SCHÖNE NEUE WELT

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Wertung: 5 von 5
1 Rezension
-Ein grauer gedrungener Bau, nur vierunddreißig Stockwerke hoch.-
Erstes Kapitel
Zyklus/Band -
Autor Aldous Huxley
Original Brave New World
Erscheinungsjahr 1932, dt. 1981
Verlag Fischer Taschenbücher
ISBN 3-596-20026-1
Subgenre Utopischer Roman / Social Fantasy
Seitenzahl 223
Probekapitel -
Worum's geht:
Lenina ist eine junge, sehr pneumatische Frau. Das ist gut, denn dick sein ist unanständig. Die junge Biotechnikerin ist bei den Männern sehr beliebt, der Erste Prädestinationsassistent wundert sich, warum er sie noch nicht hatte. Aber Lenina geht schon seit vier Monaten mit Henry Päppler aus und das ist unanständig. Sie sollte sich wenigstens einen anderen dazu nehmen. Benito Hoover hat sie zum Nordpol eingeladen, aber dort ist es schrecklich rückständig, nicht mal Fernseher in den Schlafzimmern - wie öde! Sigmund Marx dagegen könnte sie für eine kurze Reise ins Reservat bei Malpais mitnehmen - was für eine Sensation: Die Wilden sehen! Im Reservat bahnt sich eine Tragödie an, als der Wilde Michel, dessen Mutter aus der Zivilisation stammt, und Lenina sich ineinander verlieben.
Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Im Jahre 632 nach Ford hat sich in der zivilisierten Welt einiges geändert. Niemand muß unglücklich sein. Jeder hat eine Arbeit, die er liebt, jeder hat ausreichend finanzielle Mittel um sich seine Freizeit so zu gestalten, wie er es wünscht und niemand ist alleine. Dafür sorgt die Gesellschaft, denn unglückliche Bürger sind eine Gefahr für die Stabilität der Gesellschaft - darum hat niemand das Recht, unglücklich zu sein. Die Stabilität steht über allen. Sie wird vor allem gewährleistet durch Normierung: Die Kinder werden nicht mehr geboren (Ford, wie unanständig!), sondern künstlich erzeugt, so lassen sich die biologisch determinierten Eigenschaften besser festlegen; sie werden scharf indoktriniert - unter anderen in der Schlafschule: "Fortschritt ist herrlich." Fünfhundert Wiederholungen in der Woche von dreizehn bis siebzehn. So werden die Normen nahezu unumstößlich festgeschrieben - jeder liebt seine Arbeit, jeder liebt die neuen Angebote - "Flicken ist asozial!" und für jedermann ist Individualität unanständig. Hinzu kommt die scharfe Kontrolle, alles wird gemeinsam gemacht, alles wird geteilt - "Jeder ist seines Nächsten Eigentum."; wer davon abweicht, verhält sich gefährlich. Schließlich gibt es noch das Soma - Alkohol und Heroin zugleich, ohne deren schädliche Nebenwirkungen, es steht stets bereit, wenn man einen Urlaub von der Realität braucht - "Ein Gramm versuchen, ist besser als fluchen!" und die alltägliche, omnipräsente und unverbindliche Sexualität.
Das Dreiergespann Sigmund - Lenina - Michel bestimmt die Geschichte. Sigmund ist ein alpha-plus Psychologe, aber etwas ist schiefgelaufen: Er ist nicht größer als ein Gamma; selbst bei den Halbkretins von Epsilons muß er auf seine Autorität pochen - von den Mitalphas wird er verspottet und gemieden. So ist er ein Eigenbrödler geworden, der am Rande der Unanständigkeit lebt. Lenina ist eine auffallend schöne, junge Biotechnikerin - unerhört pneumatisch - die sehr angepaßt ist. Ihre Probleme unterdrückt sie weitestgehend mit Soma. Dass jemand von der Normierung abweicht, ist ihr unbegreiflich - sogar wenn sie es selbst ist. Michel schließlich ist das Kind zweier Zivilisierter, das im Wildenreservat aufgewachsen ist. Er ist ein Hybrid, ein wahrer Bastard, er paßt weder in die Zivilisation, noch in das Reservat. So hat er viele Normen von den Wilden übernommen: seine Religiosität, seinen Willen, Herausforderungen zu meistern, seine Begeisterung für die freie Natur. Anderes hat er von Shakespeare, dessen Werke ihm in die Hände gefallen sind, wie seine Leidenschaft und Begeisterung für die reine Liebe. Anderes wiederum hat er von seiner Mutter, die sich bemühte ihn zu normen.
Daneben treten noch weitere Figuren auf, wie Helmholtz, ein (für die Gesellschaft zu) begnadeter Autor und Freund von Sigmund; der BUND Tomakin, der Direktor von Sigmund und Lenina, ein Mann der sehr auf Konventionen besteht; Felina, die alte und häßlich gewordene Mutter von Michel, und der WAR Mustafa Mannesmann, der die Normierung mitbestimmt. Die Charaktere sind allesamt sehr gelungen, keiner ist unplausibel oder gar klischeehaft. Wann immer man meint, den Helden der Geschichte erblickt zu haben, verhält dieser sich wie ein ganz "normaler" Mensch (normal für die Umstände unter denen er aufgewachsen ist).
In dieser Utopie spielt Übernatürliches keine Rolle, die Wunder werden mit fortschrittlichen technischen und sozialen Wissenschaften begründet.
Die Handlung der Geschichte ist schwer in Schubladen zu stecken; im Endeffekt scheint es eine Tragödie zu sein; Sigmund kämpft um Anerkennung, die er in einer Gesellschaft, die Anormales verabscheut, wahrhaftig nie bekommen kann, während die Liebesgeschichte zwischen Michel und Lenina vage an Romeo und Julia erinnert, nur daß es die Sozialisierung und nicht die Personen der Umgebung sind, die das Ende bestimmen. Aber die Handlung ist eigentlich zweitrangig. In erster Linie geht es um die Darstellung des "menschlichen" Lebens in dieser schönen neuen Welt.
Das Werk ist sprachlich außergewöhnlich gut, dem Autoren gelingt es nicht nur einen angemessenen Stil zu finden, sondern diesen auch drastisch an die unterschiedlichen Umstände anzupassen, von den stakkatoartig auf den Leser einhämmernden Sätzen der Indoktrination, über die traurigen Dialoge zwischen Lenina und Sigmund, die nicht weiß, was er meint, während er genau weiß, warum sie nichts begreift, da er mit der Indoktrination der Kinder betraut ist, hin zu den (wenigen) nahezu poetischen Episoden, da Michel seiner Leidenschaft freien Lauf läßt. Doch nichts ist ohne Makel, wie der Autor im Vorwort einer späteren Ausgabe bemerkt, ist die Sprechweise des Shakespeare zitierenden Michel zu aufgesetzt.
Da es hier in erster Linie um die Darstellung der Gesellschaft und nicht um eine spannende Geschichte geht, lege ich bei der Endbewertung mehr Gewicht auf die Bewertung der Welt, in der sehr scharfsinnig viele Trends der 30er - die es z.T. noch heute gibt - aufgreift und weiterentwickelt.
(rezensisert von: Theophagos)
Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
Hinweise zu Sprache/Aussprache
Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

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Fazit :Eine Utopie, die über Gesellschaft nachdenken macht, besonders die Kapitel, in denen sich Michel mit dem WAR auseinandersetzt; wer sich für Social Fantasies interessiert, kommt an diesen Klassiker nicht vorbei.


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