Worum's geht:
Der zwölfjährige George Chapman ist kein glückliches Kind.
Er leidet unter dem Tod seines Vaters, seine Mutter ist Schauspielerin
und muss ihn allzu oft allein lassen und jetzt hat er auch noch während
eines Museumsbesuchs Ärger mit seinem Lehrer. George lässt seinen
Unmut an einem kleinen steinernen Drachen aus, der den Haupteingang des
Museums schmückt. Er schlägt ihm den Kopf ab. Kaum hat er dies
getan, hört George auch schon ein Geräusch hinter sich. Das
ist bestimmt Mr. Kilingbeck, sein Lehrer, der ihm eine Standpauke halten
will. Doch als der Junge sich umdreht, ist da kein Mensch: Ein Flugsaurier
löst sich von der Fassade des Museums und greift George an.
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Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Aufgrund seiner unglückseligen Aktion ist George in einer Parallelwelt
gelandet, in der die steinernen Statuen und Figuren der Stadt zum Leben
erwacht sind. Die bösartigsten unter ihnen sind die Taints, die hässlichen
Wasserspeier, die Kirchen und Häuser zieren, und andere Skulpturen,
die die Menschen an die Hölle erinnern sollen. Sie haben keine Seele
und nichts Menschliches an sich, in ihnen ist eine Leere, die sie verzehrt,
und ausgerechnet die sind hinter George her. Spits hingegen sind Statuen,
die einen Menschen abbilden. Sie sind die Geschöpfe eines Künstlers,
in ihnen wohnt ein Funke des Geistes ihres Schöpfers. Spits und Taints
hassen sich und deshalb erhält George bei seiner Flucht vor dem Flugdrachen
auch die Hilfe vom "Kanonier", der zum Leben erwachten Statue
eines Soldaten aus dem 1. Weltkrieg. Diese Konstellation allein wäre
schon spannend genug, doch es ist etwas anderes, das diesen Roman zu etwas
Besonderen macht. Die Geschichte spielt in London und Charlie Fletchers
Beschreibungen sind so detailgetreu, dass man nicht mehr das Gefühl
hat, ein Buch zu lesen, sondern aktiv dabei zu sein: entweder direkt als
Beteiligter, als Zuschauer eines Films oder als Spieler eines Computer-
oder Brettspiels. All die Statuen, Straßen und Orte, von denen Fletcher
spricht, gibt es tatsächlich: die Sphinxe, die George und seinen
Freunden Rätsel aufgeben, den hilfreichen Lexikon-Johnson, den zwielichtigen
Dominikanermönch. Ihnen allen kann man in London wirklich begegnen
- und natürlich auch dem Kanonier. Hier könnt Ihr einen Blick
auf ihn werfen: http://www.artandarchitecture.org.uk/images/conway/b1607cbb.html
Normalsterbliche bemerken allerdings nicht, dass diese Statuen belebt
sind, auch nicht, wenn sie sich in der Parallelwelt befinden. Diese Fähigkeit
haben eigentlich nur Glints, wie Edie, die sich George und dem Kanonier
anschließt. Die Zwölfjährige hat auch Visionen, die die
Vergangenheit betreffen und nichts Gutes verheißen. Sie sieht immer
wieder einen unheimlichen Mann, den "Wanderer", und der ist
in Begleitung eines nicht minder unheimlichen Rabens, der direkt Poes
Gedicht entsprungen zu sein scheint.
Sprachlich kann der Roman nicht immer überzeugen. Einmal gelingt
es Fletcher, bzw. seinem Übersetzer, neunmal das Wort "Penner"
auf anderthalb Seiten unterzubringen. Abgesehen davon, dass dieser Ausdruck
nicht zu den gelungensten Wörtern der deutschen Sprache gehört,
ist die abfällige Bezeichnung für einen Obdachlosen in diesem
Fall auch völlig unangebracht, denn der Mann hilft George und auch
George verhält sich ihm gegenüber nicht feindselig oder herablassend.
(rezensiert von: Top
Dollar)
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