Worum's geht:
England: Im Jahr 1911 erleidet die zehnjährige Celandine einen Unfall.
Als sie unter einem Baum erwacht, sieht sie in den Ästen der Eiche
einen Jungen sitzen, einen sehr kleinen Jungen. Jemand ruft nach ihm und
nennt ihn "Fin". Celandine wird erneut ohnmächtig. Nachdem
sie das Bewußtsein wiedererlangt hat, ist sie überzeugt, jemanden
vom Kleinen Volk gesehen zu haben. Einige Zeit später trifft sie
wieder auf Fin, der sie zum Versteck seines Stammes führt. 1915,
während des Ersten Weltkriegs, kommt Celandine in ein Internat. Da
ihre Mutter Österreicherin ist und somit als Feindin betrachtet wird,
obwohl sie schon seit langer Zeit in England lebt, und weil sie sich die
"falsche" Freundin aussucht, wird Celandine von ihren Mitschülerinnen
schikaniert. Die Lehrerinnen sind ihr keine Hilfe. Sie sind streng, unnahbar,
und bei Verstößen gegen die Ordnung setzt es Schläge.
Celandine verläßt heimlich das Internat und sucht Zuflucht
beim Kleinen Volk.
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Bibliotheka Phantastika verleiht Sterne:
Im zweiten Band seiner Trilogie erzählt Steve Augarde die Geschichte
Celandines, der Urgroßtante von Midge. Im Gegensatz zum ersten Teil
liegt der Schwerpunkt diesmal auf der Realität, und die ist im zweiten
Jahr des Ersten Weltkrieges höchst unerfreulich. Celandines erst
sechzehnjähriger Bruder meldet sich freiwillig. Das Mädchen
lernt einen kriegsversehrten Soldaten kennen und als Celandine in den
Elfenwald flieht, muß sie erfahren, daß auch dort ein Krieg
zwischen den Naiad und den Ickri droht.
Der Elfenwald ist ein gut gemachtes Antikriegsbuch und zugleich
eine Internatsgeschichte. Wer jetzt aber an Hanni und Nanni denkt,
liegt falsch. In der Freudenberg-Schule herrschen Zustände, wie sie
im Film Mädchen in Uniform gezeigt werden. Ordnung und Disziplin
werden mit Strenge und körperlicher Züchtigung erzwungen, und
die Mädchen machen sich mit wenigen Ausnahmen gegenseitig das Leben
zur Hölle. Celandine wird wegen ihrer Herkunft schikaniert, und alles,
was aus Deutschland kommt, vom Bleistift bis zum Geo-Dreieck, wird geächtet
und muß verschwinden.
Es ehrt Steve Augarde, daß er so eindeutig sowohl gegen Krieg, als
auch gegen übertriebenen Patriotismus und Diskriminierung Stellung
bezieht, aber der Leser muß sich im Klaren darüber sein, daß
er hier ein völlig anderes Buch vor sich hat, als er es von der Fortsetzung
von Das Kleine Volk erwarten durfte. Poetische Elemente fehlen
fast vollständig, das Kleine Volk und Magie spielen eine untergeordnete
Rolle. Celandine besitzt aber offensichtlich magische Fähigkeiten,
denn sie kann mit ihren Händen heilen, und manchmal sieht sie ein
ihr unbekanntes, geisterhaftes Mädchen, das Hosen trägt. Der
Leser weiß natürlich, wer dieses Mädchen ist, und falls
er sich im Verlauf der Handlung irgendwann gefragt haben sollte, warum
Augarde so ausführlich die traurige Realität des Jahres 1915
beschreibt, dann ahnt er in diesen Momenten, daß Steve Augarde diese
Frage im dritten Band beantworten und Celandine und Midge zusammentreffen
lassen wird. Allerdings ist das nur eine Vermutung, es ist nicht ausgeschlossen,
daß Augarde seine Leser ein weiteres Mal überrascht.
Trotz des traurigen Themas gibt es auch einige komische Szenen. Celandine
bringt Fins Stamm Lesen und Schreiben bei und muß den kleinen Kerlchen
erst einmal begreiflich machen, warum Menschen Geschichten in "Schachteln"
aufbewahren wie Streichhölzer, und daß diese Schachteln "Bücher"
heißen. Und obwohl die Naiad eifrig bei der Sache sind und so lernwillig
wie ein Lehrer es sich nur wünschen kann, bleibt die Rechtschreibung
einiger Schüler recht individualistisch.
(rezensiert von: Top
Dollar)
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