr 1981, dt. 1982
Verlag Goldmann
ISBN 3-442-23810-2
Subgenre Science Fantasy
Seitenzahl 314
Probekapitel -
Worum's geht:
Als der junge Mensch Josh eines Tages seine Familie grausam von einem Vampir und seinen Spießgesellen ermordet vorfindet - die jüngeren Verwandten sind entführt - schwört er, die unglückeligen Wesen zur Strecke zu bringen. Sein bester Freund Beauty, ein Zentaur, dessen Frau ebenfalls entführt wurde, begleitet ihn auf die Jagd. Unterwegs treffen sie in einer Welt, die der der Menschen nur noch entfernt ähnelt und von Fabeltieren und Neuromenschen bewohnt ist, auf seltsame Weggefährten und geraten an skurrile Orte. Doch immer folgen sie den Spuren der Entführer - und schließlich stoßen sie auf ein Gerücht von einem "neuen Tier" das im Süden aufgetaucht sein soll und die Entführung ihrer Liebsten angezettelt hat. Verzweifelt versuchen sie, durch gefährliches Land in den Süden zu gelangen, und haben zum Glück Unterstützung durch die Neuromenschenfrau Jasmine und den Vampir Lon...

Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Wenn man die aktuellen Veröffentlichungen von deutschen Fantasy-Autoren betrachtet, sticht unter anderem Tobias O. Meißner mit seiner Mammut-Reihe hervor - allerorten wird gelobt, wie originell er das phantastische Genre mit der Thematik Umweltschutz verbindet. Dabei ist er gewiß nicht der erste, der diese Idee verfolgt, denn in der ersten Hochphase eines sich neu entwickelnden Umweltbewußtseins in den 80ern haben schon allerlei Autoren beide Themen verbunden, und einer von ihnen ist James Kahn, dessen Roman Zeit und Welt genug man seine Entstehungszeit in einer Epoche von Atom-Ängsten und langsam aufkommenden Fragen rund um das Thema Bioethik mehr als deutlich anmerkt.
Die Neue Welt ist eine post-apokalyptische Version Kaliforniens, in der die Menschheit seit den 1960er Jahren degenerierte und sich nun mit Fabelwesen und intelligenten Tieren in einem trügerischen Frieden befindet - eher auf dem Rückzug als auf dem Vormarsch.
Die Handlung an sich ist schnell erklärt und macht nicht viel her: Ihre Queste - die Befreiung der von Vampiren verschleppten Angehörigen - führt den Zentauren Beauty und den Menschen Josh durch das ganze Land, immer auf der Spur der Entführer, und unterwegs reihen sich die Abenteuer in der teils ursprünglich-natürlichen, teils technisch geprägten Welt aneinander. Und diese Welt hat in der Tat einige interessante Aspekte zu bieten: Nach und nach kommt heraus, daß die Menscheit ihren Fall höchstselbst verursacht hat, und die ganzen skurillen Geschöpfe und Fabeltiere Resultate einer bedenkenlos angewandten Gentechnik sind - nur ist dieses Wissen fast verloren gegangen, als das Schreiben und Lesen verboten wurde - und all die neuen Lebewesen haben eigene Schöpfungsmythen erfunden und reagieren höchst ungehalten auf diese Erkenntnisse.
Das sind durchaus interessante Ansätze, die hin und wieder auch sehr charmant fortgeführt werden, aber in weiten Teilen schafft Kahn es nicht, wirklich aus diesem Potential zu schöpfen - zu viele verschiedene und zu schnell aufeinanderfolgende Aspekte spielen in die stark dem Reisemotiv verpflichtete Handlung hinein, als daß auf Einzelheiten eingegangen werden könnte - wenn man aber grundsätzlich an solch post-apokalyptischen Weltentwürfen interessiert ist, lohnt sich ein Blick in das Buch (und auch in die darin enthaltene Zeitleiste - will man sich nicht zu viel der Handlung vorweg nehmen, allerdings am besten erst nach der Lektüre des Romans).
Daß Kahn so viel Stoff in nicht einmal 300 Seiten gepackt hat, hindert ihn auch daran, dicht an die Figuren zu kommen; überhaupt wirkt die ganze Geschichte wie eine etwas unausgegorene und zerfahrene Aneinanderreihung von Ereignissen. Man könnte meinen, der Hauptprotagonist des Romans sei das neue Kalifornien selbst, denn das Vorstellen von Schauplätzen nimmt mehr Raum ein als der schwache Handlungskern, aus dem nie ein richtiger Lesefluß erwächst.
Trotzdem hat der Autor sowohl der Welt als auch den Figuren auch noch einen psychologischen Überbau verpaßt, so daß alle Charaktere im Laufe der Abenteuer auch eine Reise zur Selbsterkenntnis unternehmen - aufgrund der Fülle der Ereignisse eben auch ein eher dünnes Konstrukt, das vielleicht der Entstehungszeit geschuldet ist: Der erhobene Zeigefinger im Hintergrund läßt sich auf jeden Fall nicht leugnen.
Bis auf ein paar charmante Ideen und einen streckenweise interessanten, aber in der Ausführung nicht so recht überzeugenden Weltentwurf bleibt also nicht viel übrig, das richtig Freude beim Lesen macht. Und wer sich ob des lyrischen Titels (aus der ersten Zeile eines Gedichts von Andrew Marvell) eine sprachlich lohnende Lektüre erwartet, muß sich auf eine Enttäuschung gefaßt machen: Zumindest in der deutschen Übersetzung holpern die Sätze meistens eher vor sich hin und lassen an Rotstifte statt an Poesie denken...
(rezensiert von: mistkaeferl)

Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
Hinweise zu Sprache/Aussprache
Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

Buch gemocht? Vielleicht gefällt dann auch...

Hieros Reise

Fazit: Ein sprunghafter Roman, an dem der Zahn der Zeit ordentlich genagt hat: Für Nostalgiker und unerschrockene Weltentdecker.


©mistkaeferl 2002-07. Es ist nicht gestattet, diese Seiten in fremden Framesets darzustellen oder Inhalte anderweitig zu veröffentlichen. Zum Impressum