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-Als
ich vor einigen Monaten - nach seltsamen Abenteuern in der Südsee und
in anderen Zonen - in die Vereinigten Staaten zurückkehrte, geriet
ich in Richmond zufällig in die Gesellschaft von Herren, die sich für
die Gegend, die ich durchschifft hatte, lebhaft interessierten und mich
inständig baten, ja, es für meine Pflicht erklärten, die
Erzählung meiner Abenteuer dem Publikum zugänglich zu machen.- |
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Worum's geht:
Arthur Gordon Pym berichtet dem bekannten Autor Edgar Allen Poe von seinen
erstaunlichen Abenteuern. Der jugendliche Held fasst den Entschluss, sich
als blinder Passagier auf einem Wahlfänger Richtung Süden einzuschiffen.
Mit Hilfe seines Freundes August gelingt ihm der Coup, bald muss er jedoch
erkennen, dass das Abenteuer ganz und gar nicht nach seinen Vorstellungen
verläuft. Nach Wochen voll härtester Entbehrungen und nie gekanntem
Grauen überschreitet Pym die Grenzen der bekannten Welt und sieht
Dinge, die kein Auge zuvor erblickte...
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Bewertet mit Sternen
(Besucher-Rezension):
Edgar Allen Poe, im allgemeinen bekannt durch seine düsteren Gedichte
und Kurzgeschichten, legte mit den Abenteuern des Artur Gordon Pym
seinen ersten und einzigen Roman vor. Nach Lektüre des Buches wird
klar, warum der Klappentext den Text als "heimliches Meisterwerk"
unter den Gothic-Novels tituliert.
Das Buch beginnt recht klassisch mit einem Vorwort, in dem der Autor sich
selbst als handelnde Person etabliert, indem er behauptet, die Geschichte
basiere auf realen Begebenheiten, die ihm von titelgebendem A.G. Pym berichtet
wurden.
Die eigentliche Handlung spielt sich um das Jahr 1830 herum ab. Der jugendliche
Held und sein Freund schiffen sich, vom Fernweh gepackt, auf einem Wahlfänger
ein. Wie bei Abenteuergeschichten aus dieser Zeit (etwa Moby Dick)
üblich, zeichnet sich der Hauptcharakter, der auch als Ich-Erzähler
fungiert, nicht durch die plakativen Charakterzüge aus, die man aus
aktuellerer Literatur gewohnt ist. Er fungiert eher als Projektionsfläche
für Emotionen und Handlungen, denn als eigenständige Person.
Auch andere Protagonisten präsentieren sich eher archetypisch als
vielschichtig, was sich aber problemlos mit der zu Beginn recht klassischen
Erzählstruktur verträgt.
Die ersten Kapitel ziehen sich dann allerding doch etwas, der Titelheld
ist hauptsächlich mit Leiden beschäftigt, was auch ausführlich
beschrieben wird. Kompensiert wird das freilich durch den einmaligen Stil
Poes, der es wie immer meisterhaft versteht, durch sehr einfache Mittel
eine stete Athmosphäre von unterschwelligem, nicht direkt greifbarem
Grauem zu erzeugen. Außerdem unterbrechen immer wieder interessante
Ereignisse die relative Eintönigkeit, so dass das der "Eine-Seite-noch"-Effekt
nie verloren geht.
Ab der 2. Hälfte des Romans gewinnt der Plot dann endgültig
an Fahrt; nicht zuletzt, weil der Autor spürbar mehr fiktive Elemente
einfließen lässt. Die Protagoisten stoßen in Regionen
vor, die zum Zeitpunkt der Niederschrift noch Terra Incognita waren, und
Poe versäumt nicht, hier einige recht ausgefallene Ideen anzubringen,
die in ihrem Zusammenspiel eine herrliche Mischung aus klassischer Entdecker-Story
und psychologischem Horror bieten. Immer surrealer und reduzierter werden
die Beschreibungen der Ereignisse, bis das Buch schließlich in einem
Schluss gipfelt, wie er in der mir bekannten fantastischen Literatur seinesgleichen
sucht.
Ich will nicht viel dazu sagen, da das sehr befremdliche und aprupte Ende
einen Großteil des Reizes dieser Geschichte ausmacht. Nur soviel:
Poe gelingt hier der Kunstgriff, quasi keine Antworten auf die aufgeworfenen
Fragen zu geben und den Leser trotzdem nicht unbefriedigt zurückzulassen.
Dem Buch folgt ein Nachwort, in dem eine Begebenheit der Handlung noch
einmal wissenschaftlich beleuchtet, aber nicht erklärt wird, was
zusammen mit dem pseudo-dokumentarischen Vorwort die Trennlinie zwische
Fiktion und Realität nochmals angenehm verwischt.
Anmerkung: Das Buch wurde später von Jules Verne (!) fortgesetzt,
(siehe Die
Eissphinx) der das hohe Niveau in Bezug auf Atmosphäre und
Stil meiner Meinung nach leider nicht ganz halten kann.
(rezensiert von: Gaspode)
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