BLATT VON TÜFTLER

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Wertung: 3 1/2 von 5
1 Rezension
-Es war einmal ein kleiner Mann, der hieß Tüftler-
Zyklus/Band Kurzgeschichte (in: Das große Lesebuch der klassischen Fantasy)
Autor John Ronald Reuel Tolkien
Original Leaf By Niggle
Erscheinungsjahr 1945, dt. 1975
Verlag - (s. Anthologie)
ISBN - (s. Anthologie)
Subgenre Phantastik
Seitenzahl 22
Probekapitel -
Worum's geht:
Der Kleinbauer Tüftler geht einer ungewöhnlichen Freizeitbeschäftigung nach: Er malt einen Baum, aber jedes einzelne Blatt soll von gleicher Struktur, doch verschieden von allen anderen Blättern sein. Immer wieder kommt es zu Unterbrechungen, und wenn er sich nicht ordentlich eilt, dann wird er bis zu seiner Abreise, die er auch noch nicht angemessen vorbereitet hat, nicht fertig werden - und wird er das nicht, so wird der Baum niemals vollendet werden.
Bibibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Die Geschichte beginnt in einem ländlichen Gebiet in einiger Entfernung von der Stadt. Kurz darauf geht es in diese Stadt, wo der Leser etwas über das Leben in einem Institut erfährt, und dann geht es in das Bild von Tüftler. Die Beschreibungen sind äußerst vage und rufen in mir ein Bild Englands der 30er/40er Jahre des 20. Jahrhunderts wach - in anderen Lesern könnte es aber ohne weiteres andere Bilder erzeugen. Gerade die extreme Schlichtheit der Beschreibungen im Großen und die detaillierten Beschreibungen im Kleinen lassen das Setting als symbolische Kulisse erscheinen.
Es gibt zwei phantastische Elemente, von denen eines vernachlässigbar ist - eine sofort heilende Wundsalbe. Das andere ist die Transferierung Tüftlers in sein Bild.
Ähnlich wie mit dem Setting verhält es sich mit der handvoll auftretender Figuren - sie werden nur knappst skizziert: Tüftler ist hilfsbereit und will sein Bild malen; sein Nachbar Paris hat ein lahmes Bein, will seine Sachen in Ordnung haben und hält nichts von der Malerei. Die anderen Figuren werden noch weniger charakterisiert.
Der Plot dieser Geschichte ist nur schwer zu beschreiben; Tüftler ist im eigentlichen Sinne eine Art von Antiheld und somit entwickelt sich die Geschichte nicht nach seinen Entscheidungen, sondern den der Anderen. Die dunkle Unbestimmtheit des Settings und die komplette Unterworfenheit des "Protagonisten" verleihen der Geschichte etwas kafkaeskes - wenngleich Kafka wesentlich verworrener und verstörender ist. Tolkien wollte diese Geschichte als mythische gelesen wissen, aber sie schreit förmlich nach Interpretation. Vielfach wird der Baum als Allegorie auf Tolkiens eigene Arbeit an seinen Mittelerde-Geschichten gelesen - doch es gibt sicherlich noch andere Deutungsmöglichkeiten.
Auch die Frage nach der Spannung ist zweifach zu beantworten. Liest man die Geschichte mythisch, so ist es eine eher reizlose Wundergeschichte, deren Spannung aus dem Transferierungswunder entsteht; liest man sie dagegen als Allegorie, dann ist es durchaus spannend eine stimmige Deutung zu finden.
Erzählt wird die Geschichte aus auktorialer Perspektive von einem zurückhaltenden Erzähler. Der Handlungsaufbau entwickelt sich dramatisch, wenngleich die sprunghaften Wechsel diesen episodenhaft erscheinen lassen. Die Stilhaltung ist leicht empathisch und vermittelt eine sanfte Melancholie. Die Sätze und Wortwahl sind unauffällig, neigen aber zur Schlichtheit, was gut zur Geschichte paßt.
Die Bewertung bezieht sich auf die mythische Lesart. Als allegorische Autobiographie gäbe ich einen halben Stern mehr.
(rezensiert von: Theophagos)
Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
-
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
Hinweise zu Sprache/Aussprache
Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

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Fazit: Klein und pathetisch wie er ist, schafft der fremdbestimmte Tüftler durch beharrliche Detailliertheit etwas Großes; als mythische Geschichte eher mittelmäßig, als allegorische Autobiographie durchaus interessant.


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