Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Die Geschichte zieht sich durch den halben Westen des hyborischen Kontinents:
Von Nemidien nach Aquilonien über Zingara und Argos nach Stygien
und wieder zurück nach Aquilonien. Stygien ist deutlich an das alte
Ägypten angelehnt, es wird von Königen regiert, doch die Priester
sind die eigentlichen Machthaber. Zingara erinnert an das mittelalterliche
Spanien und die anderen Reiche an eine Mischung aus dem antiken Rom und
Griechenland, wobei es auch starke Elemente des Mittelalters - schwergepanzerte
Ritter und an Franken angelehnte Gundermänner - gibt. Auch wenn die
Kultur nur eine farbenprächtige Kulisse für die Action bietet,
so hat doch die Landschaft bei den Schlachten gewichtigen Einfluß
- Howard hat seine antiken Schlachtberichte gut studiert. Gleichzeitig
ist es eine Reise durch Conans Vergangenheit: Er trifft alte Bekannte
aus der Zeit, als er Bachanan-Pirat war oder mit Belît den Süden
unsicher machte, erinnert sich an die Gepflogenheiten als Dieb und Söldner
- und schließt daraus auf das Verhalten der Anderen. Entsprechend
begegnet der Leser mit Conan auch eine bunte Vielfalt an unterschiedlichen
Figuren.
Da die Geschichte sich weitgehend um Conan aufbaut, sind andere Figuren
nur mit ihm zusammen in Rampenlicht. Es zeigt sich eine deutliche Entwicklung
zu seinem früheren Leben - sicher ist er noch stark und zäh,
aber er hat viel von seiner Wildheit eingebüßt - auch wenn
er schnell wieder zum Barbaren werden kann, so ist er doch keiner mehr.
Bisweilen verspürt er die Verlockungen des wilden, ungebundenen Lebens,
aber er widersteht ihnen und erkennt im Laufe der Geschichte immer mehr
den Wert von Bindungen und Zivilisation. Einiges ist etwas sonderbar an
ihm, so handelt er häufiger rationaler und aufgeklärter als
seine Untertanen, aber insgesamt stört dieses kaum. Die Figuren neben
Conan treten meist nur kurz auf. Interessant sind vor allem die drei weltlichen
Verschwörer. Tarascus, der König von Nemidien wird und einerseits
um seine Stellung bangt, daher etwas unternimmt um sie zu festigen, und
andererseits halbwegs ritterlich bleibt, aber auch sein Leben nicht wegwerfen
mag. Dem gegenüber steht Valerius, der König von Aquilonien
wird und weiß, daß er nur ein Werkzeug ist. Daher ist er bemüht
möglichst viele mit in den Untergang mitzunehmen - es geht ihm nicht
darum irgend jemandem speziellen zu schaden, er will allen schaden. Schließlich
ist da noch Amalric, der eigentliche Machthaber über die anderen
zwei; er erkennt, daß Xaltotun eine ernste Gefahr werden kann, aber
erst mal muß er sich ganz pragmatisch um Conan kümmern - wenn
Valerius dieses nicht überlebt: Um so besser! Darüber hinaus
treten noch unzählige weitere Figuren auf, die meistens gute Besetzungen
für ihre Rollen, aber auch nicht besonders interessant sind; Xaltotun
und Zenobia, ein Mädchen, daß ihr Leben riskiert, da sie sich
in den fernen Conan verliebt hat, könnten allerdings etwas glaubwürdiger
charakterisiert sein. Ein weiteres Problem ist eine gewisse Phantasielosigkeit
bei der Namensvergabe der Nebenfiguren. So nächtigt Conan zunächst
bei seinem treuen Gefolgsmann Servius, muß einige Zeit später
in Servios Herberge - der Art ähnliche Namen erleichtern das Verständnis
nicht - leider bleibt es nicht die einzige Namensverwechslung. Diese Geschichte
quillt - für Conan-Verhältnisse - über vor magischen Elementen.
Es gibt gleich fünf unterschiedliche zaubernde Entitäten, dazu
noch einige Fabelwesen - sogar einem Vampir -Warhammer-Spielern
dürfte nach der Lektüre klarer sein, woher die Lahmia stammen-
begegnet Conan. Wie üblich erfährt der Leser bestenfalls nur
wenig darüber, wie die Zaubernden Magie wirken, ihm wird dafür
ausführlicher die Wirkung des Zaubers mitgeteilt. Da ist einiges
möglich - vom Todeszauber, der den Berührten sofort tot sein
läßt, über hellsichtige Visionen, die den rechten Weg
weisen, zu Lebensritualen, die es erlauben, lange Tote wieder ins Leben
zurückzuholen. Die Schilderung ist durchwachsen, einiges wirkt zu
mechanisch um den Leser beeindrucken zu können, anderes aber gelingt
Howard gut.
Die Geschichte ist weitgehend eine Queste. Um sein Königreich zurückzuerhalten,
muß Conan das Herz Ahrimans finden - dem jagt er etwa zur Hälfte
des Buches nach, quer durch die hyborischen Königreiche. Im Laufe
der Reise muß er viele Herausforderungen bewältigen - viele
davon durch Kämpfe, immer wieder muß er sich aber auch dafür
entscheiden, den gefahrenvollen Weg weiterzugehen und nicht aufzugeben,
denn es wäre ein Leichtes, wieder als Söldner oder Pirat auf
Plünderfahrt zu gehen. Der Anfang erinnert leider sehr an die Geschichte
Die Scharlachrote Zitadelle,
erst mit der Aufnahme der Queste ändert sich dieses - wer die Geschichte
kennt, kann ruhigen Gewissens die ersten fünf Kapitel (von insgesamt
zweiundzwanzig) überfliegen. Außerdem wirken die Episodenhaftigkeit
und die vielen zufälligen Ereignisse etwas sonderbar. Dieses liegt
zum einen daran, daß die Geschichte zuerst gestückelt unter
dem besseren Titel The Hour of the Dragon in der Zeitschrift Weird
Tales erschienen ist und erst später in Romanform (de Camp überarbeitete
die Fassung, um die Unebenheiten zu glätten). Die vielen Zufallsereignisse
können der Reise etwas vom Schicksal/Göttern getriebenes verleihen,
ähnlich wie die Odysee - oder unplausibel wirken, je nach Geschmack
des Lesers.
Howards Schreibstil hat sich kaum verändert, die Wortwahl ist etwas
routinierter, geworden, was den Text etwas Lebendigkeit nimmt, aber die
Sätze sind immer noch kurz und meisterlich prägnant, sie passen
gut zur hohen Erzählgeschwindigkeit.
(rezensiert von: Theophagos)
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