DIE FALTER
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Wertung: ø 4,5 von 5
3 Rezensionen
-Nach Steppe und Buschland und einsamen Gehöften nun diese ersten verstreuten Hütten, die auf der Erde kauern. Es ist Nacht, lange schon. Die schäbigen Behausungen, die sich am Flussufer drängen, sind im Dunkeln gleich Pilzen rings um mich emporgesprossen.-
Prolog
Zyklus/Band Perdido Street Station (1)
Autor China Miéville
Original Perdido Street Station
Erscheinungsjahr 2002
Verlag Bastei Lübbe
ISBN 3-404-23245-3
Subgenre Urban Fantasy
Seitenzahl 557
Probekapitel -
Worum's geht:
In New Crobuzon, der riesigen Metropole, taucht ein Fremder auf, der auf der Suche nach einem Wissenschaftler ist, der das Unmögliche mögliche machen kann. Er gerät an Isaac dan der Grimnebulin, einen Freigeist, der wegen seiner Methoden und Anschauungen von der Universität geflogen ist.
Dieser läßt sich, um seinem Auftraggeber zu helfen, aus allen möglichen zwielichtigen Quellen geflügelte Lebewesen beschaffen, um den Flug zu erforschen, und dabei macht er einen entscheidenden Fehler, der dazu führt, daß ein unausprechliches Monster auf die Bewohner der Stadt losgelassen wird, das alle Rassenkonflikte und die brutal durchgesetzten Gesetze der Regierung nebensächlich erscheinen läßt...

Warum's so gut ist:
Dampfgetriebene Hochleistungstechnik, abscheuliche chirurgische Verschmelzungen von künstlichen und verschiedenen organischen Teilen an lebenden Wesen, ein heruntergekommener Moloch der verschiedensten Lebensformen mit einer Regierung, die mit aller Gewalt den Status quo erhalten will - das ist die Welt von Perdido Street Station: Wer ausschließlich auf klassische Fantasy á la Tolkien und Co. fixiert ist, wird damit nicht viel anzufangen wissen. Doch der Blick über den Tellerrand lohnt sich allemal: Man begleitet eine ganze Riege von Anti-Helden durch eine Atmosphäre, die sich am ehesten mit Cyberpunk vergleichen läßt in einer sehr eigenen Welt, die mit keiner herkömmlichen Fantasy vergleichbar, doch unglaublich kreativ und schlüssig ist - der Ideen- und Detailreichtum ist nahezu unereicht. Auch die Handlung ist nicht von der Stange und verläuft jenseits eines gut-böse-Schemas. Mit der Zeit erwachsen aus der anfangs unscheinbaren Geschichte riesige Zusammenhänge, und auch Horrorelemente sind mit eingebaut, die z.T. eine bizarre Faszination ausüben (v.a. der Weber).
Das literarisch hochwertige Buch ist zwar sehr spannend, aber extrem sprachgewaltig und nicht für Leute geeignet, die sich mit einem so wortreichen und ausufernden Sprachstil schwer tun.
(rezensiert von: mistkaeferl)

Zur Übersetzung: Die prägnante Sprache ist kaum ins Deutsche zu übertragen, und die erforderlichen längeren Konstruktionen haben auch die Seitenzahl erheblich vergrößert - was eine Aufteilung in zwei Bücher ausnahmsweise sogar rechtfertigt (allerdings wäre ein stimmigeres Cover schön gewesen). Leider bleibt von der Sprachgewalt des Originals einiges auf der Strecke.

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Fazit: Ein Panorama zwischen Alltagswelt einer riesigen Fantasy-Stadt und dem Vorabend der Apokalypse.



weitere Rezensionen:

Die Falter:
Warum's so gut ist:
Die Falter ist einer der sprachgewaltigsten Romane, die im Bereich der Phantastik je erschienen sind. Allerdings kann man es mit dem Wortreichtum auch übertreiben und stellenweise setzen sowohl der Autor als auch die Übersetzerin ihre Formulierkunst allzu aufdringlich ein. Schon im neunzehnten Jahrhundert klang es gestelzt und gekünstelt, wenn ein vornehm tuender Bürger behauptete, er ambuliere mit seiner Familie bevorzugt im Schloßpark. Noch affektierter klingt der Begriff, wenn es sich nicht um Menschen, sondern wie hier um Raupen handelt, die anstatt einfach herumzuspazieren in ihrem Käfig ambulieren. Der Durchschnittsleser wird im Verlauf der Handlung mit vielen gerechtfertigten Fachausdrücken und Fremdwörtern konfrontiert, deren Bedeutung er vielleicht nicht auf Anhieb versteht, wie Mandibeln, Muzin etc., dann muß man als Autor nicht auch noch an Stellen mit Fremdwörtern und Fachbegriffen um sich werfen, an denen der Handlungsverlauf dies nicht erfordert. Es hätte der Atmosphäre des Romans keinen Abbruch getan, wenn die vor Anker liegenden Schiffe im Hafen auf den Wellen geschaukelt hätten, hin und her getrieben worden wären oder man sonst ein allgemeinverständliches Bild gewählt hätte, anstatt dem Leser in korrekter Seemannssprache mitzuteilen, daß die Schiffe schwoiten und auch wenn man eine humanistische Bildung genossen hat, muß man nicht damit angeben und einen Abwehrzauber Apotropäum nennen.
Dieser übertriebene Gebrauch von ungebräuchlichen Wörtern ist kontraproduktiv, weil er die einzigartige Atmosphäre stört, die Miéville mit seiner ansonsten wunderbaren, poetischen, manchmal lyrischen, immer eindrucksvollen, bildhaften Sprache entstehen läßt und die die Übersetzerin durchaus kongenial nachvollzieht. Miéville gelingt das Unmögliche, er beschreibt mit Worten eine phantastische Welt, die man eigentlich nur durch das Medium Bild/Film adäquat anschaulich darstellen kann. Wenn zu Beginn der Geschichte der Initiator des Unglücks sich per Boot nach New Crobuzon bringen läßt, dann hat man als Leser das Gefühl, der Fluß sei der Styx und Charon, der Fährmann, bringe eine verdammte Seele in das Reich des Todes und man erwartet, irgendwo die Schrift zu sehen Ihr, die ihr hier eingeht, laßt alle Hoffnung fahren.
Leser, die eine Abneigung gegen Insekten haben oder gar an einer Spinnenphobie leiden, werden sich wahrscheinlich wünschen, Miéville möge etwas weniger Talent besitzen und die phantastischen Gestalten nicht gar so real schildern. So genau wollte man es dann vielleicht doch nicht wissen, wie der Weber und Vielgestalt aussehen oder die Remade, die im übelsten Bordell der Stadt arbeiten.
Geeignet ist der Roman für alle Leseratten, die gerne gute, anspruchsvolle Bücher lesen. China Miéville erschafft eine Welt, die man so noch nicht x-mal bei anderen Autoren vorgefunden hat und auch für erfahrene Bücherwürmer ist die Handlung nicht vorhersehbar. Leser, die bei der Lektüre ein bestimmtes Genre bevorzugen, können sich aber mit Die Falter schwertun. Bei Fantasypuristen bricht wahrscheinlich die Langeweile aus, wenn Isaac zu theoretisieren beginnt und er Yagharek lang und breit ausführt, welche Gedanken er sich über das Fliegen gemacht hat oder wie seine Krisistheorie aussieht. Liebhaber von Science Fiction hingegen könnten sich darüber beklagen, daß Wissenschaft und Technik zu kurz kommen.
(rezensiert von: Top Dollar)

Fazit: WARNUNG: Die Falter könnten bald Ihre schlimmsten Albträume bevölkern.


Die Falter:
Warum's so gut ist:
Miévilles "Perdido Street Station", hier der erste Teilband der im Deutschen zweigeteilten Veröffentlichung, überzeugt zum einen durch eine außergewöhnliche Sprachgewalt, zum andern durch einen atmosphärisch sehr gelungenen Genre-Mix, der so ziemlich sämtliche Teilbereiche der Phantastik in einen Topf wirft. Alles in allem sehr beeindruckend und kunstvoll ausgeführt, wimmelt es nur so vor SF- und Fantasy-Elementen sowie Versatzstücken aus Gothic-Novel und Schauerromen. Nun kann so ein gnadenloser Genre-Mix auch gewaltig in die Hose gehen. Nicht so jedoch in diesem Fall: Miévilles ambitionierter Versuch gelingt, und wir finden einen jener seltenen Fälle, in denen unzählige genre-klassische Motiv sich beinahe nahtlos zusammenschließen und etwas Neues zur Entstehung bringen. Dabei, und das ist das wirklich erfreuliche an der Sache, verleugnet Mieville keinesfalls die Tradition, sondern bietet dem Phantastik-Kenner eine Vielzahl gelungener Zitate und Anspielungen auf die klassischen Werke und Autoren des Genres. Miéville selbst beruft sich vor allem auf Mervyn Peaks "Gormenghast" und trifft damit, was dem Umgang mit Sprache und auch das allgegenwärtige Bizzare in "Perdido Street Station" betrifft, absolut ins Schwarze. Aber auch z.B. die Liebebeziehung der Hauptfigur mit einem insektenähnlichen, weiblichen Wesen erscheint mir persönlich als eine sehr elgeante Anspielung auf P. J. Farmers "Liebende". Das Ganze macht also durchaus Spaß und gleicht über weite Strecken einer echten Entdeckungsreise. Hinzu kommt die fulminante Schilderung von "New Crobuzon", einem Moloch von Stadt, wie er so wohl noch nie dargestellt wurde (die Schilderungen der Stadt gehören, meiner Meinung nach, zu den besten Szenen des Romans). So weit, so gut.
Aber es gibt auch ein paar kritische Dinge zu vermerken:
Offensichtlich mit der Methode der Dekomposition erarbeitet, offenbart der Roman leicht Schwächen was den dramaturgischen Aufbau angeht. Man kommt auch nicht umhin, irgendwann einmal unter der Wucht der Sprache, mit der jede einzelne Szene vorgetragen wird, aufzustöhnen, denn bald drohen dann auch die ausgefallensten Formulierungen in eine gewisse Langeweile auszuarten. Miévilles bizzare Fantasie und sein sehr anschaulicher Schreibstil aber machen diese Schwächen allemal wett.
(rezensiert von: V.Groß)

gesamt
Welt
Sprache
Aufmachung
Story

Fazit:
Auf jeden Fall sprachlich interessant und vielleicht ein Entwick-lungsschritt für das Genre - sollte man gelesen haben. Man erwarte jedoch keinen klassischen Fantasy-Roman.

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