DIE WEISSEN GESTALTEN

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1 Rezension
-"Hexerei und Heiligkeit," sagte Ambrose, "das sind die einzigen Wirklichkeiten. Beides ist Ekstase, ein Rückzug aus dem gewöhnlichen Leben.-
Prolog
Zyklus/Band Kurzgeschichte (in: Die weißen Gestalten)
Autor Arthur Machen
Original The White People
Erscheinungsjahr 1904, dt. 1993
Verlag - (s. Anthologie)
ISBN - (s. Anthologie)
Subgenre Phantastik
Seitenzahl 49
Probekapitel -
Worum's geht:
Der exzentrische englische Gentleman Ambrose versucht seinem Bekannten Cotgrave darzulegen, was echte Heiligkeit und wahre Sünde ist. Cotgrave ist zwar Ambroses ungewöhnlichen Haltung offen gegenüber, sonst aber eher konservativ: Der Gesellschaft förderliche Handlungen sind gut, schädliche sind böse. Ambrose dagegen meint, daß der Heilige eine Fähigkeit wieder erlangen will, die der Materialismus der Mittelmäßigen nicht existent hält, während der wahre Sünder eine Fähigkeit erlangen will, die ihm niemals zustand. Manchmal, wie bei Gilles de Rais, fallen gewöhnliche Bosheit und wahre Sünde aber auch zusammen. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, leiht Ambrose Cotgrave ein Tagebuch…
Bibibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Die Rahmenerzählung um die beiden Gentlemen findet im London zur Jahrhundertwende vom 19. zum 20. statt, doch spielt dieses Setting, außer wenn es sich als Milieu im Gespräch der beiden bemerkbar macht, keine weitere Rolle. Die eingebettete Erzählung des Tagebuchs ist vermutlich in Wales, vielleicht aber auch im südlichen England zu lokalisieren, diese kulturellen Unterschiede sind für die Geschichte allerdings uninteressant, denn es geht vielmehr um die dem Menschen fremde Landschaft - sie ist rauh, wild und z. T. surreal, damit schwankt dieses Setting zwischen Ambiente und atmosphärischer Untermalung.

Mit den magischen Elementen ist es schwierig, denn sie werden alle nur geschildert, entweder durch eine Figur oder im Tagebuch - der Leser hat also nicht an den magischen Momenten "direkt" teil. Die Autorin des Tagebuchs erlebt eine wunderbare Welt, die ihren Mitmenschen nicht zugänglich ist; sie wandert unter einem schweren und traurigen Himmel durch schwarze schreckliche Wälder, die mit düsteren krummen Zweigen an der Kleidung reißen, und schlimmen Felsen, die wie arglistig grinsende Männer oder wie auf dem Gras liegende Tote sind; sie sieht am schattigen See die weißen Gestalten, die sie Nymphen nennt, tanzen. Verknüpft und erklärt wird dieses mit lokalen Geschichten und Sagen - was aber nur bedingt gelingt (soll!), da die Autorin sich zuweilen in Andeutungen ergeht. Aus diesen Wundern, faszinierend, bedrohlich und schön, entsteht die Spannung der Erzählung - besonders, wenn sie mit den Ausführungen von Ambrose verknüpft werden.

Die Figuren der Rahmenerzählung werden nur knapp skizziert und entsprechen der klassischen Aufstellung: Ambrose, der "Erzähler", ist aufgeschlossen und exzentrisch, während der "Zuhörer" Cotgrave skeptisch und zentrisch ist. Die Tagebuchschreiberin ist ein sechzehnjähriges Mädchen aus gutem Hause, sehr neugierig und offen, wenn auch nicht immer furchtlos. Daneben gibt es noch ein paar weitere Figuren, die noch weniger charakterisiert werden.

Die eingebettete Erzählung hat im engen Sinne keinen Plot: Die Schreiberin berichtet von einigen Episoden mit dem Übernatürlichen, die z. T. nur sehr lose zusammenhängen. Sieht man von der Tagebuchform ab, so ist es eine relativ gewöhnliche, wenn auch sehr gelungene Wundergeschichte, allerdings läßt das Ende den Leser etwas unbefriedigt zurück.

Der Blickwinkel ist immer personal, wobei das Tagebuch eine Mischung von Ich-Erzählung und Bericht ist, während die Rahmenerzählung eine echte personale Erzählung ist.
Die Stilhaltung ist neutral; Wortwahl und Sätze sind elegant und flüssig zu lesen - etwas zu geschliffen für ein Tagebuch, aber schön zu lesen. Man könnte zum Stil "Stream-of-Consciousness-light" sagen, da die Sätze des Tagebuchs Assoziationsketten gleich einander folgen, aber mit Satzzeichen versehen sind.

H.P. Lovecraft hub dieses Werk lobend in seiner Monographie: Die Literatur der Angst hervor; es scheint, als habe es einen gewissen Einfluß auf diesen bei der Schöpfung der Figur Nyarlathotep gehabt.
(rezensiert von: Theophagos)
Wertung
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-
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Story
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Illustrationen
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Fazit: Ambrose will Cotgrave von der wahren Natur von Heiligkeit und Hexerei mittels eines wundersamen Tagebuchs überzeugen; eine schwierige Erzählung, die ihren Reiz aus der Verknüpfung von anregender Rahmenerzählung und eingebetteter Wundergeschichte erhält.


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