Worum's geht:
Die Karibik im 17. Jahrhundert: Der 14jährige Tom Collins lebt mit
seiner Mutter und seiner Halbschwester auf einer kleinen Insel. Sie arbeiten
für den selbstgefälligen Wirt einer Schänke. Jede Nacht
träumt Tom, sie alle freikaufen zu können, doch dazu bräuchte
es schon einen Schatz, den der Junge bei seinen Spaziergängen am
Strand zu finden hofft, wenn Handelsschiffe vor der Küste zerschellt
sind. Eines Nachts fischt er den schiffbrüchigen Ramon und einen
Sklaven aus dem Meer. Der junge Sklave sei Gold wert, versichert Ramon,
denn er sei der Sohn des Königs von Kap Verde. Tom und Ramon beschließen
ihn in seine Heimat zu bringen und die königliche Belohnung zu teilen.
Doch bevor sie zu dritt in See stechen, stiehlt sich Ramon mit seinem
kleinen Gefangenen davon. Nachdem er der Chance auf Reichtum so nahe war,
lässt sich Tom jedoch nicht so einfach abschütteln und begibt
sich, in der Hoffnung Ramon und den Sklaven noch einholen zu können,
auf die erste große Reise seines Lebens, die ihn unter Anderem zu
wilden Piraten, wohlhabenden Kolonialherren, britischen und spanischen
Soldaten und Luzifers Stiefel führen wird.
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Warum's so gut
ist:
Wenn es ein Buch mit Stevensons Schatzinsel aufnehmen kann, dann
dieses. Hier werden die Mythen der Sieben Weltmeere, aber ebenso die Tiefe
der menschlichen Seele ausgelotet. Eine Wahrsagerin, die so alt ist, dass
sie von der Schöpfung zu berichten weiß und vom grünen
Pelikan, der die Nacht in die Welt brachte. Ein blutrünstiger Seeräuberkapitän,
der seinen Männern den Ringfinger abfordert, in dessen Mittelglied
deren Gier nach Gold wohnt. Ein gnadenloser Inquisitor, der mit Soldaten
und Henker die Inseln bereist. Ein Schwindler, der das Leben zu überlisten
vermag und doch auf dem Friedhof der verlorenen Seelen endet. Aus Dutzenden
solcher Zutaten ergibt sich eine Atmosphäre, die den Leser vollkommen
einnimmt. Bis ins Detail begegnet man in der Geschichte nichts und niemandem,
wodurch die Fantasie nicht beflügelt würde. Darin zeigt sich
das große Talent Reuters, den einfachsten Dingen in wenigen Sätzen
und mit wundervollen Metaphern Farbe und Leben zu geben. Sogar den allgegenwärtigen
Ratten wird eine Rolle jenseits des bloßen Ungeziefers zugestanden:
als "kleine zottige Zeugin" der Menschheitsgeschichte
gewinnt sie eine ganz eigene Faszination. Zu all den bemerkenswerten Figuren
und sonderbaren Stationen führt uns Tom Collins. Seine Reise verläuft
- vom wenig glanzvollen Beginn an bis zur großen Überaschung
am Schluss - keineswegs vorhersehbar, was der Nachvollziehbarkeit der
Geschichte allerdings nie schadet. Im Gegenteil stellen diese unerwarteten
Wendungen wohltuende Abwechslungen dar, die eine eingefahrene Erwartungshaltung
bei Karibik-Piraten-Glücksritter-Kolonialzeit-Abenteuer-Romanen gehörig
aufmischen. Auch Toms charakterliche Entwicklung orientiert sich nicht
an einem möglichst simplen Plot, sondern an der Tatsache, dass sich
14jährige menschlich und logisch nunmal daneben benehmen können
und längst keine fertig gebackenen Helden sind. Bis zum Schluss wandelt
sich Tom, der mit viel Seemannsgarn seinen Weg macht, nicht zum blütenreinen
Charakter. Verständlich, denn der Herrgott erprobt an ihm mehr als
eine Methode, wie sich ein Mensch von der Erde tilgen ließe.
Elemente aus Märchen, klassischem Abenteuer-, Schelmen- und Bildungsroman,
der historische Hintergrund, dazu Reuters eleganter Erzählstil schaffen
eine einzigartige Stimmung. Wie immer bei besonders guten Jugendbüchern
ist Prinz Faisals Ring auch Erwachsenen zu empfehlen. Nur könnte
es wenig geübten Jugendlichen, die nicht auch zwischendurch mal "Er-wachsenenbücher"
lesen, vielleicht schwer fallen sich in der Atmosphäre einzuleben,
worin dann auch das einzige Häkchen an diesem Buch bestehen mag.
Für denjenigen, der ein wenig Zeit und Mut erübrigen kann, eröffnet
sich allerdings eine reich gefüllte Schatztruhe.
Wer mit dem Fach-Seemännischen im Text so seine Schwierigkeiten hat,
findet im Anhang übrigens alle nötigen Erklärungen von
Außenklüver und Besan bis zu Steven und Talje.
(rezensiert von: Nungu)
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