WOLFSDÄMMERUNG
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Wertung: 5 von 5
1 Rezension
-Ach, verdammt, ich war eben mal wieder auf Nummer Sicher gegangen! Aber so war ich nun mal: ein sicherer Fahrer - mit einem sicheren Auto, einem sicheren Job, einem sicheren Leben ...-
Kapitel 1
Zyklus/Band Pfortenwelt (1)
Autor Michael Scott Rohan
Original Chase the Morning
Erscheinungsjahr 1990, dt. 1996
Verlag Goldmann
ISBN 3-442-24670-9
Subgenre Science Fantasy / Phantastik
Seitenzahl 446
Probekapitel -
Worum's geht:
Stephen Fisher ist ein brillanter Spediteur im Überseegewerbe, trägt Armani Nadelstreifenanzüge und gehört zur exklusiven Gruppe englischer Yuppies. Ein abendlicher Ausflug in die Docks bringt ihn in ein menschenleeres Gebiet und in eine brenzliche Situation: Bei einer Schlägerei wird er verletzt. Die Ersthilfe geschieht in einer Hafenkneipe, die merkwürdig echt aussieht, wie aus einem früheren Jahrhundert stammend. Und gegen den Horizont zeichnen sich Masten ab, die eigentlich nicht in diese Zeit gehören. Der nächste Arbeitstag am Computerterminal verwischt diese Eindrücke. Dann aber wird im Büro eingebrochen und die Einrichtung komplett verwüstet - ein Voodoo-Zeichen bleibt zurück und die Verbindungen zeigen ins Leere, wenn da nicht die seltsame Begegnung im Hafen gewesen wäre. Denn dort durchdringen sich Welten und Zeiten. Aber die Normalität siegt.
Ein zweiter Besuch im Hafen führt zu einer unheimlichen Begegnung und schweren Gefechten mit genetisch veränderten Wolfsmenschen. Es gibt Tote, aber keine Reaktion irgendwelcher Behörden. Als dann ein noch fremderes Wesen das Spielfeld betritt, flieht Steve zurück in den Kern, in seine Realität.
In den Computer-Frachtlisten tauchen bei der Suche seltsame Bestände auf, die nicht in die Zeit der Container passen: Aus dem 19. Jh., von Segelschiffen. Kurz danach wird das Büro überfallen, ein weiteres Mal verwüstet und die Sekretärin Clare entführt. Steve sieht Wolfsmenschen, alle anderen Punks. Die Realitätsebenen verschieben sich. Die Frage ist nur, wer die Wirklichkeit sieht - und das Schiff mit Clare verschwindet im nebligen Azurblau, im Archipel in den Wolken. Jetzt beginnt die Jagd und oft weiß niemand, wer Jäger, wer Gejagter ist, denn die Voodoo-Loas mischen sich äußerst aktiv in das Geschehen ein...

Warum's so gut ist:
Der Autor schreibt in der ersten Person, was die Geschichte sofort mit Spannung auflädt, der Leser wird in das Geschehen hineingezogen. Steve beschreibt sich als etwas arroganten Aufsteiger, der sich seiner fachlichen Qualitäten bewusst ist. Andererseits ist er seelisch distanziert, um nicht zu sagen: hohl.
Die Sprache ist locker und zeitgemäß, die geschilderte Technik im Speditionsgewerbe war 1990 Top und ist auch heute noch nicht altes Eisen. Dann kommen die psychischen Turbulenzen, in die der Ich-Erzähler förmlich hineingerissen wird, die glaubhaft erzählte Verschiebung der Realität, erste Kontakte zum Voodoo-Kult, der auf Haiti 75% der Bevölkerung erfasst. Von der Handlung mitgezogen taucht der Leser tief in die Rituale des Voodoo ein, die nicht ungefährlich sind. Einige Rituale Schwarzer Magie werden recht deutlich geschildert, Steve steht aber mit seinen Freunden stets auf der anderen Seite. So ist die Position des Guten und Bösen eindeutig besetzt, wobei sich der Erzähler aber öfters in Selbstzweifeln wiederfindet, eher seine Mängel als seine Qualitäten bemerkt, dann aber seine Rolle findet. Aus einem Manager wird ein blitzschnell agierender Fechter, der sich der neuen Situation anzupassen vermag.
Der Protagonist entwickelt sich im Verlaufe der Handlung und löst sich am Ende aus der eigenartigen Welt letztlich wieder. Zuvor aber dringen die Geister des Voodoo bis ins Herz der modernen Gesellschaft vor. So kämpfen nicht nur Weltsichten miteinander, sondern auch Gesellschaftsentwürfe und, pointiert, New Age gegen Yuppy-Lebensart. Die gekonnte Mischung macht den Reiz des Buches aus.
Ohne zu ermüden lässt sich dieses Buch mehrmals lesen, weil es tief innen steckende Sehnsüchte nach eigener Entwicklung gekonnt und phantasievoll anspricht.
Eine Warnung sei noch ausgesprochen: Im Schlussteil werden über 60 Seiten lang die Voodoo-Zeremonien ausgebreitet, der Protagonist soll von Geistern besetzt werden, was dann auch geschieht. Nur seinem Selbstopfer ist es zu verdanken, dass Ogoun Feraille, der Loa mit seiner Eisen-Magie sich in ihm inkorporiert und nicht bei der Gegenpartei. Das darauf anhebende Gemetzel ist grausam und gehört (mit schwarzem Humor betrachtet) zum Feinsten, was die Fantasy zu bieten hat. Es ist nichts für schwache Nerven und zarte Seelen!
(rezensiert von: wolfcrey)

Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
Hinweise zu Sprache/Aussprache
Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

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Heldenherz

Fazit: Ein Superbuch, spritzig, verwirrend, sinnschärfend, deftig!


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