DIE UNENDLICHE STRASSE

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Wertung: 5 von 5
1 Rezension
-"Wo warst du heute Nachmittag, Hagen?" Malte hatte wieder diese nervige Quetschstimme, als er mich das fragte. "Weg", sagte ich. "Wo denn weg?" "In der Hölle!"-
Founding, 1
Zyklus/Band  
Autor Martin Grzimek
Übersetzung -
Erscheinungsjahr 2005
Verlag dtv, Reihe Hanser
ISBN 3-423-62209-1
Subgenre Kinder- und Jugendbücher
Seitenzahl 111
Probekapitel -
Worum's geht:
Hagen ist dreizehn Jahre alt. Wenn ihn sein kleiner Bruder nervt, seine Mutter unangenehme Fragen stellt oder wenn er Schwierigkeiten in der Schule aus dem Weg gehen will, dann lügt er unverfroren. Oft durchschaut ihn die Mutter, geht aber schweigend darüber hinweg; fällt sein Vater auf die Lügen herein, schämt sich Hagen. Trotzdem lügt er munter weiter. Eines Samstagmorgens fragt ihn der Vater, wie es ihm geht. "Schlecht" lügt Hagen. Daraufhin wird er für drei Tage ins Bett gesteckt und liebevoll umsorgt. Als sein kleiner Bruder Malte wissen will, wieviel Fieber er hat, murmelt Hagen patzig, weil er sich von ihm durchschaut fühlt: "58 Grad". Malte erzählt dies der Mutter. Woraufhin sie sich mit Malte an Hagens Bett stellt, lacht und meint, wenn er tatsächlich so hohes Fieber hätte, müßte er schon längst tot sein. Hagen denkt sich, daß er gerne tot wäre, dann müßte er nicht die Englisch- und die Mathearbeit mitschreiben. Die Mutter versucht, ihren Simulanten mit Kitzeln wieder aus dem Bett zu locken. Da stellt sie erschrocken fest, daß Hagen tot ist. Der Arzt wird gerufen. Es gibt keinen Zweifel: Hagen ist tot. Aber wie kann das sein, bekommt er doch alles mit, was um ihn herum geschieht. Panisch erkennt Hagen, daß er wirklich tot ist, aber sein Bewußtsein funktioniert.
Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Kann es etwas Grauenvolleres geben, als seinen eigenen Tod bewußt wahrzunehmen? Wohl kaum. Hagen atmet nicht mehr, sein Herz schlägt nicht und er hat keine Schmerzen, aber er kann hören, er spürt, was mit ihm geschieht und wenn ihm niemand die Augen geschlossen hat, dann sieht er auch das, was genau im Blickfeld seiner starren Augen liegt. Außerdem scheint sein ungeliebtes Deutsch-Heft mittels roter Sätze mit ihm zu kommunizieren und was es sagt, klingt bedrohlich. Auf seinem Bauch breitet sich eine merkwürdige Wunde aus, in der sich später Würmer entwickeln. Es ist der reine Horror. Dieses Schreckensszenario wird hervorragend ergänzt durch die düsteren Schwarz-Weiß-Zeichnungen von Hannes Binder. Das Buch nimmt den Leser völlig gefangen, trotzdem fragt man sich früher oder später: Was geschieht hier eigentlich und was soll das Ganze? Gerade weil die Geschichte so gut ist, wünscht man sich inständig, sie möge bitte nicht diese mit Drohungen und Strafen operierende Pädagogik des 19. Jahrhunderts in modernem Gewand wiederholen: Wenn Du Deine Suppe nicht ißt, wirst Du verhungern, wenn Du am Daumen lutschst, wird er Dir mit der Schere abgeschnitten, Kindern die Grimassen schneiden, bleibt das Gesicht irgendwann dabei stehen und wenn man lügt, wacht man eines Tages als Toter wieder auf. So bitte nicht. Glücklicherweise ist das nicht die Intention dieses Buches. Statt dessen geht es hier um Identitätsfindung und Selbsterkenntnis. Hagen tritt als Toter eine groteske, surreale und kafkaeske Reise an, die ihm hilft zu erkennen, wer er ist, was er sich und anderen mit seinem Verhalten antut und was er tun muß, um auf das Lügen verzichten zu können.
Sartre hat einmal gesagt: Die Hölle, das sind die anderen. Hagen sagt: Die Hölle? Das bin ich. Damit hat er zu diesem Zeitpunkt auch recht. Aber das muß ja nicht so bleiben.
(rezensiert von: Top Dollar)
Wertung
gesamt
Welt
Aufmachung
Sprache
Story
Karte
Personenglossar
Sachglossar
Hinweise zu Sprache/Aussprache
Illustrationen
Zeichnungen/Sonstiges

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Imago

Fazit: Grzimek vermittelt seinen Lesern das absolute Grauen eines wahrgewordenen Albtraums.


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