HROLF KRAKIS SAGA

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1 Rezension
-Es war ein Mann, Eyvind der Rote genannt, der im Danelaw von England lebte, als Æthelstan König war.-
1 Die Geschichte von der Erzählung
Zyklus/Band -
Autor Poul Anderson
Original Hrolf Kraki's Saga
Erscheinungsjahr 1973, dt. 1987
Verlag Bastei Lübbe
ISBN 3-404-24099-5
Subgenre Pseudo-Historisch
Seitenzahl 255
Probekapitel -
Worum's geht:
Erzählt wird die Saga vom größten König der Dänen, Hrolf Kraki, und den größten Helden an seinem Hof. Es wird von Streit und Zorn, in die sein Vater Helgi und sein Onkel Hroar verwickelt waren, berichtet und davon, wie Hrolf und seine Mannen das daraus erwachsende Unheil handhaben. Es ist eine Saga voll von Zauberei, denn Hexen und Trolle waren unter den Heiden nicht unbekannt, und voll von Kämpfen, denn Odin, der Herr des Sieges, kann den Frieden nicht akzeptieren - wem sollte er denn dann seine Gunst schenken?

Bibliotheka Phantastika verleihtSterne:
Die Saga findet in weiten Teilen Skandinaviens statt, vom heutigen Niedersachsen bis hin nach Norwegen und Finnland, vor allem aber in Dänemark und Schweden. Zeitlich ist sie in der ersten Hälfte des sechsten Jahrhunderts einzuordnen - zur "Mitternacht des dunklen Zeitalters", wie der Autor meint. Die modernen Namen sind Anachronismen, die Anderson meint wegen der besseren Verständlichkeit nutzen zu müssen - neben dem jütländischen Dänemark gibt es also noch viele kleine unabhängige politische Gebilde, die auf dem Boden des heutigen Dänemarks zu finden sind. Im Vorwort - zur Mitternacht - kündigt der Autor "Totschlag, Sklaverei, Raub, Vergewaltigung, Folter, blutige oder obszöne heidnische Rituale" als Teil des Alltags an; doch nur soweit sie für den Plot relevant sind, treten sie in das Blickfeld - es gibt keine expliziten oder gar ausführlichen Beschreibungen davon, was dazu führt, daß diese Taten mit einem Schulterzucken abzutun sind. Zudem wird deren Bedeutung in der Kultur nicht erläutert, wie die Kultur insgesamt eher nebensächlich ist; so muß der Leser sich die z.T. doch recht fremde Moral selbst erschließen - eine Vergewaltigung ist nicht per se unmoralisch, sie ist es nur, wenn der eigenen Seite Schaden daraus erwächst, z.B. Ehrverlust etc. - eine eher pragmatische Herangehensweise. Längere Beschreibungen, von denen es einige gibt, gelten eher Techniken oder wie ein Haus aussieht usw. Auch die Landschaften werden ausführlicher beschrieben. Seefahrt spielt interessanterweise fast keine Rolle. Das Setting ist also ein Ambiente, dem nur relativ wenig Raum gewährt wird. Die eigentliche Saga ist zwar in eine Rahmenerzählung eingebettet, doch diese zwei Seiten kann man getrost ignorieren.

Magische Elemente gibt es gleich einige. Die Zauberschwerter Skufnung und Lövi, beide außerordentlich scharf und schön, gelangen neben weiteren magischen Waffen in die Hände der Helden und mit ihnen müssen Trolle, wie ein drachenartiges Ungeheuer oder gewaltige Wildschweine besiegt werden. Es tritt Feenvolk auf, von denen eine die Mutter von Skuld, der Halbschwester von Hrolf wird - und selbst Götter greifen in die Geschicke der Sterblichen ein. Allerhand Zauberer und Hexen wirken ihre subtile Magie, die auf dem sympathetisch-analogen Prinzip basiert. Meist sind es Flüche, die gegen die Helden oder die Ihrigen gesprochen werden - so wird der Vater Bjarkis, Björn, in einen Bären verwandelt. Diese beiden Figuren dürften Tolkien zur Figur des Beorn aus Der kleine Hobbit inspiriert haben. Die magischen Elemente - sieht man von den Schwertern ab - sind üblicherweise gegen die Helden gerichtet, bestenfalls ambivalent, aber gefährlich sind sie alle. Die Elemente entstammen dem skandinavischen Sagenkreis.

Es gibt relativ viele Figuren, deren Psyche - um den Geist der Vorlage zu erhalten - vom Autor nur wenig beleuchtet wird. Die Figuren wirken archetypisch - was nicht weiter überrascht, waren die skandinavischen Sagen doch Vorbild für viele Fantasy-Romane. Darüber hinaus neigen sie zur Exzentrik, da sie aber nur selten näher beschrieben werden, wirkt dieses weder störend, noch interessant, wobei es potential für einige spannende Charakter-Konflikte in sich trägt.

Die eigentliche Geschichte besteht aus sieben Episoden um die dänische Fürstenfamilie der Skjöldungen. Es beginnt mit der Vorgeschichte der Vorgeschichte, in welcher der böse und grausame Großonkel Frodhi seinen guten Bruder ermordet, um selbst König der Dänen zu werden. Mit viel Aufwand läßt er seine Neffen Helgi und Hroar verfolgen. Diese Episode trägt nur sehr wenige zur Saga bei; sie hätte auch mit einem oder zwei Absätzen in der Vorgeschichte, der Geschichte um den ungestümen Helgi und den nachdenklichen Hroar, erzählt werden können. Während Hroar den Frieden durch Bündnisse und gerechte Richtsprüche voranzubringen sucht, vergewaltigt der von Abenteuerlust und Beutegier getriebene Helgi die Sachsenkönigin Olof, um seine Ehre wiederherzustellen - von da versucht Olof sich an Helgi zu rächen. Jahre später reist Helgi erneut in ihr Reich und verliebt sich unwissend in seine Tochter Yrsa - und heiratet sie. Ihr gemeinsamer Sohn ist Hrolf. Schließlich wird Hrolf, der vieles von seinem kriegerischen Vater aber noch mehr von seinem weisen Onkel hat, nach langen Jahren, die nicht alle leicht sind, selbst König der Dänen und muß mit Fehden umgehen, deren Ursache in der Vergangenheit liegt (meist war sein Vater Helgi darin verwickelt) - vieles läßt sich mit freigiebigen Geschenken glätten, manches durch gerechte Rechtsprechung und geschickte Heiratspolitik, aber anderes erfordert den kalten Stahl. Es werden die Episoden seiner wichtigsten Kämpen, dem Tapferen und standfesten Svipdag oder dem bärenstarken und kampfgewaltigen Bjarki erzählt, aber auch die seiner Halbschwester Skuld, die eine sehr ehrgeizige Halbelfe und mächtige Hexe ist.

Als Ganzes betrachtet wird die Saga in abenteuerlichen Episoden - denen man vom Handlungsverlauf her die Nähe zur Sword & Sorcery deutlich anmerkt - erzählt; Dynastic Fantasy mit starken Elementen aus dem Märchen-, bzw. Sagenschatz Skandinaviens. Die Spannung entsteht hauptsächlich aus den bedrohlichen Situationen, doch insgesamt bleiben die Figuren zu fremd um die Bedrohung auf den Leser zu übertragen. Stärker wirkt die Spannung, die aus den Wendungen der Handlung entsteht - dieser wird vom Autor aber zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Handlung der Episoden schreitet rasch voran, so daß trotz der Schwächen keine Langeweile aufkommt.

Erzählt werden die Episoden aus auktorialer Perspektive von einem allwissenden Erzähler, der sich jedoch nur selten offenbart. Wie erwähnt, ist die Erzählung der Saga eingebettet in eine knappe Rahmenerzählung, die im 10. Jahrhundert n. Chr. von einer in England lebenden Dänin dem König Æthelstan erzählt wird und komplett überflüssig ist. Die Saga folgt einigen Strängen, die im Laufe der Zeit alle wenigstens einmal die Geschicke der Skjöldungen kreuzt. Entwicklung und Desillusionierung halten sich die Waage.
Die Stilhaltung ist neutral mit einem Hang zum Empathischen und sowohl Satzkonstruktionen als auch Wortwahl versuchen den Stil skandinavischer Sagas mit modernen Sprachduktus zu verbinden; herauskommen kurze und nüchterne Sätze, die dieses Ziel recht gut umsetzen.

Diese Geschichte ist kein neuer Stoff, ja nicht einmal inspiriert von einem engen Quellenkorpus - es ist die Nacherzählung einer real bestehenden Saga - Hrolf Krakis Saga eben; den Text kann man auf der Seite der Northvegr Foundation einsehen (etwas herunterscrollen). Anderson wollte einen Mythos des Nordens, ähnlich dem Epos Beowulfs, der übrigens in der Saga unter den Namen Bjovulf auftritt - Hroars (Hrothgar im Beowulf-Epos) Halle wird von dem Troll Grendel, den Beowulf erschlägt, heimgesucht - schreiben.
(rezensiert von: Theophagos)

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Fazit: Es wird von den Geschehen um die Familie der Skjöldungen, die in den Abenteuern des großen Königs Hrolf Kraki kumulieren, berichtet; wer den spröden Stil der nordischen Sagen mag, sollte einen Blick auf dieses Potpourri aus pseudo-historischer Fantasy, Dynastic Fantasy und Sword & Sorcery werfen.


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