DIE TORE ZU ANUBIS REICH

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Wertung: 3 von 5
1 Rezension
-Ein breiter Strom fließt, düster anzuschaun,
Vom Abendrot zum ersten Morgengrauen…-
William Ashbless, Kapitel 15
Zyklus/Band -
Autor Tim Powers
Original The Anubis Gates
Erscheinungsjahr 1983
Verlag Heyne
ISBN 3-453-87070-0
Subgenre Phantastik
Seitenzahl 572
Probekapitel -
Worum's geht:
Stellen Sie sich vor, Sie könnten in die Vergangenheit reisen und Geschichte hautnah erleben. Als Professor Brendan Doyle das Angebot erhält, den berühmten Dichter Samuel Taylor Coleridge persönlich zu treffen, ist er begeistert. Doch was als phantastisches Abenteuer beginnt, wird schnell zu einem Kampf auf Leben und Tod. Magie regiert das London des Jahres 1810 und dunkle Kräfte haben sich verschworen, um das Rätsel der Unsterblichkeit zu lösen.

Bewertet mitSternen (Besucher-Rezension):
Der Roman Die Tore zu Anubis Reich beginnt mit einem Vorwort von James P. Blaylock.
Er ist selbst Fantasy-Autor und zählt seit den Studientagen in den frühen 70er-Jahren zu den engsten Freunden Powers'. In diesem Vorwort erzählt er von einem Unfug, den Powers und er an der Universität gemeinsam ausgeheckt hatten:
Um ihre Kommilitonen und das Magazin der Universität auf den Arm zu nehmen, erfanden die beiden einen englischen Dichter der Romantik mit Namen William Ashbless. Powers und Blaylock verfaßten gemeinsam nichtssagende Gedichte, in dem der eine eine Zeile "elegische" Worte zu Papier brachte und das Blatt dann dem anderen hinschob, um die nächste Zeile darunterzusetzen. Auf diese Weise entstand einiger Unsinn, der sich düster und bedeutungsschwer anhörte. Powers und Blaylock spielten der Redaktion der Uni-Zeitung diese Machwerke zu mit dem Hinweis, sie hätten die Gedichte des Romantikers William Ashbless wieder entdeckt und wollten ihn nun unbedingt bekannt machen.
Die Redaktion war begeistert und veröffentlichte die merkwürdigen Ergüsse dieses bis dahin unbekannten Dichters. Tim Powers und James P. Blaylock wurden in ihrer Universität von allen ob der Entdeckung dieses "großartigen Dichters" gewürdigt…
Dieses Vorwort stellt ein witziges aber dennoch bedeutendes Detail in diesem Roman dar, denn mit dem Wissen um diesen Hintergrund erhält die ganze Geschichte ein schelmisches Augenzwinkern…
Dieser William Ashbless, der übrigens auch in einem von Blaylocks Romanen vorkommt, den er zeitgleich und unabhängig von Powers Anubis Gates verfaßt hatte, bekommt mit dieser Geschichte so etwas wie eine eigentümliche Biographie…
Powers hat einen Roman vorgelegt, in dem Lücken im Raum-Zeit-Kontinuum thematisiert werden. Diese Thematik ist im Bereich der Fantasy nichts Neues oder gar ungewöhnliches, doch Tim Powers hat dieses Thema in seinem Roman auf interessante Weise aufgegriffen:
Die Geschichte beginnt im Jahr 1983: Professor Brendan Doyle, die Hauptfigur, erhält von einem gewissen J. Cochran Darrow, einem Industriellen, das Angebot, einem Vortrag des Dichters und Denkers Samuel Taylor Coleridge im London des Jahres 1810 beizuwohnen. Darrow hat während langwieriger und geheimer Forschungen entdeckt, daß im Raum-Zeit-Gefüge so genannte "Spalten" existieren, durch die man von einer bestimmten Zeit in eine andere gelangen kann. Professor Doyle nimmt das Angebot an und findet sich bald darauf im London des Jahres 1810 wieder…
Während dieser Zeitreise passieren einige "Zufälligkeiten" und gleichsam nach dem Motto: Zufall ist Schicksal - Schicksal ist niemals Zufall wird dem Leser sehr anschaulich und eindringlich vor Augen geführt, was geschehen würde, würde man in das empfindliche Netz der Zeit eingreifen. Obwohl hier alles auf den ersten Blick nach "Zufall" aussieht, ist eben gar nichts Zufall, sondern vom Schicksal so gewollt…
Der Roman ist in zwei "Bücher" unterteilt und innerhalb davon sind die relativ langen Kapitel vom Verlag in überschaubare Abschnitte eingeteilt worden, so das man sehr gut von Abschnitt zu Abschnitt lesen kann. Auf diese Weise verliert man nicht so leicht den Faden, auch wenn man immer nur ein paar Seiten liest. Diese Einteilung des Lesestoffes ist sehr angenehm und auch sprachlich hat man einen routiniert geschriebenen Text vor sich. Es gibt keine groben sprachlichen Schnitzer und die Wahl der Ausdrucksweise ist dem Milieu angepasst, in welchem die entsprechende Textpassage gerade spielt. Man hätte jedoch ein wenig sorgfältiger auf Fehler achten müssen, die in dieser Ausgabe leider reichlich zu finden sind.
Das erste Buch Das Gesicht unter dem Pelz beginnt mit der Flugreise Professor Brendan Doyles nach London, wo er mit dem alten, verschrobenen aber sehr reichen und schwer an Krebs erkrankten Industriellen J. Cochran Darrow zusammentrifft. Dieser macht ihm das ungeheuerliche Angebot, mit ihm und weiteren ausgesuchten "geladenen Gästen" in das Jahr 1810 zurückzureisen, um einem Vortrag des Dichters und Denkers Samuel Taylor Coleridge zuzuhören und Doyle, ein großer Verehrer Coleridges, sagt nach einigem Zögern zu. Der "Sprung durch die Zeit" wird vollzogen und man besucht die Lokalität in welcher der Dichter sprechen soll. Als die kleine Gesellschaft nach Coleridges Vortrag jedoch die Reise zurück in das Jahr 1983 antreten soll, wird Doyle zuvor entführt. Er kann sich zwar aus der Gewalt des Entführers befreien, doch die "Spalte" hat sich inzwischen wieder geschlossen und Doyle ist nun im London des Jahres 1810 gefangen…
Zu Beginn schleppt sich die Handlung etwas: Doyle bemüht sich, sich in der für ihn fremden Zeit zurecht zu finden, stolpert zunächst von einer unangenehmen Situation in die nächste - er trifft auf äußerst zwielichtige Gestalten, von denen es manche zwar gut meinen, die meisten anderen ihm jedoch ans Leben wollen. Doyle ist fast bis zum Ende des ersten Buches ausschließlich damit beschäftigt, sich seiner Haut zu wehren, vor irgendetwas oder irgendjemandem zu fliehen oder sich zu verstecken. Von den im ersten Buch auftretenden Personen bleiben die meisten ziemlich unnahbar: Mit keiner der hier beschriebenen Figuren bestanden für mich irgendwelche Identifikationsmöglichkeiten und auch die Motivation der Handlungen der einzelnen Figuren entzog sich oftmals meinem Verständnis.
Gegen Ende des ersten Buches gewinnt die Handlung zunehmend an Spannung und Tempo und im zweiten Buch Die zwölf Stunden der Nacht wird es kurzweiliger und interessanter. Begebenheiten, an denen man im ersten Buch noch ratlos herumgerätselt hat, klären sich nach und nach mehr oder weniger auf, wobei dennoch die Beweggründe einzelner handelnder Personen nach wie vor im Verborgenen bleiben…
Die magischen Ereignisse und das "Wesen" der angewendeten Magie treten jetzt in den Vordergrund und es wird schnell klar, das es sich dabei um eine höchst "ungesunde" Form von Magie handelt. Das Wissen um deren Beherrschung wurde von den beteiligten Magiern seinerzeit zu einem sehr hohen Preis erkauft…
Alles endet dramatisch auf magisch-mystische Weise und Brendan Doyle ist nach all diesen spektakulären Ereignissen ein ganz anderer Mensch geworden. Trotz aller Spannung und interessanter Wendungen hat mich die Lektüre dieses Romans von Tim Powers dennoch ein wenig unbefriedigt zurückgelassen:
Mit der Unnahbarkeit der Figuren und den schwer nachvollziehbaren Beweggründen - vor allem der Magier - hatte ich Schwierigkeiten: In die Personen konnte ich mich einfach nicht richtig hineindenken - ihre Gedanken und Gefühle blieben mir weitgehend fremd und verschlossen und ich habe auch nicht verstanden, warum man sich in die Sklaverei einer despotischen Magieform begibt, wenn man letztendlich nichts von seinen (sowohl seelisch als auch körperlich qualvollen) Bemühungen hat. Streckenweise fühlte ich mich während der Lektüre wie ein unbedarfter Zuschauer, der sich eine ihm unbekannte Oper ansieht, und es zuvor versäumt hat, das Programmheft genau durchzulesen…
Letztlich war für mich das "Zeitreise-Gedankenspiel" das Interessanteste an diesem Roman: Gut nachvollziehbar und in seiner logischen Konsequenz weit mehr als beunruhigend…
(rezensiert von: Katerchen)

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Aether

Fazit: Das "Zeitloch-Thema" wurde in einem guten und interessanten Roman umgesetzt, der jedoch ein wenig unter der Erzählweise aus der "Zuschauer-Perspektive" leidet.


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