Worum's geht:
In Vogelland haben die Elstern die Macht übernommen. Mit ungezügelter
Blutgier haben sie sich daran gemacht alle anderen Vogelarten auszurotten.
Besonders zu leiden haben die kleineren Vogelarten, aber auch die größeren,
wie Eulen oder Adler, können in ihrer Minderzahl kaum noch etwas
gegen die grausamen Unterdrücker ausrichten. Das Rotkehlchen Kirrick,
einer der wenigen Überlebenden der Massenmorde, bringt trotz aller
erlittenen Verluste den Mut auf gegen die Elstern in den Kampf zu ziehen,
indem er in einem Plan, den die Eulen zur Ausrottung der Schreckensvögel
entworfen haben, eine wichtige Rolle annimmt.
|
|
|
|
Warum's so gut
ist:
Aus reiner Machtgier und mittels grenzenloser Brutalität schwingt
sich eine Elster zum Vogeldiktator auf und führt die begeisterten
oder gefügig gemachten Elsternschwärme in den Kampf zur Ausrottung
anderer Rassen. Eine Parabel aus dem Geschichtsunterricht? Nein, nur aus
reiner Freude an überflüssigen Tötungsszenen hat der Autor
einen besonders brutalen Bösewicht geschaffen. Wer sich dazu Fragen
wie "Warum" und "Wozu" stellt und nicht schon immer
gewusst hat, dass Elstern die widernatürlichsten, gewalttätigsten
Vögel unter der Sonne sind, hat Pech gehabt. Rotkehlchen Kirrick
erklärt die plötzliche (!) Boshaftigkeit der Aasfresser damit,
dass sie sich ihre Population durch die steigende Zahl totgefahrener Tiere
am Straßenrand übermäßig ausbreiten konnte. Was
dieser Hinweis erklären sollte, sei dahingestellt. Falls es
für den Begriff Platter-als-eindimensional noch kein passendes Beispiel
gibt, dann findet sich Beispiel Nr.1 in der Gut-und-Böse-Verteilung
dieser Geschichte. Um sich Anstrengungen der Fantasie zu ersparen, wird
Ober-Elster Traska schlicht als "der Inbegriff des Bösen"
charakterisiert. "Herzlos waren sie mit ihr umgegangen - und herzlos
waren manche von ihnen im wörtlichen Sinn, wenn Traska mit ihnen
fertig war." Damit wären wir bei Beispiel Nr.2: Die gnadenlos
einsilbige, einfallslose sprachliche Gestaltung. Eine Schwäche, die
so schwer wiegt, dass der Lesefluss mangels Lesefreude ernsthaft beeinträchtigt
wird. Der Satz "Das Ende kam rasch und blutig" stellt
eine vollständige Tötungsszene dar - nicht nur ein Beispiel
für die staubtrockene Sprache, sondern auch für den lieblosen
Umgang mit dem Handlungsverlauf (Beispiel Nr.3): Die dahingeklatschten
Szenen kümmern sich nicht um den roten Faden. Der Plot ist so löchrig,
dass er allernorts mit merklich spontanen, zusammenhanglosen Ideen gestopft
wird. So erfährt man von wichtigen Figuren und örtlichen Gegebenheiten
erst dann, wenn sie plötzlich gebraucht werden. Das überrumpelt
den Leser und wirkt jeglichem Spannungsaufbau entgegen. Allein die David-gegen-Goliath-Idee
lässt noch vermuten, wie sich die Geschichte entwickeln wird. Aber
als nach und nach immer mehr Überlebende, die es anfangs doch kategorisch
nicht gab, aus dem Nichts erscheinen, wirkt Kirrick als David überflüssig.
Er tut nichts Besonderes, was seinen Heldenstatus aus Sicht des
Lesers rechtfertigen würde. Die Heldenrolle wird ebenso wie die des
Bösewichts auf ein beliebiges Tier gestempelt.
VORSICHT, SPOILER: Allerdings scheint Woodall selbst vom Helden gelangweilt
zu sein, denn er entsorgt ihn knapp nach der Mitte (!!) des Buches als
Märtyrer. Der Rest ist pathetischer Heldenkult ("So lange
es noch Vögel gibt, wird Kirrick nicht vergessen werden").
Die Moral der Geschichte ist arg bedenklich: Zwischen den Extremen
des plakativ Guten und Bösen existiert nur das Entweder-Oder. Das
Böse rottet das Gute aus, also muss das Gute das Böse ausrotten.
Die Logik, dass sich so am Ende alle ausrotten, wird dadurch untergraben,
dass die Guten schwarmweise - glücklich und zufrieden - aus dem Nichts
wieder auftauchen. Um den Leser nachdrücklich auf Gut zu polen, tötet
im Epilog ein kleiner Junge eine Elster.
(rezensiert von: Nungu)
|
|
|