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HARRY POTTER UND DER ANGRIFF DER KLONE

Mach's noch einmal, Harry!
Sie heißen Charlie, Rachel, Laura, Sam, Artemis oder Natalie und haben nur ein Ziel: So zu sein wie Harry Potter. Ganz ehrlich - das ist ja auch verständlich und mittlerweile hegt vermutlich jedes dritte Kind im lesefähigen Alter ähnliche Wünsche.
Aber hierbei handelt es sich nicht um echte Kinder, sondern um künstlich geschaffene Klone, die wohl nach Wünschen von Marketing und Verlagen vor allem die unglaublichen Verkaufszahlen des Wunderknaben nachzaubern sollen und daher in jüngster Zeit der phantastischen Literatur junge Leser jede Menge neuer Helden beschert haben, die zaubern, hexen und die Welt retten, was das Zeug hält. Auch das ist nicht weiter verwunderlich - jeder Verlag hätte wohl gerne seinen eigenen Harry und tausende Kinderstimmen, die "ein Buch wie Harry Potter" verlangen, versprechen einen gesunden Absatzmarkt.
Eigentlich muß man dazu auch nur ein ganz einfaches Rezept nachkochen - man nehme einen 10jährigen Underdog aus einer möglichst zerütteten Familie (zur Abwechslung vielleicht eventuell auch mal ein Mädel), lasse ihn plötzlich ganz spezielle Fähigkeiten entwickeln (möglichst irgendwas mit Magie), so daß der gute Zauberer, der mit seiner Hilfe das Böse bekämpfen will, aber auch die Bösen selbst, die ihn für ihre finsteren Pläne nutzen wollen, auf den höchst talentierten Jungspund aufmerksam werden. Alsdann stelle man ihm noch etliche (nicht ganz so fähige) Freunde an die Seite - und schon kann's los gehen, diese Handlung reicht ja wohl für Band 1...?

Kaufanzreize für doofe Leser?
Daß das Klonen in diesem Fall eine -zum Teil- spezifisch deutsche Errungenschaft ist, zeigt ein einfacher Titelvergleich: Aus The Doomspell wird Rachel im Bann der Hexe, aus Midnight for Charlie Bone wird Charlie Bone und das Geheimnis der sprechenden Bilder und aus Spellfall Natalie und die Zauberlords. Man kann uns zumindest nicht nachsagen, wir wären unkreativ! Wobei... besonders viel Abweichung vom Muster "Vorname (+Nachname) + und der/die/das Mysterium der Käselöcher" gibt es dann auch wieder nicht.
Ein Zufall ist es kaum, daß die jungen Helden mit dem uniformierten Titel in den letzten zwei Jahren wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Manche Autoren sagen sogar selbst, daß Harry Potter(s Erfolg?) sie dazu animiert hat, auch etwas in dieser Richtung zu schreiben. Bücherkaufende Eltern wissen dann auch gleich, was sie zur Kasse tragen müssen, und wo der Titel nicht an die Kauf-stimulierende Form anzupassen ist, versucht man es eben über die Optik des Titelbildes - so geschehen bei der Neuauflage der Chrestomanci-Serie, die bei Carlsen nun mit Potter-ähnlichen Titelbildern von derselben Illustratorin erscheint. Leuten, die Bücher für Kinder kaufen, ob nun zum selber Lesen oder zum Verschenken, wird scheinbar nicht viel Eigeninitiative zugetraut.

Gute Bücher in mieser Verpackung

Am meisten zählt jedoch der Inhalt der Bücher, und der ist zum Glück noch nicht in diesem hohen Maße standardisiert. Es mag zwar Autoren in diesem Bereich geben, deren Werke sich tatsächlich wie Harry-Potter-Fan-Fiction lesen, aber erfreulich viele der Bücher, die wie fürs Potter-Publikum gemacht aussehen, sind gut. Wenn man bedenkt, daß die Titel also nicht autor- sondern marketing-gemacht sind, verwundert es eigentlich nicht, daß etliche der Klone keine blassen Kopien des Originals, sondern eigenständige Werke sind, die gar nicht den Versuch machen, irgend etwas nachzuahmen sondern ihre eigenen Qualitäten mitbringen - die ihnen von den titelfindenden Instanzen scheinbar nicht zugestanden werden. Schade eigentlich.

Referenzen:

Jenny Nimmo:
Charlie Bone und das Geheimnis der sprechenden Bilder

Cliff McNish:
Rachel im Bann der Hexe

Peter Freund:
Laura und das Geheimnis von Aventerra

Gunhild Eggenwirth:
Sam Hamilton und der Silberstaub des Glücks

Eoin Colfer:
Artemis Fowl

Katherine Roberts:
Natalie und die Zauberlords

Diana Wynne Jones:
Die Welt des Chrestomanci

und das Original:
Harry Potter


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