Worum's geht:
Neben den Menschen gibt es
die Anderen - Magier, Vampire, Hexen, Werwölfe - und diese fechten
einen ewigen Kampf um die Menschen, auf der guten und der bösen Seite.
Im modernen Moskau hat dieser Kampf allerdings mittlerweile etwas Bürokratisches,
und Anton, ein kürzlich vom Programmieren zum Außendienst abkommandierter
Anderer, geht auf Streife. Er trifft auf eine Frau, die mit einem schrecklichen
Fluch belegt worden ist; einem Fluch, der ganz Moskau ins Verderben reißen
könnte. Als ob das nicht genug wäre, rettet er auch noch einen
Jungen vor einem Vampir-Pärchen, und es stellt sich heraus, daß
dieser Junge ein hohes Potential als Anderer besitzt. Ein Potential, auf
das beide Seiten scharf wären, sowohl die Wächter der Nacht,
Antons Organisation des Guten, als auch die gegesätzlichen Wächter
des Tages...
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Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Fantasy und SF sind in Rußland hochbeliebte Genres - nebst diversen
Übersetzungen wird auch einiges an eigener Literatur produziert,
aber eher selten verirrt sich etwas davon auf den deutschen Markt. Die
Übersetzung von Sergej Lukianenkos Wächter der Nacht
hat man wohl dem darauf basierenden Kino-Film zu verdanken.
Lukianenko erzählt in diesem Roman drei locker zusammenhängende
Geschichten aus der Perspektive des Nachtwächters Anton Gorodezki,
der eher zur heruntergekommeneren Sorte der Streiter für das Licht
gehört und auch ein entsprechend flapsiger, aber durchaus interessanter
Erzähler ist. Der Kampf zwischen Gut und Böse im modernen Moskau
besticht durch allerlei gute Ideen - Vampire, die das Blutspendewesen
vorantreiben, um auf der legalen Seite bleiben zu können, der insgesamt
sehr bürokratische Ablauf des ewigen Hin und Hers zwischen Licht
und Dunkel, der vor allem auf einem zugunsten der normalen Menschen geschlossenem
Pakt beruht. Hier ist Ausgleich angesagt - wenn die eine Seite eine Seele
rettet, darf sich die andere eine holen. Die ethischen Bedenken, die ein
solcher Pakt in einer dermaßen schwarz-weißen Welt mit sich
bringt, sind dann auch Thema der Handlung; allerdings wird die Problematik
eher als Motor für die Spannung benutzt, als daß man sich in
der Tiefe damit auseinandersetzen würde, aber einige Denkansätze
sind vorhanden.
Die strukturierte Welt aus Gut und Böse mit ihren festen Regeln bietet
einen wunderbaren Hintergrund für Intrigenspiel, und genau darauf
basiert auch die Handlung der drei Geschichten. Die Schachzüge der
Beteiligten sind recht elegant und kaum von Anfang an zu durchschauen
- manchmal sind diese fast kryptischen Hintergrundgeschichten auch ein
Manko, wenn man erst auf der letzten Seite einer Erzählung erfährt,
was wirklich geschehen ist.
Wer sich von Wächter der Nacht - auch augrund des vollmundigen
Herr-der-Ringe-Vergleichs von der Verlagsseite - eine große epische
Handlung erwartet, die den Kampf zwischen Gut und Böse thematisiert,
wird allerdings enttäuscht sein. Die drei Geschichten erzählen
jeweils von einer Krisensituation, die gelöst werden muß, aber
das Chaos bricht niemals aus und der Pakt zwischen Licht und Dunkel wird
gehalten. Zusammengehalten wird das Ganze von der jeweils im Mittelpunkt
stehenden Hauptfigur Anton, und einer Liebesgeschichte. Letzere findet
aber innerhalb des Romans nicht statt, und wirkt deshalb einigermaßen
unglaubwürdig, vor allem als Triebfeder der Handlung.
Mit der ersten der drei Geschichten liest man gleich die Beste, was auch
daran liegen könnte, daß man dann weiß, wie der Hase
läuft, und nicht mehr dermaßen überrascht sein wird. Das
Ende dieses Bandes bietet aber noch einen Knaller und ist gut gelungen.
Sehr charmant bindet der Autor auch andere Werke der Phantastik mit ein,
und steht damit augenzwinkernd zu seinen Inspirationsquellen von Alice
im Wunderland bis Star Wars.
Vor allem aber die Erzählerfigur sorgt dafür, daß man
gerne am Ball bleibt - zusammen mit Anton wachsen einem langsam Zweifel,
ob "gut" und "böse" nicht einfach nur nichtssagenden
Bezeichnungen in einem schmutzigen Kampf sind, und der ganz eigene, russische
Charme und die eigenwilligen Ideen heben Wächter der Nacht
vom Standard ab und sind sicher eine Bereicherung für Fans der düsteren
Seite des Phantastischen.
(rezensiert von: mistkaeferl)
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