Bibliotheka Phantastika verleiht Sterne:
Das Fort des Grafen Valenso liegt an der Küste des Piktenlandes und
die Höhle des Tranicos etwa eine Tagesreise landeinwärts im
Urwald; damit spielt sich die Geschichte im Nordwesten des hyborischen
Kontinents ab. Die Zingarer wirken aufgrund ihrer Kleidung, Namen (z.B.
Korzetta) und prunkvollem Gehabe ein wenig wie die Spanier der Renaissance
- nur die Pulverwaffen fehlen. Die Pikten dagegen sind deutlich - dunkle,
schwarzhaarige Wilde die in nach Tieren benannten Stämmen unter Häuptlingen
und Schamanen geteilt sind, zwischen Jagd- und Kriegsbemalung unterscheiden
und nur einen Lendenschurz und eine Feder im Haar tragen - an das Klischee
"Indianer" angelehnt.
Figuren gibt es einige, charakterisiert sind alle schwach. Zarono und
Strombanni sind beides Seeräuber, die sogar Schiffe vom gleichen
Typ benutzen; auch vom Charakter her unterscheiden sie sich kaum - sie
sind beide skrupellose, brutale und gierige Männer, allerdings ist
der schwarzhaarige Zarono eine Spur hinterlistiger als der blonde Strombanni.
Graf Valenso gibt sich zwar deutlich kultivierter, ist aber ebenso skrupellos
und brutal; doch ist er nicht hinterlistig - ein Korzetta lügt nie
- und er ist nicht gierig, sondern fürchtet sich vor einer unbekannten
Macht. Belesa ist die Nichte des Grafen, sie hebt sich deutlich von den
anderen ab, denn sie ist weder brutal noch verschlagen, sondern mitfühlend
und ehrlich. Da sie fast nur Betrachterin ist, kann sie sich nicht zu
einer spannenden Figur entwickeln. Conan schließlich ist ähnlich
wie die Seeräuber: hart, brutal und verschlagen. Doch seine Barbarenehre
hält ihn davon ab, Frauen etwas anzutun (sonderbarer Charakterzug,
bes. wenn man Ymirs Tochter
vorher gelesen hat) oder zuzulassen, daß "fremdrassige"
(wie die Pikten) Mitglieder seiner "Rasse" töten, selbst
wenn er beabsichtigt, diese selbst zu töten. Wie sehr unterscheidet
sich doch dieser groteske Charakter vom ursprünglichen Conan!
Magie ist bedeutend, wenn auch nicht dominant. Einerseits tritt sie in
Form eines Dämons auf, andererseits werden einige Zauber gewirkt,
von denen einer sogar massiv den Verlauf der Geschichte beeinflußt.
Das Wirken findet allerdings immer "off-scene" statt, so daß
der Leser nur vom Effekt der Zauberei liest.
Die Geschichte ist eine typische actionlastige Abenteuergeschichte mit
de Elementen der "Schurken-Allianz" und der piktischen Bedrohung;
hinzu kommt noch ein finsterer Hexenmeister aus Stygien (und de Camps
Feder). Die Geschichte wirkt, als sei Howard in sich gegangen und habe
alle Lieblingselemente, die er schon einmal verwendete, in einer Geschichte
zusammengefaßt. Auch wenn der "Schurken-Allianz" mehr
Zeit zum Wirken gegeben wird und sie eine doppelte Problematik birgt -
1. Wie kommt man an den Schatz ohne Dolch im Rücken?, 2. Wie segelt
man davon ohne seine Kräfte zu sehr zu überanstrengen, da das
Kräfteverhältnis ausgeglichen ist? - kann es aufgrund der schwachen
Charaktere nicht überzeugen. Auch für die Allianz der "Wilden"
braucht man eine Menge guten Willen, um diese noch für plausibel
halten zu können. Insgesamt ist die Geschichte zwar durchaus spannend,
aber wegen der uninteressanten Charaktere nimmt sie den Leser nicht mit.
Schlimmer wird es bei der sprachlichen Ausführung. Daß in einer
vor-christlichen Zeit von dem Teufel (und nicht einem Teufel)
gesprochen wird ist störend, aber der Sprach-GAU ist das unvermittelte
auftauchen eines Indianers. Urplötzlich ist da ein toter Indianer
(S. 167 bzw. S. 131). Im nächsten Augenblick hat er sich dann in
einen Pikten verwandelt. Kurzum: Sprachlich das mieseste, was ich bisher
von Howard/de Camp gelesen habe. Sieht man von einigen Ausfällen
ab, bietet das Autoren-Gespann nichts neues: Leicht verständliche
Sätze und ein ausdrucksstarkes Vokabular.
Zu den unterschiedlichen Ausgaben: Vom Text her sind sie gleich, es ist
jeweils die 1984er Übersetzung von Lore Strassl. Der große
Unterschied in der Seitenzahl ergibt sich aus der Menge der Bilder, die
in die Einzelausgabe integriert wurden. Die Bilder sind zum Text passend
und gelungen, wenn man sich mit comichaften Stilen anfreunden kann. Die
in der Anthologie enthaltene Ausgabe ist bildlos, wie der Rest der Anthologie.
(rezensiert von: Theophagos)
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