THE LOVELY BONES

Anderer Meinung?

Dieses Buch für Bibliotheka Phantastika rezensieren:
Mitarbeiter gesucht

Berwertungsschlüssel:

5 Sterne = spitze
4 Sterne = gut
3 Sterne = geht so
2 Sterne = unbefriedigend
1 Stern = übel
Wertung: ø 5 von 5
2 Rezensionen
-My name was Salmon, like the fish; first name, Susie. I was fourteen when I was murdered on December 6, 1973.-
One
Zyklus/Band -
Autor Alice Sebold
Übersetzung In meinem Himmel
Erscheinungsjahr 2002
Verlag Back Bay Books
ISBN 0-316-17072-0
Subgenre Phantastik
Seitenzahl 372
Probekapitel -
Worum's geht:
Die vierzehnjährige Susie Salmon wird auf dem Heimweg von der Schule von einem geistesgestörten Nachbarn vergewaltigt und ermordet. Ihre Seele findet sich in einer Nachwelt wieder, die Susie "Meinen Himmel" nennt. Von dort aus beobachtet sie Menschen, die in ihrem Leben wichtig waren und erinnert sich an gemeinsame Erlebnisse. Sie sieht ihrer kleinen Schwester Lindsey zu, die sich verliebt, und ihren Eltern, die sich langsam auseinanderleben. Sie begleitet die sensible Ruth und Susies Freund Ray. Sie verfolgt die Ermittlungen der Polizei und beobachtet ihren Mörder. Sie stellt fest, daß die Zeit nicht alle Wunden heilt, sondern der Schmerz nur andere Formen annimmt. Und schließlich gibt es einen Hunger nach Leben, der sie immer wieder zu den Lebenden zurückzieht.

Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Die Familie Salmon lebt in den USA der 70er im Suburb Fairfax. Zusätzlich werden noch andere "reale" Orte wie New York oder Santa Rosa etc. besucht, doch auf diese wird besten Falls nur ein kurzer Blick geworfen. Fairfax ist eine typische amerikanische Vorstadt: Reihe um Reihe von Reihenhäusern, alle mit demselben Grundriß. Die Nachbarn sind nett und verständnisvoll - an der Oberfläche. Lernt man sie näher kennen, stellt man fest, daß sie einsam sind und sich vor Leid - auch dem der anderen Leute - häufig fürchten. Dieses milieuartige Setting ist zwar sehr stimmig, aber nur die Kulisse, in der die Geschichte spielt.
Phantastische Elemente gibt es wiederum einige. Da ist zunächst natürlich die Nachwelt. Susie nennt diese "Meinen Himmel", denn sie ist ganz nach ihren Wünschen ausgerichtet. Wo ihre Vorstellungen mit denen anderer übereinstimmen, da trifft sie auch andere Seelen. Susie hat sich sehr auf die Highschool gefreut; das Schuljahr noch zu Ende, dann wäre sie in die Fairfax High gegangen. In der Nachwelt lebt sie zusammen mit einem anderen Mädchen in der Fairfax High. Auf dem Schulhof spielen Jungen Basketball - aber sie kneifen die Mädchen nie in den Hintern. Auch wenn dieses Konzept einigermaßen tröstend ist, so ist es nicht perfekt, denn es ist statisch - es gibt keine neuen Eindrücke mehr, die muß man als Lebender sammeln - und es heilt nicht automatisch vom Verlust - Susie nimmt ein wenig Einsamkeit mit in den Himmel.
Dann sind da die Geister - Menschen, nur eben tot. Hauptsächlich vergnügen sie sich in ihren Himmeln, aber viele haben selbst Verluste erlitten und hungern auf der einen oder anderen Art nach dem Leben - nicht dramatisch-theatralisch als Rächer aus dem Jenseits oder dergleichen, sondern leise und melancholisch als stille Beobachter, die niemals mehr teilnehmen können. Susie kann manchmal kleine Dinge in der Welt der Lebenden bewegen - eine Kerze ausblasen oder in Scherben erscheinen. Manchmal kann sie nahestehende Personen auch zu etwas drängen. Aber dieses sind eher Zeichen der Ohnmacht als solche der Macht.
Ihre Schulkameradin Ruth Conners lernt es, die Verstorbenen zu sehen - kommunizieren kann sie nicht mit ihnen.
Trotz all dieser vielen phantastischen Elemente stehen diese nur selten im Vordergrund, vielfach muß sich der Leser zudem fragen, ob Susie Einfluß auf die Lebenden nimmt oder ob deren Sinne ihnen einen Streich spielen - diese Elemente sind zwar notwendig für weite Teile der Geschichte, dennoch wirken sie eher beiläufig.
Die Darstellung der zentralen Figuren ist der Kern der Geschichte; es sind allerdings nicht besonders viele. Die meisten weiteren sind eher Randfiguren und werden kaum näher beleuchtet. Die zentralen Figuren werden dagegen sehr detailliert beschrieben, besonders ihr Seelenleben, denn The Lovely Bones ist eine Geschichte über Verlust, Trauer und Leid. Auch wenn die Figuren vielfach zur Zentrik neigen, sind es doch sehr runde Figuren. Es werden geschickt bekannte "Allerweltsfiguren" geschaffen, die eine Identifikation erleichtern, aber dennoch höchst glaubwürdig und komplex bleiben.
Die zentralen Figuren waren alle in Susies Leben von elementarer Bedeutung. Während die kleine Schwester, die dreizehnjährige Lindsey, zunächst gar nichts an sich heran läßt, verliebt sie sich relativ bald in Samuel; die Beziehung zwischen den beiden hilft ihr, zu einem einigermaßen normalen Leben zurückzufinden. Doch ihr Vater John kann mit dem Verlust seiner Tochter nicht umgehen. Susie nimmt nach wie vor einen großen Raum in seinem Leben ein, ihr Zimmer bleibt sehr lange Zeit unangetastet und nach und nacht entwickelt er eine gewisse Besessenheit, den Mörder aufzuspüren. Auch die Mutter Abigail kommt mit der Situation nicht klar. Gab es schon vorher feine Risse in der Beziehung der Eltern, so entfremdet sie sich nun immer mehr von der Familie und versucht den Verlust zu verdrängen. Weder der kleine Bruder, der vierjährige Buckley (der am Ende der Geschichte so alt geworden sein wird, wie seine Schwester es wurde), noch die trinkende und auf Schönheit fixierte, aber sehr nette Großmutter Lynn spielen eine große Rolle. Dafür aber Ray Singh, ein Klassenkamerad, der in Susie verliebt war, wie sie in ihn. Zunächst hält man ihn in der Stadt für den Täter, denn er ist ein Außenseiter (seine Eltern stammen aus Indien) und man findet einen Liebesbrief - doch sehr zum Leidwesen der Polizei hat er ein wasserdichtes Alibi. Doch diese Verbindung zur Toten läßt ihn ein Außenseiter bleiben. Ruth Conners ist eine bisexuelle und sensible Schülerin, die sich für Kunst und Feminismus interessiert - sie konnte die entfliehende Seele Susies spüren. Ruth und Ray verbindet ihre besondere Beziehung zu Susie. Dann ist da noch Detective Len Fenerman, der den Fall bearbeitet, und der Mörder George Harvey, der weiterhin die Schule beobachtet und zuweilen, wenn der Drang zu stark wird, seine Trophäen zählt. Seinen Lebensunterhalt verdient der unscheinbare Serienkiller damit, exklusive Puppenhäuser für Reiche anzufertigen. Die Leben dieser Personen verfolgt der Leser etwa zehn Jahre lang, so daß er vieles über sie erfährt - am meisten jedoch über Susie und ihre Beziehungen zu den Mitmenschen.
Wer sich mit der Biographie der Autorin befaßt, wird sie in vielen Figuren wiederfinden: In der vergewaltigten Susie, denn auch Alice Sebold wurde vergewaltigt; in der starken und harten Lindsey, denn sie gab sich alle Mühe eine gute und stabile Zeugin zu sein; in der sonderbaren Künstlerin Ruth, denn nach dem Prozeß gegen den Vergewaltiger machte Sebold, die sich von Jugend an für Literatur interessierte, in New York eine harte Zeit durch und in der Mutter Abigail, denn nach New York ging die Verfasserin nach Californien und nahm eine einfache Arbeit an, um wieder zu sich selbst zu finden. Hieraus resultiert vermutlich das besondere Einfühlungsvermögen, welches sie den Lesern in ihre Figuren ermöglicht, die Eigenart, die Figuren unfair oder sonderbar handeln zu lassen, aber sie dennoch überaus verständlich zu lassen.
Darüber hinaus sind auch die Darstellungen der anderen Personen wunderbar glaubwürdig gelungen - selbst Mr. Harvey ist eben kein Monster, sondern ein psychisch kranker Mann - und begeht daher abstoßende Morde.
Das Kernthema der Geschichte ist das durch Verlust eines geliebten Menschen entstehende Leid, in diesem Fall pointiert, da das Opfer ein junges Mädchen ist. Entsprechend ist die Handlung zwar nicht unwichtig, aber deutlich zweitrangig. Hier gibt es ein bißchen Liebesgeschichte, Ehedrama, Posthumous Fantasy und Police-Procedure Krimi neben sehr viel Alltag - wenn auch hier eher besonders erinnerungswürdige Momente gezeigt werden.
So entsteht auch in nur sehr wenigen Szenen Spannung aus bedrohlichen Situationen; die meiste Spannung schöpft sich aus den inneren Konflikten oder denen, die zwischen den verschiedenen Charakteren herrschen. Die Spannung wird beinahe das gesamte Buch hindurch auf einem hohen Niveau gehalten und nur wenige Szenen könnten etwas kürzer ausfallen.
Erzähltechnisch ist die Geschichte ebenfalls eher ungewöhnlich, denn sie wird von der toten Susie als einer allwissenden Ich-Erzählerin geschildert. Die Handlung entwickelt sich zunächst in den ersten Wochen dramatisch und wird sehr dicht beschrieben, später im Laufe der Jahre aber immer episodenhafter, wobei es auch schon am Anfang zu vielen Sprüngen in der Zeit kommt - so wie Susie sich an die Dinge erinnert. Gerade im ersten Kapitel, in welchem sie ihre Vergewaltigung und Ermordung schildert, ist dieses sehr verwirrend und ein wenig an die "Stream of Consciousness"-Technik erinnernd, doch je weiter die Geschichte voran schreitet, desto seltener und gemäßigter werden solche Sequenzen.
Die Stilhaltung ist neutral und überraschend unsentimental, ja sogar mit einem Hauch von trockenem Humor und Sarkasmus versehen, so daß die Geschichte nicht schwülstig tragisch oder tröstend wird. Die Sätze und Wortwahl passen gut zur Erzählung, da vielfach die Jugendsprache der 70er verwendet wird, auch den anderen Figuren wird jeweils ein angemessener Sprachduktus verliehen. Dieses macht die Geschichte aber auch für Leser, die nicht besonders sicher im Englischen sind, zu schwerer Kost.
Zwei abschleißende Bemerkungen: Zum einen läßt sich The Lovely Bones eigenartigerweise hervorragend mit den Termini des Rollenspiels Wraith: The Oblivion erfassen - sieht man von Susies Himmel ab, der aber viel besser zur Thematik paßt, als die Wraith-Nachwelt. Zum anderen scheint es, als wolle Peter Jackson, der Herr-der-Ringe-Regisseur, diese Geschichte verfilmen.
(rezensiert von: Theophagos)

mehr Rezensionen lesen:
1 vorhanden

Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
Hinweise zu Sprache/Aussprache
Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

Buch gemocht? Vielleicht gefällt dann auch...

He! Rebeck!

Fazit: Nach der Ermordung der vierzehnjährigen Susie Salmon müssen die ihr Nahestehenden lernen, mit dem Leid umzugehen; Posthumous Fantasy, die nicht schwülstig tragisch oder tröstend, sondern originell und ergreifend ist.



weitere Rezensionen:

The Lovely Bones:
Bewertet mit Sternen (Besucher-Rezension):
Als ich beim letzten Durchklicken meiner Lieblings-online-Bibliothek auf dieses Buch gestoßen bin, war ich zunächst etwas verwirrt. Was hat das denn mit Fantasy zu tun? Die Geschichte klingt nicht gerade fantastisch im eigentlichen Sinne, sondern erschreckend, traurig und nur allzu realitätsnah. Natürlich sind ein paar fantastische Elemente eingebaut, aber die Thematik ist ja offensichtlich ganz woanders als der Standard-Fantasy-Roman angesiedelt. Da mich die Art der Erzählung (die Erzählerin wurde ermordet!) jedoch sofort neugierig gemacht hat, musste ich meinen Geldbeutel am nächsten Tag gleich wieder erleichtern...
Kaum in der Hand haltend habe ich auch gleich damit begonnen es zu lesen - wäre da nicht so was Unwichtiges wie Klausuren dazwischengekommen, hätte ich es wohl in einem Rutsch durchgelesen. Die Autorin schafft bereits nach dem ersten Satz eine subtile Spannung, die mich nicht mehr losgelassen hat. Das erschütternde, tragische erste Kapitel, die Beschreibungen des Himmels, das zerstörte Familienleben, Susies Versuche, in die Welt der Lebenden einzugreifen - das alles wurde zu einem wirklich beeindruckenden, gleichzeitig tief traurigem aber dennoch schönem Werk zusammengesetzt. Ich war überrascht, wie oft ich trotz diesem ernsten Themas Schmunzeln musste, da Frau Sebold auch immer wieder kleine witzige Passagen einbaut, die passend die Stimmung ein wenig anheben.
Am Ende bleibt nicht etwa ein depressives "die-Welt-ist-so-schlecht" Gefühl zurück. Trotz des tief traurigen Themas schließt man es mit einem wohligen Gefühl im Bauch ab, das auch noch einige Zeit anhalten wird.
Das Buch ist etwas ganz besonderes, jeder, der es gelesen hat, wird zustimmen. Und deswegen ist es auch meiner Meinung nach wert, rezensiert zu werden, auch wenn keine Trolle vorkommen. ;)
(rezensiert von: Sam)

gesamt
Welt
Sprache
Aufmachung
Story

Fazit:
Erschütternd, traurig, aber gleichzeitig bewegend und einfach schön - ein Buch zum Immerwiederlesen

©mistkaeferl 2002-07. Es ist nicht gestattet, diese Seiten in fremden Framesets darzustellen oder Inhalte anderweitig zu veröffentlichen. Zum Impressum