Worum's geht:
Matt Cruse, der sich inzwischen
seinen Traum erfüllt hat und an der Luftschiffakademie ausgebildet
wird - wo er aber bemerkt, daß nicht alle Träume sind, was
sie zu sein scheinen - macht ein Praktikum auf einem Handelschiff, wobei
er in einen verheerenden Sturm gerät. Die Mannschaft kommt knapp
mit dem Leben davon, doch haben sie während des Sturms die Hyperion
erspäht, ein Geisterschiff, das schon seit Jahren durch die Lüfte
treibt und auf dem sich unvorstellbare Schätze häufen sollen.
Cruse ist der einzige Überlebende, der die genaue Position des Schiffes
kennt, und bald muß er feststellen, daß dieses Wissen ihn
teuer zu stehen kommen könnte: Hinterhältige Piraten sind an
dieser Information ebenso interessiert wie Matts Freundin Kate, die auf
der Hyperion zoologische Sammlerstücke vermutet. Schließlich
ringt sich Matt - der selbst ein wenig mehr Geld gut gebrauchen könnte
- dazu durch, zusammen mit Kate, der undurchsichtigen Nadira und dem aufschneiderischen
Luftschiffkapitän Hal eine Expedition zur Hyperion zu wagen...
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Bibliotheka Phantastika verleiht Sterne:
Trotz der hervorragend geglückten Abenteuer im Vorgänger Wolkenpanther
- der zum besseren Kennenlernen der Charaktere hilfreich ist, aber für
Wolkenpiraten nicht zwingend bekannt sein muß - haben den
junge Matt Cruse die Härten des Lebens eingeholt: Er ist noch immer
arm wie eine Kirchenmaus, hat keine Musterschülernoten und plagt
sich mehr schlecht als recht durch die Luftschiffakademie - gerade die
rechte Zeit, daß ihn ein neues Abenteuer erwartet.
Wieder paßt die Geschichte, die Matt erlebt, gut in die Zeit, Oppels
alternativer Version vom Beginn des 20. Jahrhunderts: Diesmal sind es
nicht weiße Flecken auf der Karte, zu denen es die Helden zieht,
sondern ein lang verschollenes Geisterluftschiff, auf dem unvorstellbare
Schätze geborgen werden können und das ebenso viele Legenden
in dem von Luftschiffen dominierten Kosmos inspiriert hat wie der Fliegende
Holländer im unserem. Aber auch die Wissenschaft kommt nicht
zu kurz, denn in der Welt des Flug- und Luft-begeisterten Kenneth Oppel
gibt es in den Weiten des Himmels allerhand zu entdecken, und nicht alles
davon ist harmlos.
Nach einem turbulenten Beginn spielt die Geschichte eine Weile in Matts
neuer Heimat Paris - Zeit, in der man den Alltag von Oppels Alternativwelt
näher kennenlernt. Dort beweist der Autor, daß er das Ambiente
der Zeit mit wenigen Pinselstrichen einzufangen vermag, die gesellschaftliche
Situation, den Entdeckergeist - vom Armenviertel bis zum noblen Luxushotel
bekommt der Leser Einblicke serviert.
Aber schnell wird man mit Matt in ein durchweg temporeiches Abenteuer
gerissen, in dem alle Register gezogen werden: Das anstrengende Innenleben
der Hauptfiguren, die mit dem Erwachsenwerden zurecht kommen müssen,
ist dabei genau so von Interesse wie die Piraten, Stürme, kuriosen
Maschinen und Monstren, denen man begegnet.
Für ein Jugendbuch sind die Charaktere erfrischend lebensnah und
ehrlich: Auch die Sympathieträger sind bisweilen geldgierig, stur,
werden von Eifersucht zerfressen, sind untreu oder handeln töricht
und unbedacht. Trotzdem ist der Handlungsträger Matt Cruse, aus dessen
Sicht die Geschichte in Ich-Perspektive erzählt wird, ein liebenswerter
Held, denn er erkennt seine Schwächen zum Großteil selbst -
früher oder später.
Viele Charaktere, auch unbedeutendere, aus dem ersten Band haben einen
Auftritt in Wolkenpiraten, so ist zum Beispiel dank Küchenchef
Vlad aus Transylvanien auch wieder für Humor gesorgt, der sich aber
immer gut einfügt und niemals übertrieben wirkt.
Grund zur Beschwerde gibt es nach einem durch und durch kurzweiligen Lesevergnügen,
das man gerade wegen der gut ausgearbeiteten Charaktere auch erwachsenen
Lesern mit einem Faible fürs große Abenteuer ans Herz legen
kann, nur am Ende: Allzu großzügig hat Kenneth Oppel Friede,
Freude, Eierkuchen über den Protagonisten ausgestreut, und dieses
zuckersüße Finale kann dem realistischen Anspruch der restlichen
Geschichte nicht gerecht werden.
(rezensiert von: mistkaeferl)
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